Startschuss für die 7. Bundesjugendkonferenz

Ausbildung und Demokratie stärken

Solidarität, Geschlechtergerechtigkeit und Digitalisierung - damit hat sich IG-BCE-Jugend am ersten Tag der Bundesjugendkonferenz beschäftigt. Ein Thema stand auch heute ganz besonders im Fokus: der einbrechende Ausbildungsmarkt, der gerade die Jugend betrifft.

Bundesjugendkonferenz Eröffnung
Foto: © Christian Burkert

Die Konferenz begann mit einem Versprechen: „Nächstes Jahr wieder in Präsenz.“ IG BCE-Bundesjugendsekretär Philipp Hering bezog sich in seiner Begrüßung auf den Umstand, dass in diesem Jahr die 7. Ordentliche Bundesjugendkonferenz der IG BCE (13. bis 15. Mai) corona-bedingt digital stattfinden muss: „Aber wenn jemand mit Herausforderungen umgehen kann, dann sind es wir.“ Daher werde auch diese Konferenz gut gelingen, so Hering. Darauf deutete schon das professionelle Studio – im Superhelden-Look gemäß dem Motto: Zeit für Held*innen – in der Hauptverwaltung in Hannover hin, von wo aus die Veranstaltung mit wenigen Anwesenden corona-sicher für die Delegierten im Land ausgestrahlt wird.

Und Herausforderungen gibt es auch über die Organisation einer digitalen Konferenz hinaus in der Tat viele: Von der angespannten Ausbildungssituation in Pandemie-Zeiten, über soziale Schieflagen beim Thema Wohnen, hin zu den großen Wandlungsprozessen der digitalen und ökologischen Transformation. Daher unterstrich der IG BCE-Bundesjugendsekretär in seiner Rede noch einmal das Motto der Konferenz: „Es ist Zeit für Held*innen. Wir können nicht darauf bauen, dass andere etwas tun – es kommt auf uns an, wir müssen mit Mut und Herz die Themen angehen.“ Dies wird nun in den kommenden zwei  Tagen auch geschehen. Die 150 Delegierten aus allen acht Landesbezirken der IG BCE  beraten und entscheiden während der dreitägigen Konferenz über rund 130 Anträge, die sich mit den wichtigen Weichenstellungen für die Zukunft der Gewerkschaft und der Gesellschaft beschäftigen.

Ausbildung diesmal besonders wichtiges Thema

Alle vier Jahre treffen sich die Delegierten der Gewerkschaftsjugend, sie vertreten die Interessen von rund 60.000 jungen IG-BCE-Mitgliedern unter 27 Jahren und entscheiden auf ihrer Konferenz über die politische Ausrichtung der Gewerkschaft. Auf die innergewerkschaftliche Bedeutung wies auch Francesco Grioli, Mitglied im Geschäftsführenden Hauptvorstand der IG BCE und zuständig für den Jugendbereich, in seiner Eröffnungsrede hin. Die Jugendkonferenz sei der Vorläufer für den  diesjährigen Gewerkschaftskongress der IG BCE. „Ihr seid die junge Stimme in der IG BCE. Es braucht starke Signale in Richtung Kongress.“ Grioli ist stolz auf die IG BCE-Jugend mit ihren 60 000 Mitgliedern; und jedes Jahr einer Neumitgliederquote unter den Auszubildenden von rund 65 % - trotz pandemie-bedingt schweren Bedingungen. Neue, digitale Partizipationsmöglichkeiten, ein klarer Kurs, eine laute Stimme und „ein Wertefundament, das uns eint“, das seien Markenzeichen der IG BCE-Jugend, so Grioli: „Ihr zeigt, wie Gesellschaft und Demokratie gestalten, funktioniert.“

Eröffnung der Bundesjugendkonferenz

Diesen Gestaltungsanspruch brauche es auch angesichts „eines Jahrzehnts der Transformation“, betont das Vorstandsmitglied. Große Sorge bereite ihm dabei die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt. Befeuert durch die Corona-Krise entwickle er sich in die falsche Richtung. Erstmals seit 30 Jahren unterschritt 2020 die Anzahl der Auszubildenden die 500 000er Marke. Der Markt breche ein, auch in den Branchen der IG BCE. Hier sank die Zahl der Ausbildungsplätze im Vergleich zu 2019 um 6 %.  Das sei verheerend, denn gerade jetzt brauche es Innovation und Fachwissen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Daher hatte Grioli eine klare Botschaft an die Arbeitgeber: „Es darf keine ‚Rotstift-Politik‘ in den Unternehmen geben. Wenn jetzt Controller Restrukturierungen vornehmen, dann wird es den Widerstand der IG BCE geben. Es braucht jetzt Perspektiven für junge Menschen. Wir müssen sicherstellen, dass wir keine ‚Corona-Generation‘ bekommen.“ Das duale Ausbildungssystem müsse in seiner Breite erhalten bleiben, um die Qualität der Ausbildung zu gewährleisten und den kommenden Bedarfen der Digitalisierung gerecht zu werden.

Ein Thema, das auch den 26-jährigen Betriebsrat aus München, Maximilian Höß umtreibt. Er ist erfahrener Konferenzteilnehmer, Mitglied im Bundesjugendausschuss und in der Antragsberatungskommission vor Ort in Hannover. „In der Digitalisierung mutig neue Wege zu gehen, um auch in Zukunft für die Auszubildenden einen guten Rahmen zu setzen, das ist mir wichtig.“ Hierfür um Positionen zu ringen, um diese dann in die Betriebe und in die Gewerkschaft zu tragen, dazu diene diese Konferenz – „auch wenn dieses Jahr vom Feeling her alles total anders ist“, gibt auch Digitalisierungsexperte Höß zu.

Neben der Qualität der Ausbildung ist auch das Thema der Übernahme ein zentrales; junge Leute bräuchten eine Anschlussbeschäftigung, betonte daher Vorstandsmitglied Grioli. Von seiner Rede ging insgesamt ein deutliches Signal an die Arbeitgeber aus, der Entwicklung,  in der Krise an Ausbildungsplätzen zu sparen, entgegenzuwirken: „Ich erwarte von den Unternehmen, dass sie etwas unternehmen!“ Und von der IG BCE-Jugend verlangte er: „Seid laut! Ihr seid die Stimme der jungen Menschen in den Betrieben.“ Lautstark gelte es auch gegen rechte und populistische Tendenzen vorzugehen. Zum Abschluss lobte Grioli den kreativen Protest der Gewerkschaftsjugend, als „der Ton in der Corona-Krise rauer wurde und Populisten erstarkten“. Diese Haltung brauche das Land. Mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst und die AfD zeigte der gebürtige Italiener Grioli gewohnt resolut klare Kante, es gelte das Motto: „Keinen Millimeter nach rechts!“

Klare Haltung gegen Diskriminierung und Hass

Nach den politischen Impulsen zu Beginn folgten zunächst die Formalia – Konstituierung und Geschäftsbericht - um dann wieder politisch zu  werden. Noch am Eröffnungstag begann das „Herzstück“ der Konferenz, die Antragsberatung. Nach zwei Anträgen, die sich auf die Satzung bezogen, war die Gesellschaftspolitik der erste inhaltlich zu beratende Antragsblock. Das unterstreicht den Gestaltungswillen und das Selbstverständnis der IG BCE-Jugend, die Arbeitswelt und die Gesellschaft zu gestalten.

Im ersten Antrag „Das ‚Wir‘ gewinnt“ standen daher die großen Themen unserer Zeit im Mittelpunkt: Solidarität, Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung, Vielfalt und die Rolle der Arbeit. Diese grundlegenden Begriffe aus gewerkschaftlicher Perspektive neu zu schärfen, in die gewerkschaftlichen Strukturen und die Gesellschaft zu tragen, ist nach einem einstimmigen Beschluss der Delegierten nun Auftrag der IG-BCE-Jugend in den kommenden Jahren. Mit klarer Haltung: „Wir als IG BCE Jugend setzen uns für eine vielfältige Gesellschaft ein und positionieren uns gegen sämtliche Formen der Diskriminierung. Mit unserer Arbeit möchten wir ein Zeichen für eine vielfältige und offene Gesellschaft setzen und uns rechtem Hass und Gewalt entschlossen entgegenstellen“, heißt es im Antrag A001.

Konkret spiegelt sich diese Haltung gegen Diskriminierung im kurz darauffolgenden Antrag „Arbeiter*innen aller Gender vereinigt euch!“ wider, der ein stärkeres Engagement gegen Sexismus und Ungleichbehandlung aller Geschlechter in der Arbeitswelt vorsieht; auch in Bezug auf mögliche Benachteiligungen in Tarifvereinbarungen und beim Thema Lohngerechtigkeit. Dazu bedarf es der Sensibilisierung der gewerkschaftlichen und betrieblichen Multiplikator*innen, der Betriebsrät*innen und Jugend- und Auszubildendenvertretungen durch Kampagnen und Bildungsarbeit, aber auch durch verpflichtende Gleichstellungsbüros in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeiter*innen. Elissa Lo Coco aus dem Bundesjugendausschuss fasste es in der Aussprache leidenschaftlich zusammen: „Nur gemeinsam können wir uns aus dem Patriarchat befreien und eine Gesellschaft schaffen, in der alle Menschen gleichberechtigt miteinander und nebeneinander leben können.“

Am zweiten Konferenztag steht eines der Kernthemen, die Stärkung der betrieblichen Ausbildung, im Fokus. Auch hier dürfen wieder intensive Debatten und weitreichende, innovative Beschlüsse erwarteten werden, mit der die Gewerkschaftsjugend der IG BCE untermauert, dass sie ein Akteur ist, der die Arbeitswelt und die Gesellschaft aktiv mitgestalten will.

Bundesjugendkonferenz
Zeit für Held*innen

Mehr als 100 junge Delegierte haben über die wichtigsten Themen der Zukunft gesprochen. Neben der Teilnahme politischer Gäste und einem Kulturprogramm wurden auf der Bundesjugendkonferenz vom 13. bis 15. Mai vor allem zahlreiche Anträge diskutiert und beschlossen.