Energieintensive Industrien

„Die Medikation reicht nicht“

Die Bundesregierung hat einen Plan vorgelegt, wie der Strompreis für die Wirtschaft sinken soll. Die IGBCE sieht Licht und Schatten in dem Strompreispaket. Für besonders energieintensive Unternehmen reiche das nicht, „um von der Intensivstation zu kommen“.

Michael Vassiliadis

Michael Vassiliadis fordert einen zeitlich begrenzten Brückenstrompreis bei einer Kundgebung mit 8000 Teilnehmern in Ludwigshafen

Foto: © Marcus Schwetasch

Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis hob positiv hervor, dass die Bundesregierung mit dem Strompreispaket erstmals geschlossen anerkenne, „dass es bei diesem für die heimische Industrie so zentralen Kostenfaktor Handlungsbedarf gibt“ und nun Entlastungen in die Breite der gewerblichen Stromkunden auf den Weg bringe. „Das Maßnahmenbündel beantwortet allerdings die Zukunftsfragen der besonders energieintensiven Industrien noch nicht umfassen“, mahnte Vassiliadis.

Die Bundesregierung plant im Rahmen ihres Konzepts offenbar eine Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe und eine Ausweitung der bisherigen Strompreiskompensation für Konzerne, die besonders unter hohen Strompreisen leiden. Die Stromsteuer soll demnach auf den europäischen Mindestsatz von 0,05 Cent pro Kilowattstunde fallen. Derzeit liegt sie bei rund zwei Cent pro Kilowattstunde. Unternehmen des produzierenden Gewerbes konnten allerdings schon bisher einen reduzierten Satz von 1,537 Cent pro Kilowattstunde geltend machen. Davon profitieren nicht nur große Industriekonzerne, sondern auch der Mittelstand.

350 Konzerne, die besonders im internationalen Wettbewerb stehen und unter den hohen Strompreisen leiden, sollen zusätzliche Hilfen erhalten. Die bestehende Strompreiskompensation soll für fünf Jahre verlängert und ausgeweitet werden. Zudem wurde bereits kürzlich ein staatlicher Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten beschlossen, um damit den Strompreis zu dämpfen.

Dazu erklärte Michael Vassiliadis: „Viele Elemente der Einigung wie die Stabilisierung der Übertragungsnetzentgelte, Strompreiskompensation oder der Super-Cap bringen zwar die Sicherheit, dass bestehende Entlastungsregelungen nicht wie geplant auslaufen und den Strompreis noch zusätzlich erhöhen.“ Eine nachhaltige Senkung der Strompreise für die im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen werde durch die vorgestellten Maßnahmen jedoch nicht erreicht, kritisierte er. Die IGBCE nehme zur Kenntnis, dass der Wirtschaftsminister „auf der Basis des nun vorgelegten Pakets ab 2025 einen Strompreis von unter sechs Cent pro Kilowattstunde für die energieintensiven Industrien in Aussicht stellt“. Es seien aus Sicht der Gewerkschaft allerdings „weitere spezifische und gegebenenfalls auf betroffene Unternehmen ausgerichtete Maßnahmen nötig, um dies zu erreichen“, ergänzte er. Zudem würde eine Kopplung der Maßnahmen an konkrete Transformationsprojekte und Standort- und Beschäftigungssicherung den Mitteleinsatz noch zielgenauer ermöglichen.

„Die gemeinsame Initiative von Bundeskanzler, Wirtschafts- und Finanzminister ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zu wettbewerbsfähigen Strompreisen“, bilanzierte Vassiliadis. „Für bedürftige, besonders energieintensive Unternehmen reicht die jetzige Medikation allerdings nicht, um von der Intensivstation zu kommen."

In den vergangenen Wochen hatten sich rund 30.000 Beschäftigte der IGBCE bei rund 200 Aktionen und Veranstaltungen im ganzen Land für einen befristeten Brückenstrompreis für energieintensive Unternehmen stark gemacht. So kamen zuletzt allein zu einer großen Demonstration in Ludwigshafen rund 8000 Beschäftigte, bei Kundgebungen in den Chemparks Uerdingen und Dormagen versammelten sich ebenfalls mehrere tausend Beschäftigte. 

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