Chemie und Pharma

Nettoentlastung von bis zu 15,6 Prozent: Chemie-Tarifpartner finden Tarifabschluss

Nach dreitägigen schwierigen Verhandlungen haben sich IGBCE und Chemie-Arbeitgeber auf ein nachhaltig wirksames Entlastungspaket für die gut 580.000 Beschäftigten der Branche geeinigt, das sowohl akute Energiepreissprünge abfedert als auch tabellenwirksam die Entgelte steigert.

Chemie-Tarifrunde Ergebnis

Es sieht als tarifliches Inflationsgeld Sonderzahlungen in zwei Tranchen von jeweils 1500 Euro pro Kopf vor, die spätestens im Januar 2023 und im Januar 2024 fällig werden. Ebenfalls jeweils zum Januar 2023 und 2024 greifen zudem tabellenwirksame Entgelterhöhungen von je 3,25 Prozent, in Summe also 6,5 Prozent. Letztere gelten auch für die Auszubildenden, die zusätzlich je 500 Euro Sonderzahlung in zwei Tranchen erhalten. Die Tariferhöhungen können aus wirtschaftlichen Gründen mittels Betriebsvereinbarung um bis zu drei Monate verschoben werden, für die Sonderzahlung gilt dies nicht.

Mit dem tariflichen Inflationsgeld wird das Angebot der Bundesregierung, zur Entlastung der Menschen Zahlungen der Arbeitgeber von bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei zu stellen, voll ausgenutzt. Sonderzahlungen und tabellenwirksame Entgelterhöhungen erzeugen in Summe für Chemie-Beschäftigte eine Nettoentlastung von durchschnittlich 12,94 Prozent, in der Einstiegs-Entgeltgruppe liegt sie bei 15,64 Prozent.

„In dieser historischen Ausnahmesituation mit ungekannten Inflationsraten und drohender Rezession haben die Tarifparteien Verantwortung für die Beschäftigten, den Industriestandort und die Binnennachfrage zugleich übernommen“, sagte der Vorsitzende der IGBCE, Michael Vassiliadis. „Dieser Abschluss hat Signalwirkung über die Branche hinaus. Beweist er doch, dass gut gemachte Tarifpolitik zentraler Baustein eines gesamtgesellschaftlichen Bollwerks gegen Inflation und Energiekrieg sein kann.“

„Wir haben unter miserablen Rahmenbedingungen Wort gehalten und eine intelligente Kombination aus schnell spürbarer Entlastung und nachhaltigem Lohnplus durchgesetzt“, sagte der Chemie-Verhandlungsführer und stellvertretende IGBCE-Vorsitzende Ralf Sikorski. „Die Menschen profitieren vom attraktiven ,Brutto-für-Netto‘-Angebot der Bundesregierung genauso wie von der höchsten Tariferhöhung in der Chemie seit mehr als 30 Jahren.“ Zusammen mit den staatlichen Entlastungspaketen und der unter IGBCE-Vorsitz entwickelten Gaspreisbremse lasse sich so der finanzielle Druck auf die Chemie-Beschäftigten in der Krise spürbar eingrenzen.

Beide Seiten haben sich zudem darauf verpflichtet, gemeinsam an der Stärkung der Tarifbindung zu arbeiten. Im Rahmen der Laufzeit des Tarifvertrages sollen Ideen für tarifliche Regelungen zur Stärkung der Tarifbindung auf beiden Seiten entwickelt werden.

Mit der Einigung auf die Entgelterhöhungen ist die Tarifrunde Chemie 2022 nach der dritten bundesweiten Verhandlung abgeschlossen. Der geschlossene Tarifvertrag endet am 30. Juni 2024. Bereits im Frühjahr hatten sich beide Seiten unter anderem auf höhere Schichtzulagen, die Einführung von Deutschlands erster betrieblicher Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell in einem Flächentarif und auf die Stärkung der Ausbildung mit einem millionenschweren Förderprogramm geeinigt.

Angesichts der Unsicherheit kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs waren die Entgeltverhandlungen in den Oktober verschoben worden. Im Gegenzug erhielten die Beschäftigten eine Brückenzahlung in Höhe von 1400 Euro pro Kopf.