Chemie-Tarifrunde 2024

Regionale Verhandlung ergebnislos unterbrochen

 Im IGBCE Landesbezirk Westfalen ist die erste regionale Tarifrunde am 23. April 2024 für die 41 500 Beschäftigten in der Chemischen- und Pharmazeutischen-Industrie ergebnislos unterbrochen worden. Die Standpunkte in der wirtschaftlichen Debatte liegen noch sehr weit auseinander und die Arbeitgeber sehen keinen Spielraum für eine Entgelterhöhung. Die Tarifkommission der IGBCE sieht allerdings keinen Grund, von ihrer Entgeltforderung von 7 %, der Vorteile für ihre Mitglieder und der Modernisierung des Bundesentgeltrahmentarifvertrages abzurücken.
 

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Foto: © Leo Kölzer

Systematisch reden die Arbeitgeber die Branche schlecht, obwohl die dafür vorgesehenen Instrumente in den Tarifverträgen selten in Anspruch genommen werden. „Natürlich ist die Situation derzeit in der chemischen- pharmazeutischen Industrie äußerst unterschiedlich. Es gibt Unternehmen mit sprudelnden Gewinnen und solche mit einer herausfordernden wirtschaftlichen Situation. Das ist aber kein Grund die ganze Branche in Schutt und Asche zu reden, wie die Arbeitgeber dies gerade machen”, so Thomas Meiers Verhandlungsführer Westfalen. Überwiegend geht es den Unternehmen gut und Dividendenausschüttungen für Aktionäre*innen bestimmen die reale Lage. „Wer auf den Bilanzpressekonferenzen der Unternehmen herausragende Ergebnisse und Boni für die Manager verkündet, darf die Beschäftigten nicht vom wirtschaftlichen Erfolg abkoppeln. In so einer Zeit von Nullrunde und Krisenabschluss zu sprechen ist ein Unding und gefährdet die Sozialpartnerschaft“.

„Unsere Mitglieder setzen sich unermüdlich im Unternehmen und außerhalb für gute industrielle Rahmenbedingen ein und bewahren den sozialen Frieden im Unternehmen durch die Gestaltung betrieblicher Veränderungsprozesse. Der Wohlstand beruht auf den Erfolgen unserer Mitglieder“.
Eine allumfassende Krise sieht aus Sicht der IGBCE anders aus und der Anteil der Personalkosten am Umsatz liegt in der Chemie bei weniger als einem Achtel. Es sind also andere Faktoren, die die Kosten der Unternehmen treiben. „Wir erwarten von den Arbeitgebern Realitätssinn und kein Krisengejammer“.
Die wichtigste Investition der Unternehmen ist die in ihre Fachkräfte. „Eine funktionierende Sozialpartnerschaft lebt davon, dass es auch in schwierigen Zeiten gelingt, faire tarifliche Lösungen zu finden und nicht in einer Einbahnstraße mündet“, so Thomas Meiers.

Neben der Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen will die IGBCE in diesem Jahr die Tarifbindung über einen besseren Organisationsgrad gesteigert sehen. Das lässt sich unter anderem mit tariflichen Vorteilen für Gewerkschaftsmitglieder erreichen. Die IGBCE fordert deshalb tarifliche Regelungen für besseren Schutz und Arbeitsplatzsicherheit für ihre Mitglieder. Die zuletzt in den Tarifregionen dazu geführten Gespräche brachten in den vergangenen Monaten keine Fortschritte, eher das Gegenteil.
Der weitere Forderungspunkt umfasst zudem die Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags (BETV). „Hier herrscht ein gewaltiger Modernisierungsstau“, sagt Thomas Meiers. Der BETV stamme aus dem Jahr 1987, kenne noch nicht mal Bachelor und Master, habe viel zu komplizierte Regelungen bei Höhergruppierungen und umfasse inzwischen viele Akademikerinnen und Akademiker nicht mehr. Zu den weiteren Hemmnissen gehört eine längst überholte Unterscheidung zwischen kaufmännischen, technischen und Meistertätigkeiten sowie weitere Änderungen.
Über den weiteren Verlauf der Tarifverhandlungen wird erst nach Durchführung aller regionalen Tarifverhandlungen der Landesbezirke durch die Verhandlungsführer der IGBCE entschieden. Den Arbeitgebern bleibt noch Zeit ihre Haltung zu ändern.

Im Einzelnen fordert die IGBCE:

  • Erhöhung der Tabellenentgelte und Ausbildungsvergütungen um 7% zur Stärkung der Kaufkraft
  • Tarifliche Regelungen für besseren Schutz und Arbeitsplatzsicherheit für unsere Mitglieder
  • Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags zur Verbesserung der Attraktivität und Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Mitglieder