PFAS-Chemikalien

IGBCE gegen pauschales Verbot

Die IGBCE hat ihre Position zum PFAS-Beschränkungsvorschlag der EU vorgelegt: Die Gewerkschaft stellt sich gegen ein pauschales Verbot der Produktion und Verwendung von PFAS-Chemikalien in Europa. Stattdessen setzt sie sich für eine differenzierte Vorgehensweise bei der Regulierung der Substanzen und stärkere Anstrengungen bei der Forschung nach Alternativen ein.

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Die IGBCE unterstützt uneingeschränkt die EU-Ziele für Nachhaltigkeit sowie den Schutz der Menschen und Umwelt vor den Risiken durch Chemikalien. Sie warnt jedoch vor einem pauschalen Verbot der PFAS-Stoffe, wie es gerade in der EU diskutiert wird. Denn ohne diese wasser-, fett- und schmutzabweisenden sowie hitzebeständigen Chemikalien kann kein E-Auto, kein Herzschrittmacher und kein Windrad produziert werden. Die per- und polyfluorierten Chemikalien (PFAS) finden sich außerdem in vielen Alltagsprodukten wie Pfannen, Kosmetik oder Regenjacken. Nach den Plänen der EU-Kommission soll die Produktion, der Vertrieb und die Nutzung von PFAS-Stoffen und -Artikeln künftig verboten werden, da sie sich in der Umwelt anreichern.

Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis betont: „Ein pauschales PFAS-Verbot würde sich in ganz erheblichem Umfang auf unsere Form des Wirtschaftens und damit auch auf die Beschäftigung in unseren Branchen auswirken.“ Dringend benötigte Chemikalien seien dadurch nicht mehr auf dem europäischen Markt verfügbar und innovative Zukunftstechnologien könnten nicht entwickelt werden – mit massiven Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Europa. „Nicht nur das Erreichen der Energiewende wäre gefährdet, sondern auch viele andere dringend notwendige Einsatzmöglichkeiten, unter anderem in der Elektrotechnik, der Chemie und der Medizin wären betroffen.“

Der aktuell vorliegende Beschränkungsvorschlag der EU-Chemikalienagentur ECHA zu PFAS-Substanzen umfasst etwa 10.000 Stoffe, die in unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden und die aufgrund ihrer sehr verschiedene Eigenschaften als Hochleistungswerkstoffe eingestuft werden. Diesem breiten Produktspektrum werde der Beschränkungsvorschlag nicht gerecht, so die IGBCE. Unter anderem wären davon auch die für viele Verwendungen unverzichtbaren Fluorkunststoffe betroffen. Nach OECD-Definition fallen aber beinahe alle diese Kunststoffe in die Kategorie der Polymere mit einem geringen Risiko für die menschliche Gesundheit und Umwelt. „Die PFAS-Gruppe darf auf keinen Fall als eine einheitliche homogene Stoffgruppe betrachtet werden“, fordert Vassiliadis entsprechend. Bei der Bewertung und Regulierung der riesigen Chemikalien-Gruppe müsse differenziert werden.

Außerdem setzt sich die IGBCE dafür ein, die verschiedenen Einsatzbereiche zu berücksichtigen. Dafür muss definiert werden, unter welchen Bedingungen und in welchen industriellen Prozessen eine Verwendung angemessen ist. Gleichzeitig müssen auch die Auswirkungen auf den Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz betrachtet werden. Für gesellschaftsrelevante und notwendige Anwendungen müssten Ausnahmeregelungen gelten, die eine längere Suche nach Ersatzstoffen erlaubten. Generell müsse die Forschung im Bereich neuer Materialien und Stoffe deutlich verstärkt werden. Vassiliadis unterstreicht deshalb: „Wir müssen nach Alternativen suchen, um weiterhin Zukunftstechnologien am Standort Deutschland zu entwickeln und gleichzeitig Umwelt und Klima zu schützen.“ Das brauche jedoch mehr Zeit. Die Gewerkschaft fordert deshalb, die Fristen für den Übergang in bestimmten Anwendungsbereichen zu verlängern. Je nach Anwendung sind in dem Beschränkungsvorschlag Übergangsfristen von 18 Monaten bis zu dreizehneinhalb Jahren vorgesehen.

Kürzlich haben auch große deutsche Industrieverbände vor einer Gefährdung der EU-Klimaziele bei einem umfassenden Verbot der sogenannten Ewigkeits-Chemikalien gewarnt. Ohne PFAS-Chemikalien ließen sich Schlüsseltechnologien auf dem Weg zur Klimaneutralität nicht produzieren, hieß es in einer Mitteilung von Autoindustrie (VDA), Maschinenbau (VDMA) sowie Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI).  Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck plädiert für einen differenzierten Umgang mit der Chemikaliengruppe. 

Die Pläne für eine strengere PFAS-Regulierung resultieren aus der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit der EU-Kommission. Am 25. September endet die öffentliche, sechsmonatige Konsultationsphase. Dann werden die zuständigen Gremien der EU-Chemikalienagentur ECHA das mögliche PFAS-Verbot beurteilen. Die Entscheidung wird schließlich die Europäische Kommission gemeinsam mit den EU-Mitgliedsstaaten treffen.

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