Plan M-Konferenz 2022

Wenn Frauen mehr frieren als Männer

IGBCE-Frauen diskutierten bei der Plan M-Konferenz "Frauen.Macht.Wandel" in Hannover darüber, wie sie in den aktuellen Krisen Macht nutzen und Handlungsspielräume erweitern können, um den Wandel aktiv mitzugestalten

IGBCE-Frauen-Konferenz 2022
Foto: © Nicole Strasser

Wenn Frauen Macht haben (und nutzen), können sie viel für andere Frauen erreichen. IGBCE-Vorstandsmitglied Karin Ehrhard berichtete bei der Plan M-Konferenz „Frauen.Macht.Wandel“ in der IGBCE-Hauptverwaltung ein ganz aktuelles Beispiel: „In der Kommission, die den Tarifabschluss für die Chemie-Industrie im Oktober verhandelt hat, saßen zwei Frauen. Wir haben erreicht, dass bei der Stichtagsregelung Bezieherinnen und Bezieher von Elterngeld nicht mehr benachteiligt sind.“ Bei der Einmalzahlung im Mai war das noch der Fall gewesen. Damals gingen diejenigen leer aus, die zum Stichtag in Elternzeit waren – in der Mehrheit immer noch Frauen.

Mehr als vierzig in der IGBCE engagierte Frauen trafen sich in Hannover zur „Plan M-Konferenz“. Sie diskutierten, wie sie in den gegenwärtigen Krisen Macht nutzen und Handlungsspielräume erweitern können, um den Wandel aktiv mitzugestalten. Shana Rühling, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung an der Leibniz Universität Hannover, machte anschaulich, wie sich in der von Energiekrise und Corona-Pandemie erschütterten Gesellschaft das Machtverhältnis der Geschlechter entwickelt hat. Die Ausgangsbedingungen waren für beide Geschlechter schon ungleich: Das „Gender Pay Gap“, der Abstand zwischen dem durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von Männern und Frauen, sinkt zwar langsam unter 20 Prozent. Doch beim Wert der „Lifetime Earnings“, der Summe, die ein Mensch im Lauf seines Lebens verdient, sieht es noch deutlich anders aus: Hier kommen Männer auf 49 Prozent mehr.

In der Corona-Pandemie, sagt Rühling, ist sehr deutlich geworden: „Frauen arbeiten in Beschäftigungsverhältnissen, die krisenanfälliger sind.“ Teilzeit- und Minijobbber*innen sowie befristet Beschäftigte waren unter den ersten, die arbeitslos wurden. In diesem Winter ist damit zu rechnen, dass Frauen mehr frieren werden als Männer. Denn einerseits haben sie häufiger nicht genug Geld, um ihre Energierechnungen zu bezahlen. Andererseits ist erwiesen, dass Frauen schneller frieren. „Aber wer denkt daran, wenn Höchsttemperaturen für Arbeitsplätze festgelegt werden?“, fragt Rühling. Ihre Forderung: „Frauen müssen aus Beschäftigungsverhältnissen raus, die krisenanfällig sind.“

Laura Rauschnik, Leiterin des DGB-Projektes „Was verdient die Frau? Wirtschaftliche Unabhängigkeit!“ stellte im Workshop zum Thema Entgeltgleichheit ihre Ergebnisse vor. Ihre erschütternde Erkenntnis: „61 Prozent der erwerbstätigen Frauen haben keine langfristige Existenzsicherung.“ Bei Frauen mit Kind steigt dieser Wert sogar auf 80 Prozent. Die Betriebsrätinnen und Vertrauensfrauen berichteten im Workshop, wie sie Kolleginnen zu motivieren versuchen, aus der Armutsfalle aus- und in eine reguläre Beschäftigung einzusteigen. „Junge Frauen verschenken Zeit in Minijobs“, beklagt Ilona Meier, Betriebsrätin bei BASF Polyurethanes Lemförde. „Viele denken erst mit 50 an die Rente.“

Vorstandsfrau Karin Erhard rief zum Schluss dazu auf, die Angebote der IGBCE zur Weiterbildung und Vernetzung zu nutzen. Sie fordert: „Die Krise darf nicht dazu führen, dass Themen der Geschlechtergerechtigkeit auf der Agenda nach hinten rutschen.“
 

So gestalten Frauen Wandel


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