IG BCE entwickelt Zukunftsszenarien

Wir blicken nach vorn

Keine Kristallkugel, keine Zeitmaschine - wir haben ein anderes geeignetes Mittel gefunden, um einen plastischen Eindruck davon zu gewinnen, wie sich die Welt bis zum Jahr 2030 entwickeln könnte: Szenarien.

Impressionen Tag 1
Foto: © Frank Rogner

Auf unserem Zukunftskongress „Perspektiven 2030+“ haben wir heute anhand dieser Szenarien die Herausforderungen der nächsten Dekade diskutiert. Im Colosseum Theater in Essen sind dafür rund 400 IG-BCE Mitglieder zusammengekommen. Sie haben sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt: Wie steht die IG BCE heute da? Wie kann sie heute passende Werkzeuge für die Herausforderungen von Morgen entwickeln? Welchen Kurs muss sie einschlagen, um Entwicklungen in unseren Branchen, in Weltwirtschaft, Politik und Gesellschaft frühzeitig in den Blick nehmen? Wie werden sich die Megatrends Klimawende, industrielle Transformation, Digitalisierung und schärfer werdender internationaler Wettbewerb auf gewerkschaftliche Arbeit auswirken?

Grundlage für die Diskussionen und Workshops in den verschiedenen Kleingruppen und zu unterschiedlichen Themen waren zuvor entwickelten Szenarien: 225 Betriebsräte, Hauptamtliche, Funktionäre und Mitglieder aller Altersgruppen gaben dafür in umfassenden Online-Befragungen ihre Einschätzung zu Herausforderungen und Handlungsfeldern. In 30 mündlichen Interviews gaben betriebliche und wissenschaftliche Experten ausführliche Zukunftsprognosen ab. Zwölf branchenbezogene Zukunftsausblicke von der Grundstoffchemie bis zu den Sportartikelherstellern wurden zusätzlich erstellt. In acht Zukunftsworkshops und einer Spätsommertour durch eine Vielzahl an Betrieben wurden die Szenarien schließlich weiterentwickelt und die Arbeit mit ihnen wurde erprobt.

Vier solcher Szenarien, die mögliche Zukunftsentwicklungen plastisch und detailliert beschreiben, wurden auf diese Weise in den vergangenen Monaten entwickelt. Sie bewegen sich in zwei Spannungsfeldern: Zum einen der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung zwischen dem vertrauten Prinzip „Wettbewerb und Wachstum“ und einem radikalen ökologischen Umbau der Industrie. Zum anderen der weiteren gesellschaftlichen Entwicklung zwischen Zusammenhalt und Vereinzelung, zwischen Konsens und Konflikt. Egal in welche Richtungen die Entwicklungen gehen. Egal, welches Szenario sich am Ende durchsetzen wird: Die Veränderungen auf die sich die IG BCE einstellen muss, sind in jedem Fall tiefgreifend – und erfordern, mutig über den vertrauten Handlungsrahmen hinaus zu denken.

„So unterschiedlich die Szenarien auch sein mögen. Eines haben alle gemein: Ohne uns wird keine Zukunft besser, jedenfalls nicht für die Arbeitnehmer“, unterstrich der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. „Unser Land braucht handlungsfähige Gewerkschaften und eine starke IG BCE, wenn die Beschäftigten im Wandel nicht unter die Räder kommen sollen, wenn der Transformationsprozess den Prinzipien von Solidarität und Gerechtigkeit folgen soll.“ Die Frage laute daher nicht, ob die IG BCE sich auf tiefgreifende Veränderung einstellen müsse. Sondern die Frage laute: „Sind wir in der Lage, diese Veränderungen zu verstehen? Sind wir in der Lage, aus einer klaren Analyse auch mutige Schlussfolgerungen für die gewerkschaftliche Strategie der kommenden Jahre zu ziehen?“, so Vassiliadis.  

Das Gute sei: „Die Zukunft ist nicht vorgegeben. Unsere Szenarien eröffnen unterschiedliche Optionen. Sie sind davon abhängig, welche Kräfte in welcher Form gestaltend Einfluss nehmen.“ Der Gewerkschaftsvorsitzende betonte abschließend: „Eine wesentliche Kraft wird unsere IG BCE sein. In ihr stecken ungeheuer viel Engagement und Kreativität - gerade wenn es darum geht, Zukunft zu gewinnen. Wir haben allen Grund, das mit Mut und Freude anzugehen.“

Mit dem ersten Kongresstag hat die IG BCE nur den Startschuss für eine breite Beteiligung am Zukunftsprozess „Perspektiven 2030+“ gegeben. Morgen werden die rund 400 Teilnehmer noch konkreter in die Arbeit mit den Szenarien einsteigen. Im Anschluss an den Kongress sollen die Szenarien außerdem in möglichst vielen Betrieben, bei möglichst vielen Mitgliedern, bei Ehren- und Hauptamtlichen eine intensive Diskussion anstoßen. Sie sollen dazu beitragen, geeignete Strategien und Werkzeuge für die Herausforderungen von Morgen zu entwickeln. Denn auch wenn die Szenarien eigentlich Geschichten über die Zukunft sind - ihr Zweck liegt darin, bessere Entscheidungen in der Gegenwart zu treffen. Denn Welt ist im Umbruch. Es ist höchste Zeit, die Zukunft anzupacken. Oder, wie Karin Erhard, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes, es zum Abschluss des ersten Kongresstages auf den Punkt brachte: „Wer heute den Kopf in den Sand steckt, wird morgen mit den Zähnen knirschen.“