Michelin

Um Kahlschlag zu verhindern: IGBCE und Betriebsräte erarbeiten Alternativen für Michelin-Werke: „Wir sind nicht bereit, falsche Weichenstellungen zu akzeptieren, die Tausenden die Existenzgrundlage nehmen.“

Um den geplanten Kahlschlag bei Michelin zu verhindern, haben IGBCE und Betriebsräte Alternativkonzepte für die Werke des Reifenherstellers erarbeitet. „Durch diese alternativen Konzepte kann der Stellenabbau deutlich reduziert werden und die Werke des Reifenherstellers können erhalten bleiben“, sagt Matthias Hille, Konzernbetreuer der Gewerkschaft IGBCE. „Wir können darin überzeugend darlegen, dass die vom Michelin-Konzern geplanten Schließungen und der drastische Personalabbau mit dem Wegfall von insgesamt mehr als 1.500 Stellen nicht nur sozial unverantwortlich, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen inakzeptabel wären“, so Hille. Die Konzepte sehen die Bildung von Kompetenzzentren und höher spezialisierten Fertigungen vor, um im Wettbewerb besser bestehen zu können sowie die Zusammenlegung von Werken und die Reduktion der Beschäftigtenzahl, um Kosten zu senken. 

Michelin-Reifen
Foto: © iStockphoto/sandsun

Der französische Reifenhersteller hatte Ende November vergangenen Jahres angekündigt, die Produktion an deutschen Standorten bis Ende 2025 schrittweise einzustellen. Von dem Stellenabbau wären mehr als 1.500 Beschäftigte betroffen. Nach den Plänen des Unternehmens sollen die Werke in Karlsruhe und Trier bis Ende 2025 geschlossen werden, in Homburg soll die Produktion von Neureifen und Halbfertig-Produkten eingestellt werden und das Kundenzentrum von Karlsruhe nach Polen verlagert werden. Als Gründe dafür nannte das Unternehmen den Import von Lkw-Billigreifen aus Niedriglohnländern und steigende Produktionskosten.

Nach der Ankündigung Michelins haben die Arbeitnehmervertretungen der betroffenen Standorte gemeinsam mit der IGBCE und der TBS gGmbH die Unternehmensplanung hinterfragt und anschließend gemeinsam mit den Belegschaften Alternativen zu dem beabsichtigten personellen Kahlschlag in Deutschland erarbeitet. Der Wirtschaftsausschuss des Gesamtbetriebsrats hat am Freitag, den 9. Februar gemeinsam mit der IGBCE den Unternehmensvertretern diese Ergebnisse vorgestellt. 

Lukas Kopaczewski, Betriebsratsvorsitzender des Werks Karlsruhe, betont, dass der Standort bereits im Jahr 2025 CO2 neutral produzieren könne: „Es wäre wirtschaftlicher Unfug, das innovative Werk Karlsruhe komplett stillzulegen und auf das einzigartige Wissen und Potenzial unserer Belegschaft zu verzichten.“ Er schlägt stattdessen vor, den Standort mit reduzierter Belegschaft fortzuführen, eine Talentschmiede zu etablieren und sich im Bereich der Leicht-LKW und LKW-Reifen weiter zu spezialisieren. 

Gleiches gelte für den Bereich des Customer Contact Centers, so Jens Neubauer, Betriebsratsvorsitzender des Vertriebs, der Logistik und den Zentralbereichen: „Meine Kolleginnen und Kollegen haben eine jahrelange, teils jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit unseren Kundinnen und Kunden und Produkten, aber auch mit den speziellen und komplexen IT-Systemen. Bei der geplanten raschen Verlagerung nach Polen sind Erfahrungsverluste und Auswirkungen auf unsere Kundinnen und Kunden wohl unvermeidbar.“

Vergleichbare Ergebnisse ergab die Analyse für die Wulstkernfertigung im Werk Trier. Der Betriebsratsvorsitzende Stefan Bungert berichtet, dass das Werk in Trier in allen wesentlichen Kennzahlen deutlich besser liege als andere Standorte in Europa mit vergleichbarer Produktion. Zusätzlich weise es die mit Abstand niedrigsten Herstellungskosten bei bester Qualität auf. Der Vorschlag des Trierer Betriebsrats beinhaltet unter anderem, das Werk als Betriebsteil von Bad Kreuznach zu führen und zusätzlich als Kompetenzzentrum zur Wulstkernherstellung auszubauen.

Für Homburg, den größten der drei betroffenen Standorte forderte der dortige Betriebsratsvorsitzende, Hans-Joachim Jordan, die weitere Stärkung und den Ausbau der Runderneuerung von LKW-Reifen, sowie die Fortführung der Neureifenproduktion und der Abteilungen Halbfertigprodukte mit reduzierter Mannschaft bei einer klaren Fokussierung auf die anspruchsvollen Reifendimensionen. „Michelin produziert in Homburg auf den modernsten Anlagen der Welt LKW-Reifen. Diese Anlagen nicht weiter zu nutzen, verstößt gegen jede wirtschaftliche Vernunft“, fasst Jordan die Ergebnisse der wirtschaftlichen Analyse zusammen.

Das Management von Michelin will in den nächsten Wochen die alternativen Vorschläge der Arbeitnehmervertreter „ergebnisoffen“ prüfen. Das nächste Treffen der Verhandlungskommissionen ist für Anfang März geplant. 

„Wir sind offen für Gespräche über alle vernünftigen Möglichkeiten zur Kostenreduzierung an den deutschen Standorten, auch wenn damit ein Personalabbau verbunden sein sollte“, so Matthias Hille. Er fordert das Unternehmen zum Dialog auf und betont: „Wir sind aber nicht bereit, falsche wirtschaftliche Weichenstellungen zu akzeptieren, die mehr als 1.500 Kolleginnen und Kollegen und deren Familien die Existenzgrundlage nehmen würden.“