IGBCE Bezirk Alsdorf

Kampfansage gegen Hass: Martin Schulz ruft zum entschlossenen Widerstand auf!

Als Medienbeauftragter unseres Bezirks stehe ich oft vor der Herausforderung, komplexe und bedeutungsvolle Reden zu analysieren und zusammenzufassen. Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, die leidenschaftliche Rede von Martin Schulz zu hören, und ich muss gestehen, dass ich mich schwer damit getan habe, sie angemessen zusammenzufassen. Jeder Punkt und jede Nuance erschienen mir enorm wichtig, und ich fühlte, dass es unmöglich war, auch nur einen Aspekt zu vernachlässigen. In solchen Momenten wird einem bewusst, wie tiefgreifend und kraftvoll eine Botschaft sein kann, und man lernt, sie in vollem Maße zu würdigen. Daher präsentiere ich euch die Rede von Martin Schulz unzensiert.

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Foto: © Herbert Fibus

Liebe Gäste, liebe Bürgerinnen und Bürger von Alsdorf, ich danke für die freundliche Begrüßung. Aber bei allen Posten, die ich begleitet habe, war der schönste natürlich, den ich bekleidet habe, tut mir leid, Bürgermeister Alfred Sonders (Bürgermeister der Stadt Alsdorf), da musst du jetzt durch. Dass ich der Bürgermeister der wunderbaren Stadt Würselen war, in deren Schatten sich ja Aachen relativ gut entwickelt hat, Alsdorf auch, Alfred, vielen Dank für die Einladung, dass ich zu euch sprechen darf.

Meine Vorredner haben viele wichtige Dinge gesagt, die ich jetzt nicht wiederholen werde. Aber eine Sache ist völlig klar: Wenn man nach vorne schaut und wenn wir nach unserer Demokratie schauen, dann muss man den Rechtsextremisten, die immer für sich reklamieren, dass sie eigentlich das Volk seien, mal sagen, dass in einer Demokratie eine Partei, die 15 % erringt oder meine Partei zum Beispiel die SPD, hatte in den aktuellen Umfragen, was ich sehr bedauerlich finde, zurzeit 15 %. Das bedeutet, dass 85 % der Menschen uns nicht wählen würden. Wie kann dann eine Partei, die 13 % hat, also 87 % der Menschen die AfD nicht wählen, würden, für sich reklamieren, sie würde das Volk repräsentieren? Nein, sie repräsentieren einen Teil. Sie repräsentieren nur einen Teil des Volkes. Bei diesen Rechtsextremisten muss man sagen, dass die überwältigende Mehrheit, zwischen 85 und 90 % der Menschen dieses Landes, mit ihnen nichts zu tun haben wollen. Die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes stehen zu unserer Demokratie. Aber zu unserer Demokratie gehört, dass nicht eine einzelne Partei für sich reklamieren kann, nur wir präsentieren das Volk. Nein, Henrik Schmitz ist ein Landtagsabgeordneter der CDU. Die stellvertretende Städte-Regions-Vertreterin ist von den Grünen. Ich bin ein Sozi. Hier sind sicherlich auch andere, die wählen andere Parteien, andere demokratische Parteien. Das wesentliche Element der Demokratie ist der Kompromiss. Wir werden am Ende in der Demokratie nur dann miteinander leben können, wenn drei Prinzipien herrschen: Respekt, Toleranz und Würde. Respekt vor dem anderen. Respekt vor den Menschen. Respekt vor dem Individuum. Toleranz gegenüber der anderen Meinung. Und Respekt und Toleranz sind in der Kombination die Grundvoraussetzung für ein würdiges Leben zusammen. Ich kann nur in Würde mit anderen Menschen zusammenleben, wenn ich Individualität respektiere. Wenn ich ihren Lebensstil respektiere. Wenn ich ihre Meinung respektiere, ich muss Sie nicht teilen. Ich kann anderer Meinung sein. Aber sie haben das Recht, eine andere Meinung zu haben. Und die Demokratie, Zerstörer, das sind die, die diejenigen, die behaupten, nur meine Meinung zählt, alle anderen Meinungen sind falsch. Erstens sind solche Leute unbelehrbar. Das wäre für sich genommen noch nicht schlimm, aber sie sind gefährlich, weil derjenige, der den Anspruch erhebt, ich zuerst, erhebt auch den Anspruch. Alle anderen hinterher. Und das ist das Gegenteil von einem würdigen Zusammenleben. Wir können in unserer Demokratie unterschiedlicher Meinung sein, na klar kann ich mit der Bundesregierung unzufrieden sein, na klar kann ich sagen, die Ampel ist Mist oder kann sagen die Opposition die bringt des nicht, na klar man kann auch sagen ich ärgere mich, dass wenn die Bahn nicht kommt, na klar ich ärgere mich auch, oder wenn ein Flugzeug verspätet ist oder wegen gestreikt wird oder was auch sonst oder bei anderen Schwierigkeiten, die wir im Alltag haben, aber kein einziges dieser Probleme rechtfertigt nicht, dass ich irgendeinen anderen Menschen in seiner Würde verletze oder herabwürdige. Unzufriedenheit rechtfertigt keinen Hass. Und da will ich zwei Sachen noch mal rausgreifen, die schon mal erwähnt wurden (ein kleines Mädchen wurde gelobt, sie hatte ein Plakat, worauf stand: “Jeder Mensch ist wertvoll”) das sehe ich genauso. (das kleine Mädchen kam mit ihrer Mutter auf die Bühne, die lautstark von den Demonstranten applaudiert wurde) Martin führt weiter fort, aus einer Analyse der letzten Monate, die ich in Auftrag gegeben habe. Möchte ich eine Zahl zitieren: Unter den Menschen, die wir befragt haben, die in der Nähe der Rechtsextremisten verfochten sind, haben wir die Frage gestellt, also nicht unter der Bevölkerung generell, sondern unter potentiellen Wählerinnen und Wähler einer rechtsextremistischen Partei: Glauben Sie, dass es wertvolleres oder weniger wertvolles Leben gibt? Und auf diese Frage haben immerhin 9 % geantwortet, es gibt weniger wertvolles Leben. Und in einer solchen Situation hat Herr Baltes ja an die Opfer auch hier in Alsdorf erinnert, als in einem Artikel von 1940 stand, dass es 9 männliche und 5 weibliche Juden gibt, was ja nichts anderes hieß, die sind auch bald weg. In einem Land, wo Menschen mit Behinderungen getötet worden, weil man ihr Leben für lebensunwert erklärt hat, das war staatliches Gesetz über die Vernichtung von unwertem Leben, gibt es 9 % einer Gruppe, die sich dieser einen Partei verbunden fühlen, die sagt ja, es gibt wertvolles und weniger wertvolles Leben, und das finde ich in diesem Zusammenhang mit der Remigrationsfantasie der AfD, was ja nichts anderes heißt, als wir eröffnen Auswanderungsbüros, das gab es ja schon mal, musst dich registrieren lassen und dann wirst du außer Land geschafft, wenn du nicht groß, blond, blauäugig bist, wenn man dir ansieht, dass deine Vorfahren nicht von deutscher Natur waren, wirst du ausgewiesen. Du kannst im deutschen Bundestag die Uhr stellen, im Landtag wahrscheinlich auch, bei Reden der AfD, das dauert 1 Minute, 2 Minuten, dann sind die bei der Migration, die Migranten sind an allem schuld, die Migranten sind die Ursache aller Probleme, und der Mechanismus, der dahinter steckt, ist der alte faschistische Mechanismus, die es immer gegeben hat: Wir haben die Probleme, weil es die gibt. Wenn es die nicht gäbe, hätten wir diese Probleme nicht. Also müssen die weg, damit die Probleme verschwinden. Das ist ein ganz zinker Mechanismus. Und in einer solchen Situation sagen 9 %, eventueller Wähler dieser Partei, es gibt weniger wertvolles Leben. Nie wieder ist jetzt ist nicht genug, das ist absolut richtig, auf keinen Fall dürfen diese Leute in diesem Land eine Verantwortung übernehmen, das ist unsere gemeinsame demokratische Aufgabe. Und dann haben die einen herausragenden Politiker in Thüringen, der ist Geschichtslehrer, dieser Mann von Beruf, da mal zum Thema: Wenn Lehrer eine gemeinsame Verantwortung haben, da wünsche ich mir Lehrer wie die zwei, die hier mit mir auf der Bühne stehen, denn solche Lehrer können wir gebrauchen. In einer solchen Situation sagt dieser Mensch, es ist schon mal erwähnt worden, Elisabeth hat das erwähnt, dass das Holocaust-Denkmal in Berlin ein Mahnmal der Schande, sagt er. Wir brauchen eine 180° Wende in der Erinnerungskultur, was das bedeutet, dass Leute wie Herr Dr. Baltes (er hielt vor Martin Schulz eine Rede und erklärte den Anwesenden die Tragödien jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in Nazi Deutschland hier in Alsdorf lebten) ihre Reden hier nicht halten sollten, denn das ist Nestbeschmutzung, nein, Leute. Wir bringen das jetzt mal auf einen Punkt: Diese Partei ist keine Alternative für Deutschland, sie ist eine Schande für die Bundesrepublik, und deshalb bin ich dankbar, dass ich hier ein paar Worte sagen kann. Der Kampf, den wir als Demokraten und Demokratinnen führen müssen, ist ein Kampf, dem wir nicht nur in Deutschland führen. Die Rechtsextremisten, die autoritären Regime, sind auf dem Vormarsch, weltweit. Und wohin Rassenhass und Großmachtfantasien und wohin Vernichtungsfantasien, und der Blutrausch, der damit verbunden ist, führen, haben wir nirgendwo mehr gesehen wie bei uns in unserem Land, und haben andere Völker hier in Europa massiv unter uns leiden müssen. Wir feiern am 23. Mai den 75. Jahrestag des Grundgesetzes und am 9. Mai 1950, nach der Verkündung des Grundgesetzes, wurde die junge Bundesrepublik Deutschland, die noch nicht ein Jahr alt war, in die europäische Gemeinschaft aufgenommen als gleichberechtigtes Mitglied mit Belgien, Niederlande, Luxemburg, Italien und Frankreich. Unser verklärter Blick zurück übersieht das, dass das umstritten war. Als Deutschland Mitglied der Montanunion werden sollte, gab es in Belgien, in Holland, in Luxemburg, Frankreich und Italien Demonstrationen, die dagegen waren. Auf der anderen Seite der Grenze gab es viele Menschen, die sagten: Moment mal, die sind hier einmaschiert, die haben hier alles plattgemacht, die haben meinen Vater ermordet, die haben meinen Bruder getötet, die haben unser Haus zerstört, und die sollen jetzt die… Ja, das haben wir alle vergessen. Es gab in den Ländern Leute, die ihren Bürgerinnen und Bürgern gesagt haben: Wenn Europa jemals Frieden haben will, dann muss Deutschland eine Demokratie werden. Dieses Land in der Mitte des Kontinents mit seiner wirtschaftlichen, ökonomischen und politischen Macht ist gefährlich, wenn es keine Demokratie ist. Dadurch wurde Deutschland Mitglied einer europäischen Völkergemeinschaft, die die Herstellung der deutschen Einheit 1990 als ein Projekt in unserer Verfassung verankert haben. Im selben Grundgesetz steht drin Art. 23, damit der Deutschen Einheit geändert wurde. Die Bundesrepublik Deutschland ist verpflichtet, an der Vertiefung der europäischen Einigung mitzuwirken. Das hat Verfassungsrang in unserem Land, und ich empfehle eigentlich jeden, den Älteren brauch ich das nicht zu sagen, aber den Jüngeren: Vergleicht das vergangene Jahrhundert 1900 bis 1950 mit den Jahren 1950-2000, vergleicht diese beiden Hälften des 20. Jahrhunderts, die erste Hälfte, die ersten 50 Jahre, die waren geprägt von Hass, Intoleranz, Unterdrückung, Krieg, Vertreibung, Folter, Vergasung, und die zweite Hälfte war aufgebaut auf die Idee, dass Staaten und Nationen über Grenzen hinweg zusammenarbeiten, auf der Grundlage von Respekt, Toleranz und Würde. Diese zweite Hälfte hat für meine Generation und für viele, die ich hier sehe, zu einer Wohlstands- und Friedensperiode geführt, die dieser Kontinent vorher nie hatte. Und da gibt es jetzt eine Partei, die schreiben in ihrem Parteiprogramm, in ihrem Europa-Wahlprogramm: Europa muss sterben, damit Deutschland lebt. Das steht im Wahlprogramm. Diese Partei, die AfD, ist verfassungsfeindlich, und wir müssen unsere Verfassung vor denen schützen. Es ist notwendig, dass wir hier heute zusammenkommen. Nach den Potsdamer Enthüllungen ist es wichtig, dass es keine singulären Ereignisse sind, dass die Mobilisierung anhält, denn eins ist auch so: Minderheiten, die aggressiv sind, sind laut, lautstark, und erwecken den Eindruck, das kann man im Netz sehen, sie würden die Diskussion beherrschen, und die schweigende Mehrheit, die in Wirklichkeit die überwältigende Mehrheit ist, tut nichts. Deshalb ist das das, was wir heute hier machen. Deshalb danke ich den Organisatorinnen und Organisatoren, denn es ist extrem wichtig. Denn es gibt einen Satz eines englischen Philosophen, eines Philosophen des 17. Jahrhunderts, der hat folgenden Satz gesagt: “Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun” Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Wir können uns das angesichts der Situation nicht erlauben, nichts zu tun. Das muss kontinuierlich weitergehen. Die müssen spüren, ihr seid in der Minderheit, und ich will auch als Appell an alle Demokraten, demokratischen Parteien in unserem Land sagen, unabhängig von vielen unterschiedlichen Auffassungen, die wir haben, die wir im Alltag haben, muss eins klar sein: Die demokratischen Parteien müssen gemeinsam sagen: Die werden dieses Land niemals regieren. Du kannst ihnen deine Stimme geben, aber du wirfst sie weg, weil die werden dieses Land niemals regieren, wenn wir das zeigen, dass wir als Demokraten und Demokratinnen, unabhängig von unseren unterschiedlichen Auffassungen. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn ich mit den Kollegen hier anfangen würde zu diskutieren, da würde es rundgehen, wie das auch richtig ist. Aber was die wollen, dass dieser Wettbewerb nicht mehr stattfindet, sondern nur noch eine einzige Meinung, und dass es ihre ist und wer nicht ihrer Meinung ist, wird ausgesondert. Das Gegenteil ist Demokratie. Deswegen müssen wir Demokraten gemeinsam dort stehen und sagen: Mit denen niemals. Es gibt für mich hier das wird viele nicht überraschen ein großes Vorbild in meiner Politik Willy Brandt, der auch übrigens hier auf diesem Denkmalplatz oft gesprochen hat, in seiner Regierungserklärung von 1969 den folgenden Satz gesagt hat zitiert, den viele Ältere kennen, der Satz gebrannt hat 1969 in der Regierungserklärung: “Wir wollen einen Freund, der guten Nachbarn sein nach innen und nach außen.” Was ist ein Volk der guten Nachbarn? Die guten Nachbarn sind Nachbarn, auf die du dich verlassen kannst. Gib mir deine Schlüssel deiner Wohnung, wenn du in Urlaub fährst. Die guten Nachbarn, das sind die, die dich nehmen so wie du bist, weil die wissen, du akzeptierst die. Gute Nachbarn, das sind die von dem das Sprichwort sagt: “Freunde sind die, die kommen, wenn alle anderen gehen.” Gute Nachbarn sind die, auf die wir zählen können, weil die dich tolerieren, weil die dich respektieren. Eine Gesellschaft, die so organisiert ist als Freund, gute Nachbarn, ist auch als Nation in der Lage, auch andere Nationen in guter Nachbarschaft zu leben. Deshalb glaube ich, wenn wir heute noch mal darüber nachdenken, was ist die Essenz unseres demokratischen Verfassungsstaates, dann ist es Art. 1 unserer Verfassung, die Würde des Menschen, ist unantastbar. Das ist im Prinzip das, worum es geht, aber Papier ist geduldig. Der Art. 1 muss mit Leben gefüllt werden. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wie setzt man das in den Alltag um, ganz einfach: Lass uns ein Volk der guten Nachbarn sein, auf der Grundlage von Respekt, Toleranz und Würde.

Die Worte von Martin Schulz erinnern uns daran, dass die Grundwerte unserer Gesellschaft und Demokratie niemals selbstverständlich sind. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, für Respekt, Toleranz und Würde einzustehen und extremistischen Ideologien entschieden entgegenzutreten. Indem wir uns als gute Nachbarn und verlässliche Partner zeigen, können wir eine friedliche und inklusive Gesellschaft aufbauen. Lasst uns gemeinsam die Würde des Menschen schützen und für eine demokratische Zukunft eintreten, in der jeder Mensch wertgeschätzt wird und gleiche Rechte genießt.

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