Ludwigshafen

Stephan Güldner neuer Vorsitzender der Vertrauensleute

Mit viel Engagement und einer Portion Respekt im Gepäck hat Stephan Güldner sein neues Amt angetreten. Seit dem 23. Januar 2024 ist der 50-Jährige der neue Vorsitzende von mehr als 1100 Vertrauensleuten der BASF SE.  

Stephan Güldner, Vorsitzender der Vertrauensleute der BASF SE
Foto: © privat

Das ist allerdings kein Neuland für den gelernten Energieelektroniker: Bereits seit 2003 ist Güldner BASF-Vertrauensmann, seit 2017 fungierte der Ludwigshafener als Stellvertreter von René Dillmann, der sich jetzt, nach 13 Jahren in diesem Amt, in den Ruhestand verabschiedet hat. „IGBCE inside BASF“ sprach mit dem frischgewählten Vorsitzenden.  

Wie fühlt es sich an, der neue Vorsitzende von mehr als 1100 Vertrauensleuten zu sein? 

Güldner: Ich trete als Vorsitzender – wie eigentlich schon immer in meiner Laufbahn als Vertrauensmann – mit einer gesunden Portion Respekt an neue Aufgaben heran. Denn es ist immer ein Unterschied, so ein Amt während Schönwetter innezuhaben oder wie im Moment, während dieser zahlreichen Krisen. Ich bin mir deshalb der Verantwortung ganz genau bewusst, die gerade in Anbetracht dieser herausfordernden Zeiten auf mich zu kommen.  

Was genau sind deine Aufgaben? 

Güldner: In meiner Funktion als Vorsitzender bin ich unter anderem der Repräsentant aller gewerkschaftlichen Vertrauensleute. Wir VL-Vorsitzenden der Chemieunternehmen, beispielsweise von Roche oder Merck, tauschen uns auf bundesweiter Ebene untereinander aus. Zudem präsentiere ich als Vorsitzender die Vertrauensleute der BASF über die Grenzen der Stadt Ludwigshafen hinaus.  

Möchtest du in Zukunft als Vorsitzender der Vertrauensleute etwas ändern? Und wenn ja, was? 

Güldner: Wir haben in den vergangenen Jahren innerhalb der Gewerkschafts-Organisation und mit Unterstützung des IGBCE-Gewerkschaftssekretärs Michael Porschen wieder angefangen, die Rolle der Vertrauensleute zu stärken. Diese Entwicklung begrüße ich und diese gilt es, gemeinsam mit meinem Team, fortzuführen und auszubauen.  

Die BASF steuert durch schwierige Zeiten: Einsparmaßnahmen, enorme Energiekosten, Anlagenschließungen und Ausgliederungen, wie gehst du als Vorsitzender mit dieser Situation um? 

Güldner: Ein ehemaliger Meister von mir hat mir einst vier Schritte mit auf den Weg gegeben: Ruhe bewahren, analysieren, nachdenken, handeln. Danach richte ich mich auch heute noch. In dieser Position muss man rational an die Dinge herangehen. Auf keinen Fall sollte man in eine hochemotionale Stimmung verfallen, das führt zu nichts. Besser ist es, alles beobachten, Netzwerke aktivieren und sich anschließend austauschen. Dieser Austausch auf allen Ebenen innerhalb des Werkes hilft, sich ein Gesamtbild zu verschaffen und dann gemeinsam mit dem Team und mit der Gewerkschaft alles zu analysieren und Lösungswege zu erarbeiten.  

Was ist aktuell für dich die größte Herausforderung? 

Güldner: Aktuell ist die größte Herausforderung das Thema Energie. Hier ist es bisher noch zu keiner Einigung zwischen der chemischen Industrie und der Politik gekommen. Das war auch der Grund, warum wir in Ludwigshafen mit über 8000 Anilinern für einen Brückenstrompreis auf die Straße gegangen sind. Denn für uns bedeuten die hohen Energiekosten hier am Standort, dass unsere Arbeitsplätze gefährdet sind. Deshalb brauchen wir auch so dringend eine neue Standortvereinbarung. 

Durch die Krise kommen doch sicher mehr Belastungen auf die Vertrauensleute zu? 

Güldner: Natürlich! Da werden beispielsweise Betriebe geschlossen und Menschen müssen neu vermittelt werden. Diese Maßnahmen bewirken, dass gewohnte Dinge weggespart werden und das beunruhigt und ängstigt die Beschäftigten. In solchen Fällen sind wir, die Vertrauensleute, die ersten Ansprechpartner vor Ort. Oftmals landen dann die ganzen Emotionen erst einmal mit voller Wucht bei uns. Solche Gefühle und die Prozesse gilt es dann in Ruhe zu begleiten und zu betreuen sowie klärende Gespräche mit verantwortlichen Vorgesetzten zu führen.  

Wirken sich die Einsparmaßnahmen auch auf das Amt der Vertrauensleute aus?  

Güldner: Durch die aktuellen Krisen und die damit verbundenen Maßnahmen steigt natürlich auch der Druck und die Anforderungen an die Vertrauensleute. Sie haben viel mehr zu tun als in ruhigen Zeiten. Denn häufig werden strategische Entscheidungen getroffen – ob im Labor oder in den Werkstätten – ohne mit den Betroffenen im Vorfeld zu sprechen und auf deren Erfahrung zurückzugreifen. Dabei sind sich die Verantwortlichen gar nicht bewusst, was es bedeutet, wenn an einer Stellschraube gedreht wird und welche Folgen das für den gesamten Betrieb haben kann. Hier ist es Aufgabe der Vertrauensleute, Betriebsrat und Unternehmen zu hinterfragen, ob die Entscheidungen und die damit verbundenen Veränderungen auch wirklich bedacht worden sind und auf eventuelle Nachteile für die Beschäftigten hinzuweisen. Deshalb sollten meiner Meinung nach die Vertrauensleute frühzeitig in die Veränderungsprozesse mit eingebunden werden.  

In diesem Jahr stehen auch noch die Tarifverhandlungen an, welche Erwartungen knüpfen die VL-Leute daran? 

Güldner: Wir brauchen dringend den Inflationsausgleich. Denn wenn wir immer weniger Geld zur Verfügung haben, wird weniger konsumiert und die Wirtschaft läuft noch weniger an. Ein Kreislauf, der nur schadet und keinem Vorteile bringt. Daneben spielen auch Arbeitszeit und Arbeitsplatzgarantie bei den kommenden Verhandlungen eine Rolle.  

Die Rufe danach, dass nur noch IGBCE-Mitglieder von den Tariferfolgen profitieren sollen, werden immer lauter. Wie stehst du dazu? 

Güldner: Das ist gut so, denn wir möchten etwas für unsere Mitglieder erreichen und darum wird das ein Bestandteil der Tarifverhandlungen sein.  

Was wünscht du dir für deine Amtszeit? 

Güldner: Ich freue mich, dass die VL-Leute, trotz der zahlreichen Krisen in den vergangenen Jahren, aktiv mit dabei sind und mich dadurch ein ganzes Stück weit mit unterstützen. Ich wünsche mir weiterhin so engagierte und motivierte Vertrauensleute, die uns im Team mit nach vorne bringen.