IGBCE-Mitglied mit Leidenschaft

Winfried Zenk und sein Schultheiss-Museum

„Engagierter Gewerkschafter“ steht auf der Visitenkarte von Winfried Zenk, Betriebsratsvorsitzender beim Automobil-Zulieferer Mektec. Mit derselben Hingabe, mit der er für die IGBCE neue Mitglieder gewinnt, sich im Bezirksvorstand Berlin-Mark Brandenburg und in der Ortsgruppe Reinickendorf engagiert, hat er zu Hause in seinem Keller ein privates Schultheiss-Museum aufgebaut.

Wie ist er dazu gekommen? Ein Interview mit Winfried Zenk

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Winfried Zenk, engagierter Gewerkschafter, mit einer Leidenschaft für die Schultheiss-Brauerei und seltene Sammlerstücke.

Foto: © Anke Birus

Lieber Winfried, wann hast Du Deine Leidenschaft für Schultheiss entdeckt?

Das fing in meiner Ausbildung an. Ich habe 1979 im AEG Ausbildungszentrum Energiegeräte-Elektroniker gelernt. Dort stand damals ein Schultheiss-Bierautomat, der von uns Azubis gerne und oft frequentiert wurde. Meine Kumpel und ich wurden damals wohl mit dem Schultheiss-Virus angesteckt, jedenfalls bin ich seitdem beim Bier ein „Schultheiss-und-sonst-nix-Trinker“.

Die Schultheiss-Aktie war zu jener Zeit doppelt so hoch wie die von Berliner Kindl. An jeder zweiten Ecke wies der hell leuchtende, freundliche „Schultheiss“ den Weg in eine gemütliche Kneipe. Diese guten, alten Zeiten haben mich wohl sehr geprägt, denn bis heute sammele ich alles, was mit der legendären Berliner Brauerei zusammenhängt. 2006 habe ich dann im Keller meines Hauses in Berlin-Blankenburg ein privates Schultheiss-Museum eingerichtet.

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Blick in das private Schultheiss-Museum von Winfried Zenk.

Foto: © Anke Birus

Wie hast Du Deine Sammlung zusammengetragen – und auf welche Stücke fällt Dein Auge besonders?

Früher bin ich viel über die Flohmärkte gewandert. Als Ebay aufkam, habe ich vor allem darüber Raritäten bekommen. Über viele meiner Exponate kann ich schöne Geschichten erzählen, zum Beispiel über die Tresenleuchte, die mir mein bester Freund zu meinem 18. Geburtstag geschenkt hat. Und, na gut: Mein erstes Blechschild habe ich heimlich von einem Imbiss abgeschraubt.

Eines meiner liebsten Exponate ist eine kleine Flasche Schultheiss-Weiße aus dem Jahre 1948 – natürlich ungeöffnet. Die Flasche ist das Geschenk von Brigitte, der Schultheiss-Kneipenwirtin von Gitti’s Bierbar in Berlin-Mitte. Das fand ich großartig. Wo bekommst Du sonst solche Raritäten geschenkt?!

Ich interessiere mich grundsätzlich weniger für Gläser, als vielmehr für historische, oft kleine oder seltene Artikel. Dazu gehören Streichhölzer der 1960er Jahre oder ein Aschenbecher von Mitte der 1940er Jahre mit dem Aufdruck "Schultheiss über 100 Jahre". Auch eine der originalen Kutscher-Mützen, die früher von den Brauerei-Fahrern getragen wurden, findet sich im Museum. Außerdem habe ich verschiedene Schultheiss-Schriftstücke in meiner Sammlung.

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Aschenbecher aus den 1940er-Jahren

Foto: © Winfried Zenk

Die Schultheiss-Brauerei ist soeben 180 Jahre alt geworden. Gab es dieses bekannte Ortsvorsteher-Emblem für die Brauerei, den „Schultheiß“, schon immer?

Nicht ganz, aber fast: Die Brauerei wurde 1842 vom Apotheker August Heinrich Prell in Berlin gegründet. 1853 übernahm Jobst Schultheiss das Geschäft. Aufgrund seines Namens lag es nahe, einen „Schultheiß“ als Erkennungszeichen zu nehmen. Der Schultheiß ist so eine Art Bürgermeister oder Ortsvorsteher – und so liegt auch dem Schultheiss’schen Schultheiß eine goldene Regierungskette um den Hals. Seit den 1850er Jahren hat sich dieses Emblem nur um Nuancen geändert.

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Kneipenecke im Schultheiss-Museum

Foto: © Winfried Zenk

Wie nutzt Du eigentlich Dein Schultheiss-Museum?

Ich verbringe hier gerne meinen Feierabend, kann im Museum gut entspannen, oft gemeinsam mit meiner Frau. Ich entdecke dann selbst immer wieder etwas Neues. Das Museum ist also für mich auch ein Rückzugsort.

Ich nutze den Ort aber auch für gewerkschaftliche oder politische Treffen. Im Wahlkampf 2021 haben wir hier an den SPD-Kandidaten im Wahlkreis Pankow für den Bundestag, Klaus Mindrup, die „Blankenburger Erklärung“ überreicht. Darin hat ein Bündnis aktiver Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter industrie- und gesellschaftspolitische Forderungen formuliert.

Zur 180-Jahr-Feier der Brauerei im November dieses Jahres waren unter anderem Klaus Mindrup und der Berliner Parlamentspräsident Dennis Buchner im Museum. Am Ende kam ein stattlicher Spendenbetrag zugunsten der Björn-Schulz-Stiftung in Pankow zusammen.

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Dennis Buchner, Berliner Parlamentspräsident, Winfried Zenk und Klaus Mindrup bei der 180-Jahr-Feier im Schultheiss-Museum.

Foto: © Anke Birus
 
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Winfried Zenk gibt seltene Sammlerstücke, die mehrfach vorhanden sind, gegen eine großzügige Spende an die Björn-Schulz-Stiftung ab.

Foto: © Winfried Zenk

Lässt sich eine Verbindung von Deiner Schultheiss-Sammelleidenschaft und Deinem gewerkschaftlichen Engagement ziehen?

Also man kann schon sagen, dass ich beides mit vollem Einsatz mache. Sonst hätte ich ja nicht so viele Aufgaben übernommen: Mitglied im Bezirksvorstand, Vorsitzender der Ortsgruppe Reinickendorf, ehrenamtlicher Arbeitsrichter.

Auch als Betriebsratsvorsitzender lasse ich zum Beispiel nicht locker, wenn ich mich mit dem Arbeitgeber wieder streite, um eine Betriebsvereinbarung noch zu verbessern. Ich könnte es mir sicher manchmal einfacher machen. Aber dann wird mir wieder klar, dass ich etwas bewegen will – und das gelingt nur mit voller Kraft.

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Für Winfried Zenk ist sein privates Schultheiss-Museum ein Rückzugsort nach der Arbeit.

Foto: © Anke Birus

Interview: Susanne Schneider-Kettelför