Vassiliadis zum Tag der Arbeit

Zurück zu Anstand und Fairness

Alfeld (1. Mai) "Mehr Anstand und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt", das muss nach den Worten von Michael Vassiliadis "ein zentrales politisches Projekt der Bundesregierung" werden. Auf der gewerkschaftlichen Kundgebung zum Tag der Arbeit in Alfeld forderte der Vorsitzende der IG BCE insbesondere "eine gesetzgeberische Initiative mit dem Ziel, den Missbrauch von Leiharbeit zu stoppen". Notwendig seien darüber hinaus gesetzliche Mindestlöhne überall dort, "wo andernfalls Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schutzlos einer Beschäftigung zu Armutslöhnen ausgeliefert sind".

Von der Bundesregierung erwartet die IG BCE nach Aussage ihres Vorsitzenden, dass sie "Fehlentwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zur Kenntnis nimmt und die notwendigen Korrekturen einleitet". Dass immer mehr Beschäftigte "Willkür und Ausbeutung" ausgesetzt seien und der Trend zu Formen prekärer Beschäftigungsverhältnisse fortschreite, sei hinreichend bekannt und dokumentiert. "Verantwortliche Politik darf nicht zulassen, dass Leiharbeit, Mini- und Midijobs sowie Hungerlöhne immer stärker große Teile der Arbeitswelt prägen", so Vassiliadis. Das sei "unvereinbar mit allen Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft".

"Deshalb fordern wir eine gesetzliche Neuregelung der Leiharbeit", erklärte Vassiliadis. "Es muss gelten: Gleiches Geld für gleiche Arbeit. Alles andere öffnet der Lohndrückerei Tür und Tor."

Der beste Schutz gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Lohndumping seien starke Gewerkschaften und gute Tarifverträge. Aber auch in den Bereichen der Wirtschaft, in denen diese Voraussetzungen nicht gegeben seien, dürften die Menschen nicht schutzlos bleiben. Deswegen müsse der Gesetzgeber handeln und die Instrumente einsetzen, mit denen, so Vassiliadis, "angemessene und anständige Mindestlöhne schon heute möglich sind": vom Entsendegesetz über das Mindestarbeitsbedingungsgesetz bis zur Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen. "Wir brauchen Schutz vor Armutslöhnen und wir brauchen Schutz vor Tarifflucht." Wenn das am Ende nur mit obligatorischen gesetzlichen Mindestlöhnen zu erreichen sein sollte, "auch dann ist die Politik gefordert und zwar so, dass die jeweils untersten Entgeltgruppen von Tarifverträgen den Maßstab setzen".

Darüber hinaus bezeichnete Vassiliadis die Sicherung von Beschäftigung als "die Hauptaufgabe in Politik und Wirtschaft". Trotz der ermutigenden Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt gehe es unverändert darum, "ohne Entlassungen durch die Krise zu kommen". Die Arbeitgeber forderte Vassiliadis auf, die Möglichkeiten von Kurzarbeit und tariflichen Öffnungsklauseln zu nutzen. "Es gibt viele gute Alternativen zur Kündigung und deshalb auch keine Rechtfertigung, auf konjunkturelle Schwankungen in der Kapazitätsauslastung mit Abbau von Arbeitsplätzen zu reagieren."  

Von der Bundesregierung forderte der IG-BCE-Vorsitzende in diesem Zusammenhang eine "wirtschaftspolitische Strategie für unsere industriellen Kerne" ein. Mit politischem Krisenmanagement sei es nicht mehr getan. Notwendig seien Entscheidungen, "wie wir für gute Standortbedingungen für die Branchen sorgen, auf deren Leistungsfähigkeit in Deutschland Wachstum und Wohlstand beruhen: Chemie, Automobil- und Maschinenbau, Rohstoffe und Energie". Ohne gezielte Zukunftsgestaltung sei der Gefahr nicht vorzubeugen, dass wichtige Glieder der Wertschöpfungskette verkauft oder verlagert werden.