PCK-Raffinerie in Schwedt

"Niemand verliert hier seinen Arbeitsplatz"

Ab Anfang kommenden Jahres greift hier das Embargo gegen russisches Öl: Die 1200 Beschäftigten der PCK Raffinerie in Schwedt stehen vor herausfordernden Jahren. Was das für den Standort bedeutet und was es für Perspektiven gibt, darüber hat Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IGBCE,  bei einem Besuch in Schwedt mit der Geschäftsführung und der Belegschaft gesprochen.

PCK Raffinerie in Schwedt bei Nacht
Foto: © PCK Raffinerie GmbH

Schon aus etlichen Kilometern Entfernung sieht man das mächtige Panorama des schier endlosen Stahlgeflechts aus Röhren, Tanks und Leitungen. Stolz bohren sich dutzende Schornsteine und Fackeltürme in den weiten Himmel der Uckermark. Der höchste unter ihnen misst gigantische 170 Meter.

Aus der Distanz sieht bei der PCK-Raffinerie in Schwedt alles aus wie immer. Doch der Alltag der wichtigsten ostdeutschen Raffinerie ist seit Monaten geprägt von Angst und Unsicherheit. Seit 60 Jahren bezieht die Anlage ihr komplettes Öl über die „Druschba“-Pipeline aus Russland. Rund zwölf Millionen Tonnen Rohöl werden in der Raffinerie, dem Motor des Ostens, jährlich verarbeitet. Etwa 90 Prozent aller Autos in Berlin und Brandenburg werden mit Treibstoffen aus der Anlage versorgt.

Zum 1. Januar wird der Hahn für die Pipeline allerdings abgedreht. Dann greift das von Deutschland beschlossene Embargo gegen russisches Öl. Hintergrund ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine.

Was das für den Standort bedeutet und was es für Perspektiven für die rund 1200 Beschäftigten gibt, darüber hat Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IGBCE, jetzt bei einem Besuch in Schwedt mit der Geschäftsführung und der Belegschaft gesprochen.

Sein Fazit nach einem Rundgang auf dem 1072 Hektar großen Gelände: „Hier ist alles vorhanden, was es für eine erfolgreiche Zukunft braucht. Die Anlagen sind in einem Top-Zustand. Es gibt eine hochqualifizierte Belegschaft, Fördergelder, Kunden und ein Konzept, wie es weiter gehen kann.“ Gegenüber der Belegschaft versprach Vassiliadis: „Das hier ist nicht Karstadt. PCK wird nicht verschwinden. Niemand verliert hier seinen Arbeitsplatz. Das würden wir als Gewerkschaft nicht akzeptieren.“ Kritik an dem geplanten Embargo konterte Vassiliadis: „Beim Gas hat niemand ein Embargo ausgesprochen – und trotzdem liefert Russland schon lange nicht mehr. Warum sollte das beim Öl in Zukunft anders laufen?“ 

Michael Vassiliadis bei PCK in Schwedt

IGBCE-Chef Michael Vassiliadis (Mitte) im Gespräch mit der PCK-Betriebsratsvorsitzenden Simona Schadow und Geschäftsführer Ralf Schairer. 

Foto: © IGBCE

Während der Betriebsversammlung hat die Geschäftsführung erstmals Pläne für einen erfolgreichen Weiterbetrieb der Anlage vorgestellt. Ihr Wunsch: Eine neue Pipeline, die den Rostocker Hafen mit Schwedt verbinden soll. Der bisherige Plan der Bundesregierung sieht lediglich eine Ertüchtigung der bestehenden Anlage vor. Dafür hat der Bund bereits 400 Millionen Euro zugesichert.

Ab dem 1. Januar würde die Ölversorgung nach Schwedt – stand jetzt – alleine über die bereits bestehende Rostocker Leitung laufen. Die geplante Ertüchtigung dieser Leitung würde die Kapazität von derzeit sechs zwar auf gut neun Millionen Liter Rohöl erhöhen, die Anlage in Schwedt aber trotzdem nicht auslasten.

Der von der Geschäftsleitung ins Spiel gebrachte Neubau der Leitung würde die Kapazität dagegen auf über 16 Millionen Liter erhöhen und könnte so auch die zweite ostdeutsche Raffinerie in Leuna mitversorgen. Ein weiterer Vorteil: In Zukunft könnten die Rohre auch Wasserstoff transportieren - und auf dem PCK-Gelände ist bereits eine Elektrolyse-Anlage mit Kapazitäten von 32 Megawatt geplant, um dort grünen Wasserstoff herzustellen.

Laut Geschäftsführung könnte der Bau der neuen Pipeline innerhalb von drei Jahren realisiert werden. Die bisher vom Bund geplante Ertüchtigung der bisherigen Anlagen würde ähnlich lange dauern. Auch erhebliche Investitionen mit Blick auf die Transformation hin zu einer „grünen“ Raffinerie wurden in Aussicht gestellt.

Unterstützung für ihr Vorhaben erhielt die PCK-Geschäftsleitung von Vassiliadis. „Es gibt viele gute Gründe das hier am Standort zu machen. Es braucht jetzt Geld und den politischen Willen für eine neue Pipeline. Und es muss schnell gehen, dem muss sich alles andere Unterordnen.“

Das treibt auch die PCK-Betriebsratsvorsitzende Simona Schadow um: „Die Arbeitsplätze sind sicher, dass ist natürlich gut. Aber keiner weiß, ob es ab Januar auch für alle genug zu tun gibt. Die Leute wollen arbeiten und sind daher trotzdem besorgt.“ Vassiliadis hat daher Verständnis für die Sorgen der Belegschaft: „Man spürt den Druck und die Ungewissheit. Das ist keine leichte Situation.“  Ab dem neuen Jahr wird es wohl zunächst nur die Lieferungen aus Rostock (sechs Millionen Liter jährlich) geben. Derzeit verhandelt die Bundesregierung mit Polen und Kasachstan über zusätzliche Ölankäufe. Daher plant die PCK eine der beiden Produktionslinien zunächst runterzufahren.

Allerdings hat der Bundeskanzler Olaf Scholz der Belegschaft eine Beschäftigungsgarantie für zwei Jahre zugesagt. In dieser Zeit soll es keine betriebsbedingten Kündigungen geben, Mitarbeitende in Kurzarbeit sollen weiterhin ihr vollständiges Netto-Gehalt erhalten.

Um die Energiesicherheit zu gewährleisten hat der Bund im September die Kontrolle in der Raffinerie übernommen und unter Treuhandverwaltung gestellt. Bisheriger Mehrheitseigner der Anlage war die Rosneft Deutschland.

Weitere Informationen

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Foto: © Merlin Nadj-Torma
PCK-Raffinerie
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