LANDESBEZIRK HESSEN-THURINGEN

Tarifrunde Chemie: Keine Einigung in Hessen

Die verengte Sichtweise der Arbeitgeber bildet in keiner Weise die Realität der Chemischen Industrie in Hessen ab. Das Gesamtbild ist wesentlich positiver und man sollte den Standort nicht unnötig schlecht reden. Das ist die Position der Chemiegewerkschaft IGBCE zur Forderung der hessischen Arbeitgeber nach einem Krisenabschluss.

Tarifverhandlung für die Chemische Industrie in Hessen am 19.4.2024

Tarifverhandlung für die Chemische Industrie in Hessen am 19.4.2024

Foto: © Daniel Krist

„Das können wir nicht akzeptieren“, sagt Verhandlungsführerin Sabine Süpke. „Die Branche steht wesentlich besser da, als die Arbeitgeber behaupten. Die Beschäftigten spüren die Inflation tagtäglich. Sie brauchen eine ordentliche Entgelterhöhung.“ Die IGBCE fordert sieben Prozent, Vorteile für Gewerkschaftsmitglieder und eine Reform des Bundesentgelttarifvertrags. In der ersten Verhandlungsrunde für die Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Hessen am 19. April haben die Arbeitgeber kein Angebot vorgelegt.

Relativ gute Lage der Branche

Bei der Verhandlung präsentierte die IGBCE die Ergebnisse einer Befragung von Betriebsräten zur Situation in ihren Betrieben. Diese ergab ein positives Bild. „Die von uns erhobenen Fakten und Einschätzungen, der IFO-Geschäftsklimaindex und die veröffentlichten Bilanzen sprechen eine klare Sprache“, sagt Sabine Süpke. „Den allermeisten Unternehmen gelingt es, mit den wirtschaftlichen Herausforderungen gut umzugehen. Auch in diesem Jahr werden wieder üppige Dividenden ausgeschüttet werden.“ 

Unternehmen geben höhere Kosten weiter – Beschäftigte leiden unter der Inflation

Konkret reichen die meisten Unternehmen ganz offensichtlich höhere Kosten über höhere Preise an ihre Kunden weiter. In der für Hessen extrem wichtigen Pharmaindustrie sind die Umsätze in den vergangenen Jahren gestiegen. In der Chemischen Industrie lagen die Umsätze – nachdem sie in den Jahren 2020 und 2021 pandemiebedingt stark gestiegen waren – im vergangenen Jahr wieder auf dem Niveau von 2019. Auch 2022, das Jahr der letzten Tarifverhandlungen, war im Rückblick ein gutes Jahr. „Ich erinnere mich noch gut daran, was für ein düsteres Bild die Arbeitgeber damals gezeichnet haben“, sagt Sabine Süpke. „Bestätigt hat sich das nicht.“ 

Inflationsausgleichsprämien haben nur kurzfristig gewirkt

Die Vorstellung der Arbeitgeberseite von Lohnzurückhaltung weist Sabine Süpke zurück. „Beim letzten Tarifabschluss im Oktober 2022 sind wir den Unternehmen sehr weit entgegengekommen“, sagt sie. „Wesentlicher Bestandteil war eine Einmalzahlung, die die Auswirkungen der Inflation auf die Beschäftigten zeitlich begrenzt aufgefangen hat. Dieses Geld ist längst ausgegeben, die Preise aber sind weiter hoch. Wir brauchen nun einen dauerhaften Ausgleich für die gesunkene Kaufkraft der Einkommen.“

IGBCE wird Stärke zeigen

Für den weiteren Verlauf der Verhandlungen kündigt Sabine Süpke eine harte Position an: „Unsere Forderungen sind mehr als berechtigt. Das haben wir heute dargelegt. Bedauerlicherweise scheinen die Arbeitgeber nicht einsehen zu wollen, dass höhere Entgelte für die Beschäftigten kein Luxus, sondern dringend notwendig sind. Wir werden daher mit Aktionen vor Ort Druck machen für unsere Forderungen: eine Entgelterhöhung um sieben Prozent, Vorteile für Gewerkschaftsmitglieder und eine Reform des Bundesentgelttarifvertrags."

Weiterer Verlauf der Tarifrunde

Die Verhandlungen werden zunächst in allen Tarifbezirken geführt. Nach Abschluss der regionalen Tarifverhandlung am 26. April im Saarland entscheiden die Tarifkommissionen, ob sie regional weiterverhandeln oder das Mandat an die Bundestarifkommission übertragen.