Zukunft europäisch denken

Soziale Konditionierung! Öffentliche Mittel müssen an konkrete Bedingungen geknüpft werden. Die europäische Gewerkschaftsbewegung ist sich einig: Es braucht mehr Mitbestimmung in den europäischen Unternehmen. Die europäische Förderung und Mittelvergabe muss an die Bedingung der Mitbestimmung und Tarifbindung geknüpft werden.

Sozialen Dialog stärken: Ein europäischer Rahmen für die Arbeitsbedingungen in verschiedenen Branchen, das verhandeln die Sozialpartner in sektoralen Dialogen aus. Die von der Europäischen Kommission angekündigte Stärkung dieses Ansatzes muss mit einer verlässlichen und ausreichenden Finanzierung einhergehen. Für uns braucht es nun konkrete Maßnahmen und die feste Einbindung der Sozialpartner.

Unterhaken aller Demokrat*innen in Europa gegen rechte, nationalistische, rassistische und antisemitische Bestrebungen, die in der EU Fuß fassen wollen. Diese Kräfte wollen Abschottung statt einer gerechten Transformation und Modernisierung der Industriestandorte in einem globalen Weltmarkt – kein gangbares Szenario für exportstarke Chemie und viele andere Industriebranchen. Als Gewerkschafter*innen kennen wir erprobte Mittel dagegen: Mehr Mitbestimmung, gute Jobs und vor allem Bildung für Jobs im Übergang!

Bezahlbare Energie für Bürgerinnen und Bürger durch eine grundlegende Reform des Energiemarktes

Vernetzung: Infrastrukturen ausbauen und die Regionen unterstützen, deren Energieinfrastruktur massiv modernisiert werden muss. Denn: Zur Energiesicherheit gehört kein marodes, sondern ein modernes, integriertes Energieinfrastruktursystem, das den Austausch zw. den EU-Ländern verbessert, Schwankungen und Knappheiten ausgleicht sowie für Industrie und Verbraucher*innen Sicherheit bietet und letztlich Preisschwankungen zu vermeiden hilft.

Konkret braucht es für ein europäisches Energiesystem: Mehr Interkonnektoren, die den Energieaustausch zwischen den Staaten verbessern, Anreize und konkrete Regulierungen für eine Modernisierung und Ausbau der Netzinfrastruktur inkl. Wasserstoff, sowie CO2-Leitungen. Wir müssen unsere Marktmacht bündeln und einen europäischen H2-Einkauf anstreben und gleichzeitig den Produktionshochlauf für (grünen) Wasserstoff befeuern. Ziel ist ein Level-Playing-Field für europäische Unternehmen mit harmonisierten Produktionsbedingungen.

Brücke für EU-Industrie: Hohe Energiepreise stellen die energieintensiven Industrien unter enormen Druck. Hier muss eine Brücke geschaffen werden, bevorzugt über einen europäischen Industriestrompreis. Solange dieser nicht umgesetzt werden kann, muss auf alternative Modelle zurückgegriffen werden, um die Betriebskosten (CAPEX) zu senken, beispielsweise über doppelseitige Contracts for Difference (CfDs) zu einheitlichen Konditionen. Auch hier gilt: Standortsicherung und soziale Konditionierung sind hier Pflicht.

Energie-Solidarität in der EU durch Schaffung einer Energie-Union: Darin kann Energie auch EU-gefördert vor allem dort erzeugt werden, wo viel Wind & Sonne ist, während gleichzeitig Regionen dort profitieren. Mittelfristig ist dieses Ziel nur zu erreichen mit starken Übertragungsnetzen und gleichzeitiger Standortsicherung (ohne Carbon-Leakage); dazu gehört auch der gemeinsame Einkauf, etwa von Gas – wozu im Zuge des Angriffskriegs Russland bereits der erste Schritt getan wurde

Investitionen anreizen und dabei verlässlicher, aber auch einfacher in den Verfahren werden. Wichtig dabei ist: Bürokratieabbau heißt nicht Abbau von Arbeitnehmer*innenrechten.

Finanzierung stärken: Eigene Gelder mobilisieren für einen Transformationsfonds; die Europäische Investitionsbank muss aktiver werden und Transformationstechnologien stärker fördern, beispielsweise über deutliche Zinserleichterungen bei der Bereitstellung von Kapital.

IPCEIs müssen ausgeweitet und vereinfacht werden – damit sie auch für kleine Unternehmen nutzbar sind.  IPCEIs sind transnationale wichtige Vorhaben, die von einem gemeinsamen europäischen Interesse sind. Diese Projekte werden dann von der EU staatlich gefördert.

Wir brauchen eine EU-Carbon-Management Strategie, die den Weg für CO2-Abscheidung, Speicherung und Transport europäisch und grenzübergreifend effizient ermöglicht.

Kreislauf & Green Chemicals: Wir wollen unabhängiger von weniger Lieferländern werden und brauchen eine bessere Rohstoffverfügbarkeit, so kann die Kreislaufführung gelingen. Für eine Stärkung dieses Ansatzes auf europäischer Ebene macht die EU bisher nur zaghafte Schritte. Für uns als IGBCE geht es um das Ziel der Schließung des CO2-Kreislaufs in der Produktion, was das chemische und das enzymische Recycling als ergänzende Recyclingverfahren technologieoffen umfasst. Die Nutzung des Biomassepotentials auch für Chemie- und Pharmaindustrie muss ermöglicht werden.

Unabhängiger und belastbarer durch industrielle Gesundheitswirtschaft: Wir ziehen Schlüsse aus der Corona-Pandemie und fordern daher eine starke industrielle Gesundheitswirtschaft, die einen gleichberechtigten Zugang zu Arzneimitteln ermöglicht und die Europa auch in kommenden Krisen Handlungsspielraum gibt, etwa mit Blick auf die Arzneimittelversorgung. Wir unterstützen den Erhalt der Schutzsysteme für geistiges Eigentum, allerdings sollten Tarifbindung, Mitbestimmung und Standortsicherung Voraussetzung für längeren Unterlagenschutz und Marktexklusivität sowie bei der Weiterentwicklung des EU-Vergaberecht sein. Das darf auch in der Preisgestaltung berücksichtigt werden: EU-Herstellung mit Guter Arbeit und dem Nachweis über umweltverträgliche Herstellungsbedingungen können als Preis-Kriterien gelten.

REACH-Revision: Diese ist nötig, muss aber ausgewogen sein. Ein Bruch von Wertschöpfungsketten ist zu vermeiden bei der ‘Operation am offenen Herzen’: die geplante Einführung eines generischen Ansatzes ohne Berücksichtigung der sicheren Verwendung bei der Bewertung von Stoffen, der Abkehr von ihrer wissenschaftlichen Bewertung sowie neue, allerdings nach wie vor unklare Definitionen (Essential Use, Safe and Sustainable by Design) und neue Gefahrenklassen. Wir fordern die Revision in enger Abstimmung mit dem Transition Pathway.

Keine voreiligen & undifferenzierten Verbote: Einzelne Chemikalien ohne Alternativen sollten nicht pauschal verboten werden. Bei den PFAS-Stoffen braucht es eine klare Unterscheidung zwischen gefährdenden Stoffen, um Menschen zu schützen, und zwischen dem professionellen Einsatz. Hier geht es vor allem um vorhandene und die Entwicklung von Zukunftstechnologien, die bestehende Arbeitsplätze sichern und ein Baustein der Transformation sind.