Evonik möchte Milliarden-Summen in den Umbau Richtung Spezialchemie und Nachhaltigkeit investieren. Dazu sollen Teile des Bestandsgeschäftes abgegeben werden. Betroffen sind deutschlandweit mehr als 2.000 Jobs. Betriebsbedingte Kündigungen wird es allerdings nicht geben. Dank Gesamtbetriebsrat und IGBCE wurde in intensiven Verhandlungen mit der Unternehmensspitze der „Deutschlandpakt“ geschmiedet und der betriebsbedingte Kündigungsschutz bis Ende 2032 ausgeweitet.
Bis 2030 will der Konzern acht Milliarden Euro investieren, rund die Hälfte davon in Deutschland. Das Geld soll in Instandhaltung und Ausrichtung der Standorte auf eine CO2-reduzierte Produktion fließen. Evonik müsse wie im Deutschlandpakt vereinbart investieren und die deutschen Standorte zukunftsfähig machen, fordert Karin Erhard, Stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates von Evonik und Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IGBCE. „Wir werden als Arbeitnehmervertreter*innen im Aufsichtsrat und Sozialpartner darauf achten, dass dieser Pakt umgesetzt wird.“ Dabei gehe es nicht nur um Instandsetzungen, sondern um Investitionen in neue Produkte und neue Anlagen. Der zukünftig entfallende Wertbeitrag von Performance Materials müsse kompensiert werden, um ausreichende finanzielle Mittel für den Transformationsprozess zu haben. „In der nächsten Phase geht es jetzt darum passgenaue Lösungen für die einzelnen Standorte zu finden“, so Erhard.
„Wir werden als Arbeitnehmervertreter*innen im Aufsichtsrat und Sozialpartner darauf achten, dass dieser Pakt umgesetzt wird.“
Das Projekt „Abraham“ betrifft das C4-Geschäft mit rund 850 Beschäftigten. 470 davon am Standort in Marl und 80 in Antwerpen (Belgien). Hinzu kommen von beiden Standorten etwa 300 Beschäftigte aus den Abteilungen Technologie und Infrastruktur, die dem C4-Verbund zugerechnet werden. Die Detailverhandlungen zu dem Projekt stehen noch aus. Der erste Plan sieht jedoch vor, dass Evonik diesen Geschäftsbereich als eigenständige Einheit aufbaut und dann zunächst nach einem Partner sucht. Falls das für das für C4-Sparte, in der unter anderem Zusätze für Kraftstoffe, PVC und Kautschuk produziert werden, nicht funktioniert, könnte er aber auch in den Verkauf gehen. Der Prozess soll bis spätestens Mitte 2023 abgeschlossen sein. Bei dem Projekt „Overbeck“ geht es um das TAA-Geschäft. TAA-Derivate sind Vorprodukte für die Herstellung von Lichtstabilisatoren. Sie können die Lebensdauer von Kunststoffen um das Zehnfache erhöhen und kommen in vielen Produkten der Automobil- und Baubranche zum Einsatz. Auch diesen Bereich will Evonik bis Ende 2022 als eigenständige Einheit aufbauen, um sie anschließend zu veräußern. Die Detailverhandlungen dazu sind bereits abgeschlossen. An den Standorten in Marl sind 100 Beschäftigte betroffen, in Tianda (China) sind es 130. Hinzu kommen noch etwa 20 Kolleg*innen aus den Bereichen Customer Relations und Marketing. „Nach den Projekten Overbeck und Abraham muss endlich Ruhe in den Konzern einkehren“, sagt Erhard zu den Plänen des Essener Konzerns.
Auch das Acrylsäure-Geschäft mit seinen rund 900 Beschäftigten soll im kommenden Jahr verkauft werden. Acrylsäure ist ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung von Superabsorbern, die unter anderem in Babywindeln und Inkontinenzprodukten verwendet werden. Für den Standort Lülsdorf bei Köln mit seiner rund 600-köpfigen Belegschaft sucht Evonik ebenfalls einen Käufer.
Mit Blick auf die anstehenden Verkaufsprozesse betont Karin Erhard, dass die Beschäftigten, deren Arbeitsplätze zu einem neuen Eigentümer wechseln, wie in der Vergangenheit Sicherheit und Schutz ihrer Arbeitsbedingungen erfahren müssten. „Diese Kolleginnen und Kollegen bleiben Mitglieder der IGBCE-Familie und Evonik hat die Verantwortung, auch die neuen Eigentümer zu guter Arbeit, Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung zu verpflichten.“