Webtalk

Frauen zurück an den Herd?

Vielfach sind Frauen in der Corona-Krise einer doppelten Belastung aufgrund von Home-Office und geschlossenen Kinderbetreuungseinrichtungen ausgesetzt. Über mögliche Gründe und Konsequenzen haben Prof. Bettina Kohlrausch, Direktorin des WSI und Karin Erhard, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IG BCE, in einem Webtalk gesprochen.

Webtalk: Karin Bettina

Karin Erhard (links) und Bettina  Kohlrausch diskutieren über neue Rollenzuschreibungen in Krisenzeiten.

Die Corona-Pandemie stellt Beschäftigte und Familien vor viele Herausforderungen – doch besonders Frauen tragen die Hauptlast der zusätzlich anfallenden Betreuungsarbeit. Das zeigt eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Woran das liegt und was getan werden muss, darüber haben Prof. Bettina Kohlrausch, Direktorin des WSI der Hans-Böckler-Stiftung und Karin Erhard, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IG BCE, in einem Webtalk diskutiert. Zuschauer konnten sich im Live-Chat an der Diskussion beteiligen.

Einen wichtigen Grund, warum Frauen häufiger die Arbeitszeit reduziert haben, sieht Bettina Kohlrausch im Finanziellen: „Viele Paare sagen: Auf das höhere Gehalt des Mannes können wir nicht verzichten – also übernimmt die Frau.“ Dazu komme, dass Frauen schon vor der Krise häufiger in Teilzeit gearbeitet haben. Diese Muster würden sich im weiteren Erwerbsverlauf verfestigen, mit entsprechenden Konsequenzen – etwa für den beruflichen Aufstieg.  

Grundsätzlich leiden Branchen mit einem hohen Frauenanteil besonders unter der Krise. Die Branchen der IG BCE seien davon weniger häufig betroffen, berichtet Karin Erhard. Nichtsdestotrotz sei es eine wichtige politische und gesellschaftliche Aufgabe, einen Rückfall in traditionelle Rollenmuster zu verhindern. Im Chat kam die Frage auf, welche Anforderungen Bettina Kohlrausch denn an Gewerkschaften stelle. „Ich sehe Gewerkschaften als Verbündete, um eine höhere Tarifbindung durchzusetzen“, antwortete Kohlrausch. Für sie als Wissenschaftlerin und Feministin sei es wichtig, dass „Gewerkschaften divers aufgestellt sind, um den Blick für bestimmte Probleme zu schärfen.“  


Karin Erhard macht auf Förderprogramme für junge Frauen in den Betrieben aufmerksam, um sie für gewerkschaftliche Themen zu interessieren oder für eine Aufstellung zur Betriebsratswahl zu begeistern. Über 80 Unternehmen haben die „Charta der Gleichstellung“ der IG BCE bereits unterzeichnet. Das zeige die wachsende Bedeutung dieser Themen in den Betrieben.

Die häufigere Inanspruchnahme von Home-Office, sieht Bettina Kohlrausch als eine „Veränderung, die bleiben wird.“ Doch gerade Menschen mit geringem Einkommen, können seltener von Zuhause aus arbeiten. Gleichzeitig sei Home-Office für sie kein Allheilmittel und bedürfe klarer Regelungen. Karin Erhard wirft die Frage auf, ob das Betriebsverfassungsgesetz hier noch zeitgemäß sei. Auch der Ort der Arbeit könnte eine Frage der erzwingbaren Mitbestimmung der Betriebsräte sein.

„Wir lassen nicht locker und versuchen, wo es geht, gegenzusteuern, damit Frauen keinen Rückschritt erleiden“, macht Karin Erhard klar.
 

Der Chat zum Webtalk