Tagung der Chemie-Sozialpartner

Vereinbarkeit von Pflege und Beruf geht alle an

Hannover. Die Pflege von Angehörigen ist ein sensibles Thema. In den meisten Fällen sind die Betroffenen völlig unvorbereitet auf die plötzlich eintretende Pflegesituation. Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) haben bereits 2006 eine Sozialpartner-Vereinbarung "Für eine chancengleiche und familienbewusste Personalpolitik" abgeschlossen. Dieses Abkommen enthält auch Empfehlungen zur Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen. Auf einer gemeinsamen Veranstaltung am Freitag (31.10.) in Hannover zogen IG BCE und BAVC eine erste Zwischenbilanz.

Frey: „Verschärfung durch demografischen Wandel"

„Das Thema Pflege und Beruf geht alle an" - so Hans Paul Frey, Hauptgeschäftsführer des BAVC. Die Situation der Mitarbeiter und ihrer pflegebedürftigen Angehörigen rücke zunehmend in den Blick betrieblicher Personalpolitik. „Der demografische Wandel verschärft diese Entwicklung. Wir werden immer älter. Immer mehr Menschen bedürfen Pflege. Eine steigende Zahl von Beschäftigten steht vor der Herausforderung, gleichzeitig ihre Berufstätigkeit und die Pflege von Angehörigen zu bewältigen."


Glänzer: Passgenaue Lösungen erforderlich

Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern sind nach Auffassung von Edeltraud Glänzer, Mitglied des geschäftsführenden IG-BCE-Hauptvorstands, betriebsspezifische Lösungen erforderlich.

„Wir haben hier bereits viele wichtige Impulse gesetzt. Nun gilt es den Fokus um das Thema ‚Pflege von Angehörigen' zu erweitern. Neben den vielen Gemeinsamkeiten zur Kinderbetreuung gibt es auch deutliche Unterschiede. Die Wahrnehmung von Pflegeaufgaben erfordert ein hohes Maß an Flexibilität. Es müssen ‚von jetzt auf gleich' praktisch wichtige - und die eigene Lebenssituation nachhaltig prägende - Entscheidungen getroffen werden. Auch sind weder die Dauer noch die Entwicklung der Pflegebedürftigkeit vorhersehbar. Die Pflege von Angehörigen ist die Auseinandersetzung mit Krankheit, Behinderung und Tod, die die Betroffenen auch psychisch enorm fordert und belastet. Es braucht betriebliche Arrangements speziell zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Mit dem Pflegezeitgesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan worden. Nun gilt es, passgenaue betriebliche Regelungen zu finden."


Millionen Menschen in Deutschland betroffen

Gegenwärtig sind über zwei Millionen  Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird erwartet, dass die Zahl der Pflegebedürftigen massiv steigt. Für das Jahr 2020 ist bereits mit 2,9 Millionen Betroffenen zu rechnen. Etwa zwei Drittel werden von Familienmitgliedern in häuslicher Pflege betreut.

Die zukünftige Bereitschaft von Familienangehörigen, Pflegeverantwortung zu übernehmen, hängt aber nicht zuletzt davon ab, wie es gelingt, Beruf und Pflege zu vereinbaren. Die Pflege von Angehörigen und die Verantwortung für angemessene Rahmenbedingungen gehören zum Kern einer familienorientierten Generationenpolitik.