Tarifrunde eröffnet: Verhandlungen für 40.000 Beschäftigte in der Papierindustrie nach offenem Schlagabtausch vertagt

Keine Einigung: IGBCE und Arbeitgeber haben heute in Fulda nach hitzigen Diskussionen die erste Bundestarifverhandlung für die rund 40.000 Beschäftigten in der Papier erzeugenden Industrie vertagt.

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Nach der Wirtschaftsdebatte der beiden Seiten zeigt sich IGBCE-Verhandlungsführer Frieder Weißenborn ernüchtert: „Die Arbeitgeber müssen uns nicht erzählen, wie teuer alles geworden ist. Jede und jeder muss gerade mehr zahlen. Deshalb brauchen unsere Kolleginnen und Kollegen jetzt auch dringend mehr Geld im Portemonnaie.“ Der Papierbranche gehe es gut, sie habe in den vergangenen Corona-Jahren unglaublich gut verdient, der Umsatz sei gestiegen und die Auslastung der Kapazitäten sei sehr hoch. Gleichzeitig würden die Papierunternehmen durch die von Gaskommission vorgestellte Gaspreisbremse bei ihren Kosten voraussichtlich bald mehr entlastet als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die Papiergewerkschaft IGBCE fordert in der diesjährigen Tarifrunde eine deutliche Steigerung der Vergütungen um einen tabellenwirksamen Festbetrag rückwirkend zum 1. Oktober 2022. Dieser soll unter Beachtung der Preissteigerungsrate die Kaufkraft der Mitglieder sichern. Außerdem soll die Attraktivität der Schichtarbeit durch die Verdopplung der Durchfahrzulage gesteigert werden. Die Durchfahrzulage erhalten Beschäftigte, die im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb arbeiten. Derzeit liegt sie bei fünf Prozent. Die IGBCE-Tarifkommission will sie in dieser Tarifrunde auf zehn Prozent verdoppeln.

Im Schnitt arbeiten zwei Drittel der Beschäftigten in den Papierfabriken im Schichtsystem. „Gerade in diesem Bereich herrscht Personalnotstand, die Arbeitgeber finden keine Leute mehr.“ Die IGBCE wolle deshalb für die besonders belasteten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Schichtdienst nachhaltig etwas tun. „Es müsste auch das ureigene Interesse der Arbeitgeber sein, diesen Beschäftigten etwas zu bieten“, betont Weißenborn. 

Die Branche der Papier erzeugenden Industrie ist breit gefächert: Rund 3000 verschiedene Papiersorten gibt es, unterteilt in vier Bereiche. Mehr als die Hälfte aller Papiere wird für Verpackungen produziert. Grafische Papiere machen mit Zeitungen und Zeitschriften rund 32 Prozent aus. Hygienepapiere, also etwa Toilettenpapier und Küchenrolle, haben einen Anteil von sieben Prozent an der Gesamtproduktion. Zu technischen und Spezialpapieren (sechs Prozent an Papierproduktion) zählen zum Beispiel Papiere für Etiketten, Teebeutel oder Zigaretten. Zu den größten Betrieben der Branche gehören der Hersteller grafischer Papiere UPM, der Hygieneartikelproduzent Essity Operations und Schoeller Technocell.   

Weiter verhandelt wird nächste Woche Mittwoch (26. Oktober) im hessischen Sulzbach.