Urteil

Mobiles Arbeiten: Initiative erlaubt!

Die neuen Regelungen für Betriebsräte sehen eine Mitbestimmung bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit vor, ein Initiativrecht ist aber nicht verankert. Das Landesarbeitsgericht Köln hat allerdings ein Urteil getroffen, das eine Erweiterung nahelegt.

Computer - Mobiles Arbeiten

Im Zuge der Corona-Pandemie ist das Thema Mobiles Arbeiten in den Fokus gerückt - natürlich auch für Betriebsratsgremien. 

Foto: © IG BCE / Colourbox

Die neuen Regelungen für Betriebsräte sehen eine Mitbestimmung bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit vor (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG). Danach hat der Betriebsrat kein sogenanntes „Initiativrecht“ bei mobiler Arbeit, er kann es nicht vor der Einigungsstelleerzwingen. Das Landesarbeitsgericht Köln hatte noch vor Inkrafttreten der Neuregelungen einen Fall zu mobiler Arbeit zu entscheiden, der trotzdem eine Erweiterung nahe legt. Ob es eine ist? Wir schauen genauer rein.

Worum ging es? 

In einem Unternehmen arbeiteten seit Beginn der Pandemie einige Beschäftigte mobil außerhalb der Betriebsstätte – bislang ohne Betriebsvereinbarung. Um Details zur Arbeitszeit, zum Arbeitsschutz und weitere Aspekte der mobilen Arbeit zu regeln, beschloss der Betriebsrat gerichtlich beim Arbeitsgericht Köln ein Einigungsstellenverfahren einzufordern, nachdem die Verhandlungen mit der Arbeitgeberin gescheitert waren. Die Arbeitgeberin war der Meinung, der Betriebsrat könne nicht aus eigener Initiative eine Betriebsvereinbarung fordern. Das Unternehmen beabsichtige keine dauerhafte Ermöglichung mobiler Arbeit. Ein Initiativrecht für mobile Arbeit bestehe nicht. Die Arbeitgeberin konnte in erster Instanz das Gericht überzeugen, dass der Antrag zu unbestimmt und damit unzulässig sei und erhielt in erster Instanz recht. Daraufhin hat der Betriebsrat Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln eingereicht und stellte diverse Hilfsanträge.

Was wurde entschieden?

Das LAG bestätigte in Teilen das Urteil des Arbeitsgerichtes, entschied aber im Kern, dass der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen kann. Das Gericht führte aus, dass im Grundsatz erzwingbare Mitbestimmungsrechte immer auch Initiativen des Betriebsrats begründen. Soweit das Mitbestimmungsrecht nicht nur eine „abwehrende“ Funktion habe, könne der Betriebsrat eine Regelung anstreben und die Einigungsstelle anrufen. Mitbestimmung – so die Richter explizit – bedeutet gleiche Rechte für beide Teile. Sobald die Arbeitgeberin von sich aus bestimmten Arbeitnehmer*innen eine Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte gestattet, dann begründet die Gestaltung dieser Arbeitsplätze und Einbindung dieser Arbeitnehmer*innen in die Betriebsabläufe den notwendigen kollektiven Bezug für das Entstehen der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidung, wer mobil arbeiten darf, individuellen Besonderheiten Rechnung getragen habe, so das Gericht. Der kollektive Bezug ist gegeben, sobald einige Beschäftigte mobil arbeiten dürfen.

Was muss der Betriebsrat aus Sicht der IG BCE beachten?

Nach dem neuen Paragraf 87 Absatz 1 Nr. 14 des Betriebsverfassungsgesetzes (durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz neu eingefügt) besteht dem Wortlaut nach keine Mitbestimmung beim „Ob“ der mobilen Arbeit. Die Arbeitgeberin verneint hier ein „Initiativrecht“. Darum geht es auch – anders als die Arbeitgeberin meint – in diesem Fall nicht. Denn was ist passiert? Die Arbeitgeberin setzt Fakten und bestimmt damit gerade einseitig über das „Ob“. Dann kann der Betriebsrat natürlich die Initiative (das ist aber gerade nicht das Initiativrecht!) ergreifen und seine Rechte wahrnehmen.

Aber hat der Betriebsrat vielleicht trotzdem ein Initiativrecht? Teilweise schon. Das LAG weist richtigerweise darauf hin, dass das Betriebsverfassungsgesetz umfassende weitere Mitbestimmungsrechte zu Arbeitszeit und Arbeits- und Gesundheitsschutz einräumt. Geregelt werden kann mit einem Initiativrecht zum Beispiel auch ein abweichender Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit bei mobiler Arbeit. Es gibt also auch weitere korrespondierende Rechte, die strategisch genutzt werden können.

LAG Köln 23.4.2021, Az.: 9 TaBV 9/21