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Erste Chemie-Tarifverhandlung ergebnislos

Catharina Clay: „Überzogene Blockadehaltung ohne jeden Grund." 

Tarifverhandlungen in Baden-Württemberg
Foto: © Klaus Landry

Die heutige (24. April) erste Tarifverhandlung für die rund 73.000 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Baden-Württemberg endete ergebnislos. Verhandlungsführerin und Landesbezirksleiterin Catharina Clay wies die Argumentation der Arbeitgeber entschieden zurück: „Diese Blockadehaltung ist völlig überzogen! Die Branchenumsätze liegen weiter auf hohem Niveau, die Energiepreise normalisieren sich. Die Auftragsbücher sind durchaus gefüllt", ordnet Clay ein. "Zudem erwarten unsere Mitglieder für den bewährten Betriebsfrieden endlich die versprochene Wertschätzung in Zeit oder Geld durch unseren Sozialpartner."

„Trotz der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage sind höhere Entgelte dringend erforderlich. Ein Plus von sieben Prozent hilft, die Reallöhne vor den Auswirkungen der Inflation zu schützen und die Kaufkraft unserer Mitglieder zu erhalten“, so Clay.

Inflationsausgleichprämien haben zeitlich nur kurzfristig gewirkt

Aus Sicht der Arbeitgeber soll der vergangene Tarifabschluss vom Oktober 2022 mit zweimal 3,25 Prozent Plus und insgesamt 3000 Euro steuer- und abgabenfreier Inflationsausgleichsprämie dafür gesorgt haben, die massiven Preissteigerungen über die Laufzeit von 20 Monaten auszugleichen. „Das war aber eben nicht von Dauer. Die Wirkung der Einmalzahlungen ist inzwischen verpufft“, so Clay.

„Mehr Geld in den Taschen der Beschäftigten hilft, den Binnenkonsum zu stabilisieren und fördert das Wirtschaftswachstum. Reallohnverluste in dieser Leitindustrie werden wir nicht akzeptieren“, machte die Gewerkschafterin deutlich. "Das, was unsere Mitglieder jetzt zu Recht fordern, hat Hand und Fuß."

Absolut kein Grund für eine „Nullrunde“

Sie warnte den Sozialpartner davor, eine Nullrunde herbei zu reden. „Das Bild der Branche ist weitaus bunter, als die Arbeitgeber es malen. Wir verhandeln für die komplette Branche und nicht für die Schwächsten. Und insgesamt werden die Dividenden wieder reichlich fließen.“ Den Beschäftigten stehe ihr Anteil am Erfolg zu. Clay ergänzte, dass derzeit nur wenige Unternehmen von Öffnungsklauseln aus wirtschaftlicher Not Gebrauch machten. „Eine allumfassende Krise sieht anders aus.“

Forderung 1: Mehr Geld

Die IGBCE hält weiterhin an ihren beschlossenen Forderungen fest. Dazu gehören zunächst sieben Prozent höhere Entgelte. Seit 2020 ist die Inflation stärker gestiegen als die Entgelte in der Chemie. „Um diese Lücke zu schließen, braucht es jetzt ein Plus von sieben Prozent“, so Clay. Die Umsätze der Branche in Baden-Württemberg 2023 lagen mit 26,2 Milliarden Euro auf einem sehr hohen Vorjahresniveau (Quelle: Statistisches Landesamt) - und damit über der bundesweiten Entwicklung.

Forderung 2: Vorteile für Gewerkschaftsmitglieder

Neben mehr Geld will die IGBCE tarifliche Regelungen für Wertschätzung und Besserstellung ihrer Mitglieder durchsetzen. „Seit Jahren reden wir über spürbare Differenzierungsregelungen für unsere Leute, seit Jahren halten uns die Chemie-Arbeitgeber hin“, kritisiert Clay. „Wir erinnern sie an ihr Versprechen des vergangenen Tarifabschlusses.“

Forderung 3: Ein Update für den Bundesentgelttarifvertrag

Teil drei der Forderung umfasst ein Update des 1988 abgeschlossenen Bundesentgelttarifvertrags (BETV). „Eine Zeit, in der es weder Bachelor-, noch Masterabschlüsse gab. Zudem sieht die Vereinbarung zu wenige finanzielle Entwicklungsmöglichkeiten für die Beschäftigten vor“, stellt Clay fest. Auch gelte es, Entgeltbedingungen für Akademikerinnen und Akademiker sowie für außertariflich Beschäftigte tariflich abzusichern.

Zum weiteren Verhandlungsprozedere

Die regionalen Tarifkommissionen der IGBCE entscheiden nach den einzelnen Landesverhandlungen darüber, wie sich der weitere Verhandlungsverlauf gestalten wird.

Eindeutiges Bekenntnis der Sozialpartner zur Demokratie

Im Vorfeld der Tarifverhandlung gaben die Chemie-Sozialpartner ein eindeutiges Bekenntnis pro Demokratie ab: „Dort, wo es starke demokratische Strukturen gibt, werden Menschen ernst genommen und beteiligt. Als IGBCE stehen wir, nicht nur in den Betrieben, mit unseren Mitgliedern für Demokratie und Freiheit, für das Miteinander von Menschen auf Augenhöhe – ohne Rassismus, unabhängig von Herkunft, Religion und sexueller Identität ein“, betont IGBCE-Landesbezirksleiterin Catharina Clay. Patrick Krauth, Vorsitzender des agvChemie, unterstreicht die Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten für die soziale Marktwirtschaft und die Chemiebranche: „Vielfalt in unseren Betrieben, ein gutes Miteinander ohne Hass und Hetze - das ist ein Gewinn für unsere Unternehmen, und muss selbstverständlich sein im Umgang der Menschen miteinander. In der Chemie-Sozialpartnerschaft leben wir das, gemeinsam mit der IGBCE, seit vielen Jahren.”

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