Das geplante Aus und der Rückbau der Dyneon GmbH, einer Tochter des börsennotierten amerikanischen Mischkonzerns 3M rückt immer näher. Jährlich wurden in Gendorf rund 18.000 Tonnen Hochleistungskunststoffe in Form von Fluorpolymeren, sogenannte Ewigkeitschemikalien, hergestellt. Die FDP-Bundestagsabgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht hat sich mit IGBCE Arbeitnehmern-Vertretern über die Zukunft des Chemieparks Gendorf ausgetauscht.
„Die Gefahr eines Domino-Effektes besteht“, sagt Michael Schnabl, Betriebsratsvorsitzender der Infraserv Gendorf (ISG). Er befürchtet, dass durch die Einstellung der Dyneon-Produktion weitere Unternehmen, die auf die Ausgangsprodukte angewiesen sind, im Bestand gefährdet sein können. Auch bereits ansässige Unternehmen werden die Auswirkungen durch Steigerungen der Gemeinkosten deutlich zu spüren bekommen. Der Chemiepark sei bereit jetzt zu Sparmaßnahmen gezwungen, um das Aus von Dyneon zu kompensieren. Dabei seien die Produkte mehr denn je gefragt. In Elektroautos werde die zehnfache Menge an Fluorpolymeren verbaut als in bisherigen Verbrennungsautos.
Schnabl kritisiert, dass etwa Chemieparks in Ostdeutschland im Gegensatz zu Bayern Förderung erhielten, zu dem von der besseren Infrastruktur profitieren würden. Eine eingleisige, mit Dieselloks geführte Bahnlinie und die unvollendete Autobahn A94 seien ein enormer Standortnachteil. Zudem seien die Energiekosten insgesamt in Deutschland zu hoch und unkalkulierbar, dies bedeute einen Wettbewerbsnachteil.
Es sei dem Chemiepark nicht möglich, so Schnabl, auf Vorrat Grundstücke aufzubereiten. Potenzielle Investoren seien durch die langen Genehmigungsdauern von bis zu 3 Jahren abgeschreckt. „Das ist fast wie beim Henne-Ei-Prinzip.“ Einen Baustart in einem halben Jahr zu realisieren, sei nicht möglich, was aber in der heutigen Zeit gefordert ist, sagt Schnabl, der rund 1.000 Mitarbeiter vertritt. Die InfraServ Gendorf betreibt den größten Chemiepark Bayerns und bietet Experten-Lösungen für die zentralen Aufgabenbereiche von Unternehmen der Chemie- und Prozessindustrie an. InfraServ Gendorf ist im Besitz mehrerer Gesellschafter, die z.T. im Chemiepark selbst Produktionen betreiben.
Die Dyneon-Mutter 3M habe in den USA entschieden, weltweit komplett aus der PFAS-Herstellung auszusteigen, sieht Betriebsratsvorsitzender Peter Engel als Hauptgrund für die fehlende Verhandlungsbereitschaft der Amerikaner. Es hätte viele Interessenten gegeben, die für einen Kauf der Produktionsanlagen anklopfen würden. „Wir haben über Jahrzehnte Know-how aufgebaut. Das sind unsere Kronjuwelen.“
Das Bundeskanzleramt bemüht sich laut einer Meldung der „WirtschaftsWoche“ derzeit darum, die Schließung des einzigen deutschen Werks von Fluorpolymeren zu verhindern. Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies soll dazu mit der amerikanischen Mutterkonzern 3M Gespräche geführt haben. Mit über 600 Mitarbeitern produziert Dyneon in Gendorf per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS), die umgangssprachlich als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet werden.
Günter Zellner, Altöttinger Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) begrüßt die Bemühungen der Bundesregierung zum Erhalt der Dyneon-Produktion im bayerischen Chemiedreieck. Zellner informierte, dass die EU-Kommission zwar ein Verbot der Chemikalien prüfe, aber bisher kein Verbot ausgesprochen hat. Ob diese Haltung der EU ausreiche, die amerikanischen Manager zu bewegen, sei fraglich. Bis Ende 2025 werde noch produziert, sagt Dyneon-Betriebsrat Peter Engel. Der Rückbau soll Anfang 2026 beginnen. Er sieht noch Chancen, dass die weltweit führende neue Recyclinganlage für Folgeprojekte genutzt werden könnten.
„Die unternehmerischen Entscheidungen von 3M lassen sich von der deutschen Politik nicht beeinflussen“, betonte Sandra Bubendorfer-Licht. Die einzige Produktionsstätte von Fluorpolymeren in Deutschland zu schließen, sei marktwirtschaftlich nicht nachvollziehbar. Anscheinend bewerten die amerikanischen Manager die Risiken höher, wenn sie mit ihren Plänen auf rund fünf Prozent des Umsatzes verzichten. Sandra Bubendorfer-Licht hat zugesagt, über das FDP-geführte Forschungsministerium prüfen zu lassen, ob 3M staatliche Zuschüsse erhalten habe, die bei einer Schließung zurückzuzahlen seien.
"Es tut einem im Herzen weh zu sehen, was da gerade mit der drohenden Schließung des Dyneon-Standorts passiert“, sagt Kreisrat und FDP-Kreisvorsitzender Konrad Kammergruber. „Der große Chemiestandort Gendorf kommt ins Wanken. Die Bundesregierung lockt aber amerikanische Chiphersteller mit Milliardenförderung nach Deutschland, um Abhängigkeiten zu reduzieren. Gleichzeitig schaffen wir neue Abhängigkeiten von China und Indien im Fluorpolymerbereich. Nachhaltigkeit sieht anders aus, das schreit nach Politik, die einschreitet", so Kammergruber.