Konzernweit

"Der Europabetriebsrat bei Evonik wird ernst genommen"

Matthias Krebs, Betriebsratschef des Evonik-Standorts Hanau, erzählt im Interview, welche Rolle der Europabetriebsrat im Unternehmen spielt und warum es wichtig ist, Themen wie Transformation oder Fachkräftemangel nicht nur am Standort oder deutschlandweit, sondern auch auf europäischer Ebene zu diskutieren und zu gestalten.  

Matthias Krebs

Du warst kürzlich in Brüssel und hast ein Seminar zu europäischer Betriebsratsarbeit (EBR) besucht. Wie wars?

Es war ein sehr intensives und spannendes Meeting. Neben den vielen Fragen zur Transformation haben wir auch über die Novellierung des europäischen Betriebsrätegesetzes gesprochen. Hier braucht es dringend mehr Handlungsspielräume für Betriebsräte.

Wie kann man Transformation auf europäischer Ebene gestalten?

Das geht nur, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Da muss auch der Arbeitgeber verstehen, dass er das nicht alleine schaffen wird. Die Transformation mit all ihren Themenfeldern geht nur gemeinsam. Mitbestimmung, Arbeitgeber und am wichtigsten die Belegschaft müssen den Weg gemeinsam gehen.

Welche Rolle spielt dabei die Novellierung des europäischen Betriebsrätegesetzes?

Die zentrale Frage wird sein, wie viel Mitbestimmung wir tatsächlich beim Thema bekommen. Nicht nur das europäische Betriebsrätegesetz, auch das Betriebsverfassungsgesetzt braucht eine dringende Überarbeitung, damit uns die Transformation gemeinsam gelingt. Ich denke, die Arbeitgeber werden nicht einfach so auf Betriebsräte zukommen und sie um ein „wir“ bitten. Ich möchte an dieser Stelle aber betonen, dass ich das bei Evonik jedoch anders erlebe. Hier bekommen wir schon viele Einblicke in die Transformation unserer Firma. Eine echte Mitbestimmung beim Thema Nachhaltigkeit haben wir aber auch hier nicht.

Lieferketten, Nachhaltigkeit, Energiewende; die Liste der Themen ist lang. Wie begegnet ihr diesen Themen auf europäischer Ebene?

Wir treffen uns im Europabetriebsrat der Evonik regelmäßig, um uns auszutauschen. Während der Pandemie war das nur online möglich, jetzt hatten wir vor Kurzen aber wieder ein Treffen in Präsenz. Dort berichten die Vertretungen aus allen Ländern über ihre Situation. In Gesprächen mit der Arbeitgeberseite werden dann Probleme angesprochen und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Das gelingt uns eigentlich schon ganz gut. So konnten wir in der letzten Sitzung intensiv über den Fachkräftemangel in allen Ländern sprechen. Hier werden jetzt Vorschläge erarbeitet, was man gemeinsam unternehmen kann, diesem entgegenzuwirken. Uns schwebt da ein internationaler Austausch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. Wir müssen darauf achten, dass wir unsere eigenen Fachkräfte nicht verlieren. Wenn der Eine oder Andere Mal an einem anderen Standort arbeiten möchte und alle sind sich einig, dann kann das ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Hier zählt das „wir“.

Wie kann europäische Betriebsratsarbeit genutzt werden, um länderübergreifende Unternehmensumstrukturierungen aktiv zu begleiten?

Evonik unterrichtet uns sehr früh bei Umstrukturierungen. Das gibt uns die nötige Zeit, mit unseren Kolleginnen und Kollegen zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Wenn wir dann gut abgestimmt in den Ländern verhandeln, erreichen wir auch das beste Ergebnis. Der Europabetriebsrat bei Evonik wird ernst genommen und man hört uns zu. Wir wissen nicht, wie das in der Zukunft aussehen wird, deshalb würden wir eine Stärkung der Rechte europäischer Betriebsräte begrüßen.

Welche Rolle spielt die EBR bei Evonik insgesamt und bei euch am Standort in Hanau? 

So wie wir gerade bei Evonik im Europabetriebsrat aufgestellt sind und uns austauschen, ist es ein echter Mehrwert für unseren Konzern und insbesondere für alle Kolleginnen und Kollegen. Alle Herausforderungen und Krisen, die gerade jetzt zu meistern sind, können wir nur gemeinsam bewältigen. Für uns in Hanau spielt der Europabetriebsrat eine wichtige Rolle. Wir haben an unserem Standort alle Divisionen vertreten und unsere Kolleginnen und Kollegen haben einen engen Austausch in die europäischen Länder. Wenn ein Projekt Veränderungen wie beispielsweise in Antwerpen nach sich zieht, dann wissen unsere Kolleginnen und Kollegen in Hanau schnell davon und ziehen Rückschlüsse auf ihre eigene Arbeit. Hier braucht es dann den Austausch und ein gemeinsames Verständnis, die Dinge anzugehen. Wie ich schon sagte, noch nie war es so wichtig, dass wir uns gemeinsam solidarisieren. Das braucht einen Zusammenhalt aller Länder und aller Gewerkschaften in Europa.

Hier geht es zum Tagungsbericht: Im Maschinenraum der Europapolitik - Hans-Böckler-Stiftung (boeckler.de)

Matthias Krebs ist seit 2014 Betriebsrat bei Evonik und seit 2019 BR-Vorsitzender des Standorts Hanau. Außerdem ist er seit 2015 Mitglied des Evonik-Europabetriebsrats. Er war nicht nur Gast bei der Brüsseler Tagung „EBR/SEBR, Aufsichtsrat, Betriebsrat – Zukunft strategisch mitbestimmen“ für europäische Betriebsräte, sondern diskutierte auch auf dem Podium mit. Evonik hat neun Standorte in Europa, im Europabetriebsrat des Unternehmens sitzen 21 Mitglieder.

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