Monitor Digitalisierung

Wo ist die Balance?

Zum zweiten Mal hat die IGBCE eine Befragung zum Stand der Digitalisierung durchgeführt. Das Ergebnis zeigt Licht und Schatten: Viele schätzen das Homeoffice und mobiles Arbeiten – doch immer mehr Beschäftigten fällt dadurch das Abschalten vom Job schwer. 

Digitalisierung im Visier

Digitalisierung im Visier

Foto: © iStockphoto/Marco_Piunti

„Homeoffice“, sagt Kristina Pöschl, „bedeutet für mich eine ausgewogene Work-Life-Balance.“ Dieses Modell funktioniere für sie richtig gut, berichtet die 33-Jährige, die vor zwei Jahren im April ihre Stelle als Mitarbeiterin in der Qualitätssicherung (QA) bei Bayer in Bergkamen angetreten hat – und seitdem überwiegend von zuhause aus ihre Aufgaben erledigt. Mobiles Arbeiten ist in vielen Betrieben in den Branchen der IGBCE für Beschäftigte im Verwaltungsbereich nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie zur Normalität geworden – und viele können sich mit dem Dienst am heimischen Schreibtisch gut arrangieren. Das ist ein Ergebnis der Befragung im Rahmen des Monitor Digitalisierung, die die IGBCE rund um den Jahreswechsel 2021/2022 unter allen Beschäftigten in ihren Branchen durchgeführt hat – zum zweiten Mal nach 2019. 

Mehr als 11 000 Menschen aus fast 1600 Betrieben haben bundesweit daran teilgenommen und Auskunft über Digitalisierungsthemen gegeben. Knapp drei Viertel der Befragten waren Männer, 28 Prozent Frauen – das entspricht in etwa auch dem Geschlechterverhältnis in der Gesamt-IGBCE-Mitgliedschaft. „Die Ergebnisse liefern uns ein wichtiges Stimmungsbild zu den Digitalisierungsprozessen in den Betrieben“, kommentiert Francesco Grioli, im geschäftsführenden Hauptvorstand der IGBCE zuständig für das Thema Digitalisierung. „Positiv fällt auf, dass unsere Leute weiterhin eine hohe Veränderungsbereitschaft und Offenheit gegenüber dem Thema zeigen.“ 

Ergebnisse Monitor Digitalisierung

Laut der zweiten Monitor-Befragung sind rund 80 Prozent der Beschäftigten in den IGBCE-Branchen offen gegenüber Veränderungen am Arbeitsplatz, drei Viertel fühlen sich gut gewappnet für die Herausforderungen – die Zahlen liegen leicht über dem Niveau der letzten Befragung von 2019. 44 Prozent erkennen in digitalen Systemen Unterstützung und Erleichterung – deutlich mehr als noch 2019 (25 Prozent). Und das Homeoffice, für viele Kolleginnen und Kollegen in Büros das sichtbarste Zeichen eines coronabedingten Digitalisierungsschubes, kommt gut an: 47 Prozent der Befragten wollen ihren Homeoffice-Anteil gleich lassen, 37 Prozent den Anteil etwas oder stark erhöhen – und nur 16 Prozent möchten weniger mobil am heimischen Schreibtisch arbeiten.  

Allerdings zeigen sich in den Monitor-Ergebnissen auch die Schattenseiten von Homeoffice und Co.:  So kann jeder Vierte wegen der Belastung durch neue Technologien schlechter abschalten, 2019 war es jeder Fünfte. „Ein deutliches Warnsignal“, erklärt Grioli. Zurückzuführen sei das auf die ständige Erreichbarkeit in der Freizeit. „Wir fordern deswegen ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit. Zudem brauchen wir Rahmenvereinbarungen zum Arbeitsvolumen mit digitalen Systemen.“  

Auch der Anteil derjenigen, die sich in Folge der Digitalisierung ganz oder zumindest teilweise isoliert fühlen, ist von 18 Prozent auf 34 Prozent geklettert. Und zwei  Drittel der Befragten sich gar nicht oder kaum abgehängt von den innerbetrieblichen Prozessen – das bedeutet aber auch, dass mehr als ein Drittel sich abgehängt fühlt. Um diesem Prozess entgegenzuwirken, sei ein neues Verständnis von digitaler Führung und digitalen Teams notwendig, erläutert Grioli. „Wir brauchen eine neue Betriebskultur. Die Beschäftigten müssen stärker in die Entwicklung eingebunden werden.“  

Pöschl Kristina
Kristina Pöschl

Mitarbeiterin in der Qualitätssicherung (QA) bei Bayer in Bergkamen 

Robert Fröhler
Robert Fröhler

Betriebsratvorsitzender bei Gerresheimer in Regensburg

Sabine Theis Foto 2
Sabine Theis

Betriebsrätin beim Folienspezialisten Leonhard-Kurz-Stiftung in Fürth

An den Ergebnissen lässt sich zudem ablesen, dass die unternehmensinterne Kommunikation über die digitale Strategie lückenhaft ist: Die Hälfte der Beschäftigten gab in der Befragung an, kein klares Verständnis von der Digitalisierungsstrategie des eigenen Betriebes zu haben, nicht mal ein Viertel sagte, das Verständnis sei voll oder überwiegend vorhanden. Diese Werte haben sich seit 2018 kaum verbessert. Grioli fordert in diesem Zusammenhang adäquate Weiterbildungsmaßnahmen: Denn viele Beschäftigte würden sich zwar gerne qualifizieren und eine hohe Veränderungsbereitschaft zeigen. Die entsprechenden Rahmenbedingungen zu Weiterbildungen finden laut Monitor allerdings nur ein knappes Drittel der Beschäftigten in ihrem Betrieb. 

Bei einer deutlichen Mehrheit ist außerdem die technische  Ausstattung für den heimischen Schreibtisch unzureichend:  Laut dem zweiten Monitor Digitalisierung verfügen rund zwei Drittel der Befragten nicht über einen vollausgestatteten Arbeitsplatz im Homeoffice beziehungsweise bei der Telearbeit. Dabei führt fehlende Ausstattung zu gesundheitlicher und finanzieller Benachteiligung der Beschäftigten. Die Position der IGBCE dazu ist klar: Betriebskosten für eine adäquate technische Ausstattung dürfen nicht auf die Belegschaft umgelegt werden. 

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