IG-BCE-Landesbezirk Hessen-Thüringen

Es geht um Kompetenz

Die Digitalisierung der Arbeitswelt erfordert neue Kompetenzen – und lebenslanges Lernen. Doch welche Kompetenzen sind wichtig? Was heißt das für Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaft? Und wie nehmen wir die Arbeitgeber in die Pflicht? Diese Fragen beleuchten wir in der aktuellen Ausgabe des KLARTEXT – neben anderen interessanten Themen rund um die Arbeit unserer IG BCE in Hessen und Thüringen. 

KLARTEXT April 2021 - Cover
Foto: © IG BCE / stratopol

Die Arbeitswelt verändert sich. Das tut sie seit Beginn der Industrialisierung. Schon immer war es kaum denkbar, mit dem einmal in der Ausbildung Gelernten erfolgreich durch ein ganzes Arbeitsleben zu kommen.

Allerdings nimmt das Tempo dieser Veränderungen beständig zu. Mit der Digitalisierung hat sich dieser Wandel noch einmal dramatisch beschleunigt. Heute geht es mehr als jemals zuvor im Arbeitsleben weniger um körperliche Kraft oder geschickte Hände sondern vor allem um Wissen.

Immer schneller immer mehr

Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass sich das Wissen der Menschheit derzeit im Tagesrhythmus oder gar noch schneller verdoppelt. Um 1900 betrug die Verdopplungszeit noch ungefähr ein Jahrhundert und 1945 rund 25 Jahre.

Natürlich brauchen wir nur einen Bruchteil davon an unserem Arbeitsplatz, doch auch hier steigen die Anforderungen rasant. Und vor allem ist das Wissen von heute schon in wenigen Jahren nichts mehr wert.

Doch die Veränderungen betreffen nicht nur unser Wissen, sondern stellen ganze Berufsbilder auf den Kopf.

Im Zuge der Digitalisierung sowie der Automatisierung, insbesondere durch den Einsatz von KI, verändern sich Personalbedarfe, Berufsbilder und Qualifikationsanforderungen.

Prognosen gehen davon aus, dass die durch die Digitalisierung beschleunigte Transformation der Branchen alleine in Deutschland in den kommenden Jahren mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze erfassen wird.

Immer mehr standardisierbare Aufgaben werden automatisiert – nicht nur in der Fertigung. In einigen Bereichen erlaubt es der Einsatz von KI, selbst anspruchsvollere Tätigkeiten durch Algorithmen und Bots zu ersetzen.

Lebenslanges Lernen

Wer da als Beschäftigter mithalten will, muss sein Wissen, seine Kompetenzen regelmäßig auf den neusten Stand bringen. Verschärfend kommt der ohnehin bereits existierende Fachkräftemangel hinzu. In bestimmten Regionen und Branchen können schon heute offene Stellen nicht mehr besetzt werden. Dies betrifft vor allem den MINT- und Gesundheitsbereich. Für viele Unternehmen ist der Fachkräftemangel bereits ein Entwicklungshemmnis.

Unternehmen müssen aufwachen

Um so problematischer ist es, dass viele Unternehmen immer noch davon ausgehen, die Bereitstellung gut ausgebildeter Fachkräfte sei Aufgabe der Gesellschaft. Die Arbeitgeber dürsten nach Fachkräften, wollen aber nicht genug in sie investieren. Sie wissen, dass ihre Beschäftigten permanent neue Kompetenzen benötigen, bieten aber oft kaum Fort- und Weiterbildung an.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Wenn die Zukunftsfragen der Wirtschaft mehr denn je Kompetenzfragen sind, dann werden die Unternehmen lernen müssen, systematisch, umfangreich, planvoll und nachhaltig in die Kompetenzen ihrer Beschäftigten zu investieren. So wie man einen Dienstwagen nicht nur einmal kauft und dann 50 Jahre fährt – ohne Ölwechsel, Inspektion und Reifencheck, so wie man seine Software alle paar Wochen mit einem Update ausstattet, so wird man regelmäßig in die Kompetenzen der Belegschaft investieren müssen.

Kompetenz ist nicht delegierbar

Klar ist hier zum Beispiel der hessische Rat für Digitalethik, in dem die IG BCE von Anfang an mitarbeitet. Er hat kürzlich in einem Impulspapier unmissverständlich formuliert:

„Der Rat ist überzeugt, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt als unumkehrbare, disruptive Entwicklung verstanden werden muss, die sowohl die Lebens- als auch die Denkwelt mit hoher Dynamik verändert…“

Und er hat eine Botschaft für die Wirtschaft: „Das kontinuierliche digitale Lernen und die Weiterentwicklung der Beschäftigten ist auch eine Aufgabe von Unternehmen… Der Rat empfiehlt den Unternehmen, entsprechende Konzepte (weiter) zu entwickeln und den Beschäftigten den kontinuierlichen und experimentierenden Zugang zu neuen digitalen Technologien zu ermöglichen.“

Die Wirtschaft muss investieren

In den kommenden Jahren wird sich entscheiden, wie es um die Zukunft des Standorts Deutschlands bestellt ist. Für die Wirtschaft heißt dies auch: Die Verantwortung für lebenslanges Lernen ihrer Belegschaften weder an die Beschäftigten noch an die Politik zu delegieren sondern selbst anzunehmen – und entsprechend zu investieren.

Die IG BCE wird diesen Wandel nicht nur einfordern sondern auch aktiv mitgestalten.

So haben wir zum Beispiel mit den Chemie-Arbeitgebern eine „Qualifizierungsoffensive Chemie“ vereinbart. Dazu gehören u. a. der Future Skills Report Chemie, der ermittelt, welche Fähigkeiten künftig an Bedeutung gewinnen, weitere Tools zur Ermittlung von Qualifizierungsbedarf und eine umfangreiche Weiterbildungsberatung.

Hier geht es direkt zum kostenlosen Download der aktuellen Ausgabe des KLARTEXT.