Webtalk zu Gleichstellung@work

Mehr Frauen in Führung

Die Hälfte aller Frauen erreicht einen Hochschulabschluss, doch nur ein Drittel aller Führungspositionen ist weiblich besetzt. Das novellierte Führungspositionen-Gesetz (FüPoG) soll dem Thema „Frauen in Führung“ neuen Schub geben. Im Webtalk diskutierten Karin Erhard, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands, Monika Haag, Mitglied des Bundesfrauenausschuss und Betriebsrätin der BASF SE, und Marion Hackenthal, Abteilungsleiterin Frauen/Gleichstellung, welche Maßnahmen erforderlich sind, damit wir in dieser Frage einen Durchbruch erzielen und wofür sich die IG BCE einsetzt.

Frauentag

Frauen in Führung

Foto: © iStock10361595 Yuri Arcurs

Frauen in Führungspositionen zu bringen ist die logische Konsequenz, weil Frauen die Hälfte der Gesellschaft stellen und somit auch Anspruch auf alle Rollen in der Gesellschaft haben. Einiges hat sich zwar getan, aber nach wie vor fehlen Frauen in den Spitzenpositionen. Auch Klischees halten sich hartnäckig. Karin berichtet von ihren Erfahrungen. Als sie vor dreißig Jahren auf eine mögliche Quote angesprochen wurde, kam ihr das absurd vor. Sie meinte, dass junge, engagierte, selbstbewusste Frauen keine Quote brauchen. Heute bewertet sie das ganz anders und setzt sich für die Novelle des FüPoG ein.

„Wir brauchen die Quote in Aufsichtsräten und Vorständen als Vorbild, als Schablone. Das Vertrauen in Unternehmen allein reicht nicht, das zeigt sich in der Quote Null bei vielen für die Aufsichtsräte“, betont Erhard. Im FüPoG II seien nicht alle Aspekte berücksichtigt, die die IG BCE im Rahmen der Evaluation des FüPoG I eingebracht habe, führt Marion Hackenthal aus. "Zum Beispiel forderten wir die Quote von 30 Prozent für Aufsichtsratsmandate in paritätisch mitbestimmten Unternehmen."

Rahmenbedingungen sowie die gesetzliche Regelung sind wichtig und richtig, aber es müssen auch die betrieblichen Gegebenheiten geschaffen werden.
Die Perspektive eines Branchenriesen vermittelt Monika Haag. Seit Februar gibt es unter den sechs Vorstandsmitgliedern der BASF SE eine zweite Frau. Wichtig sei ihr, Frauen auf allen Ebenen weiterzuentwickeln, sie für die Branche zu begeistern und geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Vor zehn Jahren gab es in Ludwigshafen in den Schichten selten Frauen. Heute entwickelt sich das, es gibt nicht nur mehr weibliche Beschäftigte, sondern auch immer mehr Frauen in den Schichtführungs- und Meister*innenebenen und Betriebsleitungen. Rahmenbedingungen wie Betriebsvereinbarungen zur Teilzeitförderung oder Instrumente wie Job Sharing sind wichtig und müssen konsequent gelebt werden.

Das Thema muss kontinuierlich auf den Tisch, fordert Erhard: „Wir brauchen gesetzliche Regelungen und Instrumente im Betrieb, die die Umsetzung gleichstellungspolitischer Themen fördern und sie sichtbar machen.“ Daher gibt es Überlegungen, Ergänzungen im Betriebsverfassungsgesetz vorzunehmen, um Gleichstellungsinitiativen und -gremien in Betrieben zu installieren. Diese Gremien sollen sich fortlaufend mit der Gender-Perspektive befassen, von Einstellungspolitik über Fördermaßnahmen bis hin zu gleichberechtigter Bezahlung.

Gender Pay Gap - leider immer noch Realität.

Marion Hackenthal weist darauf hin, dass je höher die Qualifikation, desto größer das Gender Pay Gap sei. Analysen zeigen, dass es bei Hochqualifizierten bei etwa 20 Prozent liegt. Beim Gender Pay Gap geht es nicht nur um die Frage schlechterer Bezahlung nach der Berufswahl. Frauen sind nicht nur in Berufen tätig, die per se schlechter bezahlt sind, sondern sie gehen auch eher in Teilzeit als Männer und machen die Care Arbeit. In den Bereichen, in denen es Tarifverträge gibt, ist das Gender Pay Gap geringer, aber eine gewisse Differenz bleibt.

Care Arbeit – hier sind wir alle gefordert, gemeinsam am Thema „Partnerschaftlichkeit“ zu arbeiten. Es ist eine Aufgabe für uns alle auch daheim zu schauen, wie wir mit der Partnerschaftlichkeit umgehen und wie die Verteilung von Care Arbeit aussieht. "Hier können wir selbst an den Klischees arbeiten", meint Karin Erhard.

Die Kultur ist entscheidend

Das sogenannte „Gläserne Decke“ steht in einem engen Zusammenhang mit der vorherrschenden Kultur im Unternehmen. Faktoren, wie die Förderung von Netzwerken oder Tabu-Zeiten für Meetings, können den Weg von Frauen in Führung bahnen. In vielen Situationen wählen wir in unserer Denkstruktur die Person aus, die uns am nächsten steht. Wenn das Unternehmen männlich geprägt ist, hat das die entsprechenden Effekte.

Stereotype spielen eine Rolle bei der Einstellung, und dabei, wie ich mich im Unternehmen entwickle, wer mich fördert, wie ich meine Stärken darstellen kann. Da die Führungskultur in vielen Unternehmen männlich geprägt ist, können wir das nur durchbrechen, wenn wir uns auch unter diesen Konstellationen auf die Führungspositionen trauen, uns mit unserer Art und Weise durchsetzen und damit die Kultur im Unternehmen nach und nach verändern.

Sprache ist wichtig: Frauen und Männer verwenden Sprache unterschiedlich, so dass ein Bild beim Gegenüber entsteht, das Rollenverhalten bestätigt. Wir brauchen Schulungen in Unternehmen, die diese Sprach- und Denkmuster aufgreifen, ein Bewusstsein dafür schaffen und gegenseitiges Verständnis. Dann haben Frauen ganz andere Chancen sich darzustellen. Ein sehr wichtiges Thema mit Blick auf die Zukunft. Netzwerke sind wichtig und auch entsprechende Programme. Daran arbeiten wir gemeinsam in unseren Strukturen und Gremien.

Weitere Informationen

Gleichstellungspolitisches Programm 2020
Foto: © IG BCE
Gleichstellungspolitisches Programm
Unser Aktionsplan für die kommenden Jahre

"Wir setzen uns dafür ein, die Gleichstellung von Frauen und Männern voranzubringen. Dafür entwickeln wir einen Aktionsplan – unsere Selbstverpflichtung für die kommenden vier Jahre!"