2016-2023

Eine Frage der Zukunft

Die Treibhausgasemissionen erhitzen nicht nur den Planeten, sondern auch die politische Diskussion, der Aufmarsch von Truppen in Osteuropa zieht astronomische Strompreise nach sich und eine globale Pandemie trifft die Menschheit unvorbereitet. Die IGBCE fungiert in diesen harten Krisenzeiten als Stütze für ihre Beschäftigten.

Stimmen von der Conti-Demo in Hannover

Während der Corona-Pandemie trug man zeitweise sogar bei Demonstrationen Masken, wie hier bei einer Protestaktion 2020 gegen Jobabbau-Pläne bei Conti.

Foto: © IGBCE

Schwere Dürren und Waldbrände in Folge der Hitzerekorde im Jahr 2018 entflammen die Bewegung „Fridays for Future“, die die Relevanz der Klimafrage in der Politik ankurbelt. Währenddessen bringt eine Pandemie das bisher bekannte Leben aus dem Gleichgewicht: In Deutschlands Industrien stockt die Produktion, Veranstaltungen finden nicht mehr statt und der Alltag ist geprägt von Distanz und Kontaktbeschränkungen. Die vielen offenen Fragen in der Bevölkerung schlagen sich 2021 in einem Regierungswechsel von schwarz-rot zur Ampelkoalition nieder. Zukunftsängste und der Wunsch nach Sicherheit dominieren. Die IGBCE entwickelt Lösungen für die Beschäftigten in ihren Branchen, indem sie Arbeitsplätze sichert und finanzielle Auffangnetze schafft. Gegen das steigende Pflegerisiko setzt die IGBCE in der Tarifrunde 2019 eine erweiterbare Pflegezusatzversicherung durch: 450.000 Beschäftigte in der Chemie sind seitdem tariflich über CareFlex abgesichert. 

Klimawende sozial gestalten 

Energie- und Verkehrswende treiben die industrielle Transformation unter Hochdruck voran. Auf den Green Deal der EU antwortet die IGBCE - unter anderem zusammen mit dem internationalen Dachverband IndustriAll Europe – mit einer Forderung an die Regierung: Zuerst in alternative Energien zu investieren. Gleichzeitig setzt sich die IGBCE dafür ein, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern sozialverträglich geregelt wird. Mehr als 30.000 Menschen demonstrieren zusammen mit der IGBCE und erzielen tarifliche Absicherungen für die Beschäftigten der Kohleindustrie sowie die Einführung des Anpassungsgeldes (APG). Mit dieser Lohnersatzleistung wird die Zeit bis zum Renteneintritt überbrückt. 2021 wird das Ziel des deutschen Klimaschutzgesetzes verschärft und auch die CO2-Bepreisung fordert ihren Tribut: Insbesondere kleinere bis mittlere Zulieferer aus den Einflussbereichen der IGBCE stellt das vor große Herausforderungen. 

Vom analogen Virus zur Digitalisierung 

2020 legt die Corona-Pandemie in Deutschland ganze Wirtschaftszweige lahm: Plötzlich fehlen einigen Branchen wesentliche Rohstoffe. Das Konzept Kurzarbeit rettet zahlreiche Arbeitsplätze, bedeutet für viele Beschäftigte allerdings auch ein geringeres Gehalt. Schon vor der Pandemie hat die IGBCE in vielen ihrer Branchen und Betriebe ein aufgestocktes Kurzarbeitergeld vereinbart und rüstet zu Pandemiebeginn zügig nach. Chemiebeschäftigte erhalten nun 90 Prozent ihres Nettogehalts, in der Glasindustrie sind es 80 Prozent. Zudem kann die IGBCE für 130.000 Beschäftigte Vereinbarungen über Corona-Boni von bis zu 3000 Euro durchsetzen. Covid-19 stellt jedoch nicht nur vor finanzielle Herausforderungen, sondern verleiht der ohnehin voranschreitenden Digitalisierung einen zusätzlichen Schub. Mobiles Arbeiten übernimmt plötzlich eine tragende Rolle in der Arbeitswelt. Die Schulung von Beschäftigten, Bereitstellung digitaler Inhalte und die Organisation hybrider Events sind nur einige Notwendigkeiten im Umgang mit den neuen Arbeitsbedingungen, die durch die Unterstützung der IGBCE möglich sind. 

Die neue Zeitgestaltung 

Als Resultat der Pandemie und des damit einhergehenden mobilen Arbeitens ist die Work-Life-Balance immer mehr in den Fokus gerückt. Der Wunsch nach Entlastung und Zeitsouveränität als Gegenstrom zur wachsenden Arbeitsverdichtung betrifft die jüngeren Generationen noch mehr als ältere. Mithilfe einer betrieblich festgelegten Wochenarbeitszeit zwischen 32 und 40 Stunden und einer gestaffelten Arbeitszeitreduzierung hilft die IGBCE, gegenzusteuern: Seit der Tarifrunde Chemie Ost 2017 gilt in den östlichen Bundesländern das Potsdamer Modell. Der Angleichungsprozess der Wochenarbeitszeiten zwischen den Tarifbereichen Ost und West bis 2023 wird dadurch eingeleitet, und Beschäftigten im Tarifbereich Chemie Ost wird ermöglicht, persönliche Belange und Arbeitszeitanforderungen miteinander in Einklang zu bringen. Für die Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie hat die IGBCE außerdem ein Zukunftskonto erstritten. Darin ist die Möglichkeit, ein jährliches Guthaben für bis zu fünf Tage zusätzlicher Freizeit zu verwenden oder in finanzieller Form anzusparen, verankert. Ergänzend zur Zeitsouveränität lässt sich das Zukunftskonto auch als Antwort auf die Frage nach finanzieller Sicherheit im Alter verstehen. 

Krieg im Osten befeuert die Inflation 

Anfang 2022 startet Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Bereits pandemiebedingte Lieferengpässe bei hoher Nachfrage sorgten für erhöhte Preise bei Lebensmitteln und anderen Konsumgütern. Seit Beginn des Ukrainekonflikts wächst nun zusätzlich die Angst vor Lieferengpässen bei Energieträgern wie Öl, Erdgas und Kohle – der Druck auf die Strom- und Gaspreise ist enorm. Das Embargo der EU gegen russisches Öl und der Stopp der Gaslieferungen aus Russland führen dazu, dass die Energiepreise explodieren. Das ist insbesondere für die energieintensiven Branchen der IGBCE eine schwere Last. Um die Konkurrenzfähigkeit energieintensiver Unternehmen sichern, fordert die IGBCE Strom- und Gaspreisbremsen. 2023 organisiert die Industriegewerkschaft bundesweit rund 200 Aktionen, bei denen insgesamt 30.000 Beschäftigte Druck für einen Brückenstrompreis machen. 

Tarifliche Erfolge

Neben tariflichen Inflationsgeldern und der Erhöhung der Jahresleistung auf 100 % des tariflichen Monatseinkommens handelt die IGBCE auch eine Verdopplung des Urlaubsgeldes aus. Seit 2019 zahlen Arbeitgeber in der Chemieindustrie 40 € Urlaubsgeld pro Tag, seit 2020 gilt das auch für die Papierindustrie. Für die Beschäftigten in der chemischen Industrie hat die IGBCE seit 2016 insgesamt 19,7 Prozent mehr Gehalt erreicht.