6. Ordentlicher Gewerkschaftskongress der IG BCE / Martin Schulz

„Arbeiterbewegung braucht europäische Einigung mehr denn je“

Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat sich auf dem 6. Ordentlichen Gewerkschaftskongress der IG BCE für eine Stärkung des sozialen Europas eingesetzt. „Die Arbeiterbewegung braucht die europäische Einigung mehr denn je“, sagte Schulz in seinem Grußwort am letzten Kongresstag in Hannover. „Der Kampf um die Waffengleichheit von Arbeit und Kapital ist heute mehr denn je ein Kampf um das soziale Europa.“ Er plädierte unter anderem für einen sozialen Binnenmarkt und ein einheitliches Steuersystem in der EU.

Rede Martin Schulz

Martin Schulz, SPD-Vorsitzender, zu Gast beim IG-BCE-Kongress in Hannover.

Foto: © Helge Krückeberg

Während Arbeitnehmerrechte bis heute weitgehend national organisiert seien, hätten sich Konzerne und Investoren längst global aufgestellt. „Das unterminiert unsere nationalen Schutzstrukturen“, sagte der frühere EU-Parlamentspräsident. Nur mit einer internationalen Kooperation der sozialen Kräfte lasse sich dazu ein Gegengewicht entwickeln. „Wir müssen Instrumente schaffen, um Waffengleichheit wiederherzustellen – das kann nur eine starke EU, wenn sie sozial verantwortlich geführt wird.“
Scharfe Kritik übte der SPD-Vorsitzende an der sich nach den Bundestagswahlen abzeichnenden Jamaika-Koalition. Wenn überhaupt, werde es nur Einigungen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geben. „Wenn es um gute Arbeit geht, dann habe ich jetzt schon meine Zweifel an dieser Koalition.“ Die Union wolle Tarifverträge immer nur mit Flexibilität koppeln, und die Grünen hätten industriepolitisch nichts zu bieten außer „Aussteigen, Abschaffen, Beschränken“, sagte Schulz. Die FDP könnte die Digitalisierung zur Deregulierung nutzen wollen.

„Es gibt viele, die das, was wir an Arbeitnehmerrechten in der analogen Welt erstritten haben, in der digitalen Welt mal eben unter den Tisch fallen lassen wollen“, warnte er. Der durch die Digitalisierung vorangetriebene Strukturwandel werde Jobs verschwinden lassen und neue schaffen. Entscheidend sei jedoch, dass letztere gute Jobs seien. „Die Digitalisierung darf nicht zur Präkarisierung der Arbeitswelt genutzt werden.“ So dürfe die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht dazu führen, dass die Beschäftigten „zur jederzeit für die Unternehmen verfügbaren Masse“ werden, sondern selbst mehr Souveränität über ihre Arbeitszeitgestaltung bekämen.