23. April 2024

Chemietarifrunde im Norden ergebnislos vertagt

Die heutige Tarifverhandlung über krisengerechte Einkommenserhöhungen für IGBCE-Mitglieder und einen modernen Entgelttarifvertrag für die rund 86.000 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Norddeutschland endete ohne Ergebnis.

Die Verhandlungen starten
Foto: © Daniel Krist

Die Tarifkommission Chemische Industrie Nord und der Arbeitgeberverband für die chemische Industrie ChemieNord diskutierten im Radisson Blu Hotel in Hannover intensiv die aktuelle wirtschaftliche Lage und erläuterten ihre Positionen, kamen jedoch zu keinem Ergebnis. Den Forderungen der IGBCE-Tarifkommission nach einer krisengerechten Einkommenserhöhung und einer Besserstellung für Gewerkschaftsmitglieder erteilten die Arbeitgeber eine klare Absage. Lediglich über die Modernisierung des Entgelttarifvertrags wurde Bereitschaft signalisiert. 

Rückkehr zum Status Quo bei den Reallöhnen

Trotz der hohem Energiepreise, die die Wettbewerbsfähigkeit stark beeinträchtigen, ist die Exportquote der chemischen Industrie kaum gesunken. Damit stelle die Branche unter Beweis, dass sie weiterhin in der Lage sei, wettbewerbsfähige Produkte herzustellen und auch zu verkaufen, so Ralf Becker. Darüber hinaus konstatieren Wirtschaftsanalysten und Institute, dass die Talsohle durchschritten sei. „Dass genau jetzt die Arbeitgeber behaupten, es gebe keinen Verteilungsspielraum und man hätte keine Ressourcen für einen Tarifabschluss, ist beschämend“, empörte sich Becker und führte fort: „Sieben Prozent in der jetzigen Zeit ist eine krisengerechte Forderung und bedeutet schlicht die Rückkehr zum Status Quo bei den Reallöhnen. Ich kann und will nicht akzeptieren, dass Dividenden steigen und an die Aktionäre ausgezahlt werden, aber die Beschäftigten leer ausgehen sollen.“

Ralf Becker untermauerte die Forderung nach einer Besserstellung von IGBCE-Mitgliedern: „Wir schließen unsere Tarifverträge nur für Mitglieder ab und haben nichts dagegen, wenn ausschließlich sie Nutznießer dieser Tarifverträge sind.“ Er forderte „eine klare Differenzierung zwischen denen, die unsere Sozialpartnerschaft stärken und den Trittbrettfahrern.“ Messbare Vorteile können beispielsweise mehr Freizeit, mehr Geld oder eine bessere soziale oder gesundheitliche Absicherung für Gewerkschaftsmitglieder sein.   

Um die Chemieindustrie für Fachkräfte noch attraktiver zu gestalten und damit zu stärken, fordert die IGBCE eine Modernisierung des Entgelttarifvertrag. Denn er sei in Teilen „nicht mehr praxisgerecht und sorgt inzwischen für Ungerechtigkeiten im System“, führte Ralf Becker aus.  

Ralf Becker, Verhandlungsführer und Landesbezirksleiter: „Ich bin enttäuscht darüber, dass unsere Forderung, zwischen Mitgliedern und Trittbrettfahrer zu differenzieren, kein Verständnis fand. Auf unsere Forderung nach einer Entgelterhöhung von sieben Prozent wurde kein konkretes Angebot vorgelegt. Die Positionen der Arbeitgeber lagen zwischen Nullrunde und moderater Erhöhung. Die nächste Tarifrunde wird spannend, denn wir werden keinen Tarifvertrag ohne eine deutliche Entgelterhöhung unterschreiben.“

 Britta Kraus, Betriebsrätin Federal Mogul und Mitglied der regionalen IGBCE-Tarifkommission 

„Dass die Arbeitgeber unserer Forderung nach einer krisengerechten Entgelterhöhung eine klare Absage erteilt haben, empört mich. Wenn sie ihre Haltung nicht ändern, sehe ich die Sozialpartnerschaft in Gefahr. Es wird von Krise gesprochen, von Nullrunde, und nicht gesehen, dass Arbeitnehmende durch die enorm gestiegenen Verbraucherpreise auch im Krisenmodus leben. Das heute Gehörte muss ich morgen den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb erklären. Wir werden die Ärmel hoch krempeln und den Druck im Betrieb erhöhen. Wir sind bereit, für die Tarifforderungen zu kämpfen.“

Falls du die Videos nicht sehen kannst, klicke bitte hier (Statement Ralf Becker) oder hier (Stimmen aus der Tarifkommission).