Verhandlungsauftakt für die Chemietarifrunde 2022 in Bayern
Walter Vogg, Verein der Bayrischen Chemischen Industrie und Beate Rohrig, IGBCE-Landesbezirksleiterin
Flexible Forderungen und das Angebot von sozialpartnerschaftlichen Gesprächen zu deren Umsetzung auf der einen Seite. Mauertaktik und eine Schockstarre auf der anderen Seite. So fällt das Fazit der IGBCE Bayern zum Auftakt der Chemietarifrunde am 10. März in Bayern aus. Die Verhandlungen im Freistaat wurden ergebnislos vertagt und sollen nun auf Bundesebene weitergeführt werden.
Am Ende eines zähen und intensiven Ringens mit der Arbeitgeberseite um einen neuen Entgelttarifvertrag in der Chemiebranche zeigt sich Verhandlungsführerin und IGBCE-Landesbezirksleiterin Beate Rohrig enttäuscht: „Die Position der Arbeitgeberseite ist für uns unverständlich. Wir haben in puncto Erhöhung der Entgelte bewusst darauf verzichtet, eine konkrete Prozentzahl zu nennen. Denn es geht um gemeinsame Zukunftssicherung. Doch die Arbeitgeberseite hat gemauert und wollte sich auf gar nichts einlassen. Nicht einmal auf eine gemeinsame Initiative zur Stärkung der Sozialpartnerschaft und mehr Tarifbindung. So als lebte sie in einer anderen Welt.“
Denn auf der Seite stehen in der bayerischen Chemiebranche trotz Corona-Pandemie steigende Umsätze, satte Gewinne und volle Auftragsbücher. Ganz anders sieht es auf Seite der Beschäftigten aus: Heizkosten, Miete, Strom, Lebensmittel, Mobilität – in allen Bereichen steigen die Lebenshaltungskosten massiv an. „Wenn die Verbraucherpreise stärker steigen als die Einkommen, erleben die Beschäftigten einen Verlust ihres Reallohns und die bisherigen Lohnerhöhungen werden von der Inflation gefressen“, betonte Beate Rohrig. Die IGBCE-Verhandlungsführerin weiter: „Unsere Mitglieder haben trotz hoher familiärer Belastungen in den vergangenen zwei Jahren der Corona-Pandemie die Unternehmen am Laufen gehalten und sollen dafür am Ende nun weniger netto haben als zuvor? Das ist niemandem vermittelbar.“
Höhere Löhne bedeuten für viele Menschen nicht nur einen höheren Lebensstandard und mehr Sicherheit, sondern werden den Konsum anschieben und damit das Wachstum stärken und dabei helfen, den Wohlstand zu sichern. Darauf machte die IGBCE in der Verhandlung mit Nachdruck aufmerksam. „Arbeitnehmer*innen haben keine Möglichkeit, gestiegene Kosten einfach weiterzugeben. Sie können bestenfalls die Heizung herunterdrehen oder sogar weniger essen“, unterstrich Beate Rohrig.
Vor diesem Hintergrund hat die IGBCE Bayern ein Paket geschnürt, das nicht nur an bloßen Zahlen ausgerichtet ist, sondern sich an einer gemeinsamen Zukunft orientiert. Unter dem Motto „Mehr Kaufkraft, mehr Wertschätzung, mehr Sicherheit“ sollen Investitionen in die Belegschaften von heute auch die Gewinne der Branche von morgen sichern. Konkret heißt das:
„Wir haben der Arbeitgeberseite damit ein flexibles Angebot unterbreitet, um Belegschaften und Betriebe zukunftssicher zu machen“, so Beate Rohrig. „Wir dürfen nicht vergessen: Fachkräfte- und Arbeitskräftesicherung sind ein nicht zu unterschätzender Faktor für das Wirtschaftswachstum und damit eine Investition in die Zukunft.“
An die Arbeitgeberseite gerichtet betonte die IGBCE-Verhandlungsführerin: „Starke, motivierte, qualifizierte und engagierte Belegschaften sind der Wettbewerbsvorteil der Zukunft in einem komplexen, schwer berechenbaren Umfeld. Deshalb gilt es nicht auf Abschreckung zu setzen, sondern auf Verhandlungen und Vertrauen. Denn das ist es, was Sozialpartnerschaft ausmacht: Gemeinsames Ringen um die Zukunft.“
Am 21. März werden die Tarifverhandlungen in der Chemieindustrie auf Bundesebene in Hannover fortgesetzt. Beate Rohrig erwartet eine für die Arbeitgeberseite ungemütliche Tarifrunde: „Sie werden sich bewegen müssen. Andernfalls müssen wir dafür sorgen, denn das Geld dafür ist vorhanden.“
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