Tag der Arbeit

Zukunft für die Lausitz - und Deutschland

So feierte in Deutschland sonst keiner den 1. Mai: In Cottbus organisierte der DGB eine Kundgebung im Autokino. Neben Finanzminister und Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) trat als Überraschungsgast auch der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis auf.

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Überraschungsgast Michael Vassiliadis bei der DGB-Veranstaltung in Cottbus in einem Autokino. 

Foto: © Johannes Zantow

Ein bisschen ungewohnt ist es ja schon, aber die Corona Pandemie fordert neue Wege: Im Autokino in Cottbus war Vize-Kanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz Hauptredner bei der gemeinsamen Maikundgebung der DGB-Gewerkschaften. Der IG BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis hatte als Überraschungsgast einen spontanen Kurzauftritt bei der Veranstaltung.

Sauber aufgereiht stehen die rund 120 Autos nebeneinander auf dem Parkplatz des „Lausitz Park“, einem Einkaufszentrum am Stadtrand von Cottbus. Applaus von den insgesamt rund 200 Teilnehmer*innen gibt es per Lichthuper und Warnblinker, außergewöhnlichen Applaus mit einem kleinen Hupkonzert.

Die Zukunft der Region nach dem Kohleausstieg – auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie – war das große Thema der Veranstaltung. Bislang lebt die Lausitz vom Braunkohle-Bergbau. „Wir haben eine sehr, sehr harte Auseinandersetzung gehabt“, sagte Vassiliadis. „Das Ergebnis ist nicht zum Jubeln, aber es ist ein Ergebnis, das Zukunft zumindestens ermöglicht.“ Er dankte Olaf Scholz für seine Unterstützung dabei. Eine klare Position bezog er in Hinblick auf diejenigen, die die Einigung in jüngster Zeit wieder in Frage gestellt haben. Das Bundesverfassungsgericht habe gefordert, dass die Bundesregierung einen Plan mache, wie sie die Klimaschutzziele erreichen wolle. „Die einzige Branche, die einen Plan hat, ist die Kohle“, sagte Michael Vassiliadis. „Ich sehe keinen Bedarf, dass wir bei der Kohle weiter diskutieren.“

Auf die Sorge angesprochen, das Thema Pandemie und ihre Folgen könne das Thema Strukturwandel verdrängen, mahnte Michael Vassiliadis zu Besonnenheit. „Jetzt braucht es Souveränität und Ruhe, das umzusetzen, was wir in den Plänen vereinbart haben.“

Tag der Arbeit in Cottbus

Die Cottbusser Bezirksleiterin Ute Liebsch stand gemeinsam mit einer Kollegin von Verdi und einem Kollegen der NGG auf der Bühne. Sie forderte klare Konzepte für Ersatz-Industriearbeitsplätze in der Region. Zwar gebe es ein paar Projekte, etwa beim Kohleförderer Leag, um zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen. „Aber das wird nicht reichen für die vielen tausend Beschäftigten“, sagte sie. „Wir erwarten, dass die Fördermöglichkeiten zur Schaffung von Industriearbeitsplätzen verbessert werden. Wir müssen Bedingungen schaffen, dass internationale Konzerne bereit sind, in der Lausitz zu investieren.“

In einem Video-Einspieler wandte sich der Bundesvorsitzende des DGB Reiner Hoffmann an die Versammelten. Das letzte Jahr habe allen viel abverlangt. „Ohne Gewerkschaften sähe unser Land anders aus“, sagte er. Als Beispiel nannte er die Aufstockung des Kurzarbeitergelds, für das sich die Gewerkschaften stark gemacht haben. „Vor allem in Betrieben und Verwaltungen mit starken Betriebs- und Personalräten sind die Menschen besser geschützt.“ Mehr Fairness und ordentliche Löhne gebe es nur mit Tarifverträgen. Für die Zeit nach der Pandemie forderte Rainer Hoffmann ein ambitioniertes Investitionsprogramm – auch, um die Schwächen, die sich durch Corona gezeigt haben, zu beseitigen. „Die Gewerkschaften sind bereit, die Herausforderungen solidarisch anzupacken.“

Zu Solidarität angesichts der Krise rief Hauptredner Olaf Scholz (SPD) die Versammelten auf. „Die Kundgebung ist ein Zeichen dafür, dass Hoffnung da ist.“ Wichtig sei, Respekt für die Arbeit der Menschen in der Krise zu zeigen. „Beifall reicht nicht“, sagte der Vizekanzler. „Wir müssen diese Welt anders betrachten als bisher.“ Als Beispiel nannte er die Fleischindustrie. Hier gebe es endlich klare Regeln. „Was jahrzehntelang nicht ging, das geht jetzt.“ Zu Anerkennung gehöre auch, wegzukommen von sachgrundloser Befristung. „Wir brauchen ordentliche Arbeitsverhältnisse!“

In Bezug auf den Kohleausstieg sagte Scholz: „Es müssen gute und gleichwertige Arbeitsverhältnisse in den Regionen entstehen.“ Hierfür müssten die 40 Milliarden Euro eingesetzt werden, die dafür vorgesehen sind. „Was die Region in der Vergangenheit getan hat, muss auch in der Zukunft eine Rolle spielen. Energieversorgung geht auch mit neuen Technologien, und das geht auch hier.“

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Foto: © DGB
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