Antworten auf eure Fragen zur Betriebsratswahl 2022

Unser FAQ zur Betriebsratswahl 2022

Das Betriebsrätestärkungsgesetz hat die Regelungen zur Betriebsratswahl 2022 in einigen Bereichen verändert. Zahlreiche Fragen aus unseren Betrieben sind mittlerweile bei uns eingetroffen. Wir haben uns daher entschieden die Fragen und natürlich auch unsere Antworten dazu in einem FAQ zu veröffentlichen. Das FAQ wird selbstverständlich regelmäßig aktualisiert. 

Wir freuen uns auf eure Rückmeldungen und auf eure Fragen zur Betriebsratswahl 2022 und stehen euch unter bezirk.muenchen@igbce.de gerne zur Verfügung. 

Anbei findet ihr nun alle bisher von Betriebsrät*innen und Wahlvorständen gestellten Fragen:

BR-Wahl: Das konkrete wählen

FAQ zu den BR Wahlen 2022

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Themenblock 1: Betriebsrätemodernisierungsgesetz:


1. Was sind die wichtigsten Änderungen der Wahlordnung und des BetrVG hinsichtlich des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes?

Das Wahlalter ist für die BR Wahlen (nur aktives Wahlrecht) auf 16 gesenkt worden. Azubis dürfen damit in der Regel auch mitwählen, haben aber kein passives Wahlrecht. Bis 100 Mitarbeiter muss mittlerweile das vereinfachte Wahlverfahren durchgeführt werden, es ist keine Option mehr, sondern die Regel (es sei denn das normale Wahlverfahren wird mit dem AG vereinbart). Wahlvorstandssitzungen dürfen auch digital stattfinden, es sei denn es werden wichtige Beschlüsse gefasst (z.B. Wählerliste, Wahlausschreiben, Losverfahren, Vorschlagslistenannahme und Prüfung) oder es werden Briefwahlunterlagen vorbereitet. Dies muss aber in der Geschäftsordnung vereinbart sein und der Vorsitzende muss eine digitale Sitzung einberufen. Dabei muss die digitale Anwesenheit textlich bestätigt werden. Es gibt mittlerweile auch die Pflicht das dritte Geschlecht zu überprüfen, wenn es Mitarbeiter gibt, die (d) als Geschlecht angegeben haben. Allerdings entsteht dadurch keine neue Quotenregelung, also schlägt es sich weder in der Sitzaufteilung, noch in der Berechnung der Sitzverteilung nieder. Wähler haben aber die Möglichkeit „divers“ als Geschlecht anzugeben.


2. Dürfen Azubis wählen?

Ja, vorher jedoch erst ab 18 Jahren. Neue Regelung ab dieser Wahl: Passives Wahlrecht weiterhin ab 18, aktives Wahlrecht ab 16, wenn man am Wahltag das 16 Lebensjahr vollendet hat.


3. Ändert sich die Möglichkeit Stützunterschriften zu sammeln durch das neue Betriebsrätesmodernisierungsgesetz?

Nein, es bleibt bei den bisherigen Voraussetzungen, was angesichts der pandemischen Lage zu großen Herausforderungen beim Sammeln der Unterschriften führen kann. Lediglich im Vereinfachten Wahlverfahren gibt es niedrigere Quoten für Stützunterschriften. Denkbar wären "Rundgänge" zum Einsammeln der Unterschriften in Betrieben ohne starkes Home-Office Aufkommen, oder Informationsveranstaltungen zur Sammlung von Stützunterschriften unter Berücksichtigung der Corona Regeln. Notfalls ginge es auch, die Stützunterschriftenliste zu versenden und die Originalunterschriften zu sammeln und abzuheften.

Eine gute Alternative ist hier auch das Aufstellen einer IGBCE Liste, weil hier nur zwei Unterschriften von hauptamtlichen Gewerkschaftsbeauftragten notwendig sind.


4. Wie kann die Anwesenheit bei virtuellen Sitzungen bei Wahlvorständen bestätigt werden?

Entweder jeder Teilnehmende sendet dem Wahlvorstandsvorsitzenden eine Bestätigungsemail, oder der Wahlvorstandsvorsitzende macht einen Screenshot der virtuellen Sitzung mit allen Anwesenden und speichert diesen als Nachweis.


5. Was ist mit dem neuen vereinfachten Wahlverfahren?

Achtung, das vereinfachte Wahlverfahren gilt seit der Reform automatisch für Betriebe bis 101 Mitarbeiter. Hier kann nicht mehr auf die freiwillige Vereinbarung für das normale Wahlverfahren zurückgegriffen werden. Alle Informationen zum vereinfachten Wahlverfahren finden sich im Digitalen Wahlhelfer und auf Startseite - IGBCE - BR-Wahlen (das-konkrete-waehlen.de)


6. Kann der Wahlvorstand pauschal für alle Wähler*innen Briefwahl beschließen (aus Pandemiegründen)?

Vorsicht! Zwar ist Briefwahl nach der neuen geltenden Wahlordnung leichter möglich. Allerdings muss einer der Fälle des § 24 WO vorliegen, damit Briefwahl zulässig ist. Fälle hierzu sind unter Anderem, wenn Beschäftigte voraussichtlich aus Gründen der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses (z.B. Homeoffice, Außendienst, Telearbeit) oder aus anderen Gründen (z.B. Krankheit, Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen Elternzeit) am Wahltag nicht im Betrieb sind. Hier kann der Wahlvorstand von sich aus aktiv werden. In diesen Fällen muss der Wahlvorstand diesen Betroffenen unverlangt die Wahlunterlagen zusenden. Wer also am Wahltag z.B. wegen Homeoffice oder Kurzarbeit nicht im Betrieb ist, der bekommt die Wahlunterlagen – ohne dass er das beantragen muss – zugesandt und kann Briefwahl machen.

Rechtlich unklar sind die Fälle, wenn die Beschäftigten nicht 100 % im Homeoffice sind und damit eventuell nicht absehbar ist, ob sie am Wahltag im Betrieb sind oder eben nicht.

Folgende Konstellationen sind möglich:

  • Beschäftigte in Kurzarbeit Null: Diesen muss der Wahlvorstand unaufgefordert die Briefwahlunterlagen zusenden, wenn absehbar ist, dass sie am Wahltag nicht im Betrieb sein werden.
  • Beschäftigte in 100 % Homeoffice: Diesen muss ebenfalls der Wahlvorstand unaufgefordert die Wahlunterlagen zusenden, wenn absehbar ist, dass sie am Wahltag nicht im Betrieb sein werden.
  • Beschäftigte mit einem Tag Homeoffice pro Woche: Sie erhalten auf Antrag die Unterlagen, wenn absehbar ist, dass sie am Wahltag im Homeoffice sind.
  • Beschäftigte mit flexibel stattfindenden zwei oder drei Tagen Homeoffice pro Woche: Sie erhalten auf Antrag die Unterlagen, wenn absehbar ist, dass sie am Wahltag im Homeoffice sind.
  • Beschäftigte, die erkranken oder unter Quarantäne gestellt werden: Diese müssen Briefwahl beantragen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn sie voraussichtlich vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum Wahltag nicht im Betrieb anwesend sein werden. 

7. Dürfen Fremdfirmenmitarbeiter passiv bzw. aktiv wählen?

Das hängt vom Arbeitsvertrag der Fremdfirmenmitarbeiter ab. Leiharbeitnehmer*innen oder Mitarbeitende aus einer Konzernleihestruktur dürfen bei einer Beschäftigungszeit von mehr als 3 Monaten (geplant oder schon geschehen) mitwählen aber sich nicht zur Wahl aufstellen lassen. Montage und Außendienstmitarbeiter dürfen natürlich auch mitwählen und sich aufstellen lassen, wenn sie einen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber haben bei dem der Betriebsrat gewählt wird.

Werkvertragsmitarbeiter einer Fremdfirma zugehörig sind und einen Werkvertrag mit dem Arbeitgeber abgeschlossen haben, zählen hingegen nicht als Arbeitnehmer im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne und können weder wählen noch gewählt werden.


8. Können alle Sitzungen des Wahlvorstands digital stattfinden?

Vorsicht! Es braucht zumindest eine erste Sitzung bei der die Geschäftsordnung beschlossen wird, um das weitere digitale Arbeiten zu definieren. Zudem müssen die besonderen Themen berücksichtig werden, bei denen in der Wahlordnung von einer Wahlvorstandssitzung ausgegangen wird bei der die Teilnehmenden persönlich anwesend sind (siehe Frage 1).


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Themenblock 2: Vor der Wahl


1. Ab wann gibt es den neuen digitalen Wahlhelfer?

Der neue Digitale Wahlhelfer ist online auf der Kampagnenseite der IG BCE (www.das-konkrete-waehlen.de) veröffentlicht und steht kostenlos zum Download zur Verfügung. Auf der Website gibt es auch weitere digitale Wahlmaterialien und Printmaterialen zur Selbstgestaltung und zum Ausdrucken.


2.  Wo muss die Wählerliste präsentiert werden?

Wenn die Wählerliste an mehreren Stellen / Abteilungen / Bereichen in einem Betrieb veröffentlicht wird, muss dann immer die gesamte Wählerliste veröffentlicht werden oder nur für die jeweilige Abteilung / Bereich?

Auch wenn die Wählerliste an mehreren Stellen im Betrieb veröffentlicht wird, muss diese zwingend immer komplett mit allen Wahlberechtigten des gesamten Betriebs veröffentlicht werden.

Bei einer großen Anzahl an Wahlberechtigten im Betrieb muss die Wählerliste immer veröffentlicht werden oder reicht es die Wählerliste zur Einsicht im Büro des Wahlvorstands auszulegen?

Die Wählerliste kann auch an einem zentralen Ort ausgelegt werden. Achtung: Dies muss jedoch vorher durch den Wahlvorstand beschlossen werden und der Ort der Einsicht mit Uhrzeit muss im Wahlausschreiben angekündigt werden.


3. Wann gelten Leiharbeitnehmer*innen als betriebszugehörig und dürfen bei der Betriebsratswahl mit wählen (Wahlberechtigt)?

Für Leiharbeitnehmer*innen gilt keine Mindestbetriebszugehörigkeit – aber: Die geplante bzw. tatsächliche Einsatzdauer des Leiharbeitnehmers muss mehr als drei Monate im Betrieb betragen. Dann können sie wählen, allerdings nicht gewählt werden.


4. Sind freigestellte Mitarbeiter*innen wahlberechtigt und wirkt sich deren Freistellung auch auf die Betriebsratsgröße aus?

Wenn ein Mitarbeiter*in unwiderruflich freigestellt ist, ist dieser Mitarbeiter*in auch nicht wahlberechtigt und darf zur Ermittlung der Betriebsratsgröße nicht hinzugezogen werden. Wenn jedoch eine Freistellung aufgehoben werden könnte, bspw. durch Versetzung auf eine andere Stelle oder einem erfolgreichen Kündigungsschutzverfahren, dann gehören diese Mitarbeiter*innen weiterhin zum Betrieb und sind wahlberechtigt und beeinflussen ggf. die Betriebsratsgröße. Die Prognose hierzu muss der Wahlvorstand im Einzelfall ermitteln.


5. Wie können Mitarbeiter*innen erreicht werden mit dem Wahlausschreiben bzw. wählen, welche sich dauerhaft im Home-Office befinden?

Hier muss der Wahlvorstand prüfen, welche Beschäftigten von dieser besonderen Regelung betroffen sind. Wenn diese feststehen, muss der Wahlvorstand einen Beschluss fassen, dass diese Beschäftigten, das Wahlausschreiben nach Hause geschickt bekommen. Weiterhin muss der Wahlvorstand beschließen, dass für diese Sondergruppe die Briefwahlunterlagen direkt durch den Wahlvorstand an die Sondergruppe versendet wird. Achtung: Dieser Hinweis muss dann auch im Wahlausschreiben enthalten sein!


6. Wie muss das Wahlausschreiben veröffentlicht werden?

Das Wahlausschreiben wird mit den notwendigen Informationen zur Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand veröffentlicht. Im Betrieb werden nur Kopien des originalen Wahlausschreibens veröffentlicht. Eine digitale Version (Scan) kann zusätzlich auch durch IuK-Techniken (bspw. Intranet, SharePoints, etc.) veröffentlicht werden. Achtung: Sondergruppen (bspw. dauerhaftes Home-Office, Krankheit, Mutterschutz oder Elternzeit) müssen das Wahlausschreiben nach Hause geschickt bekommen. Achtung: einmal gewählte Ort und Wege müssen dann für alle weitere verpflichtenden Veröffentlichungen bedient werden.


7. Was passiert, wenn man nicht genug Kandidaten für die vorgeschriebene Betriebsgremiengröße hat?

Wenn bspw. ein 7er-Gremium gewählt werden muss, jedoch sich nur 5 Kandidaten zur Wahl aufstellen lassen, kann die Betriebsratswahl trotzdem durchgeführt werden und ein „kleinerer“ Betriebsrat gewählt werden. Hierbei handelt es sich um eine „Soll“-Bestimmung, keine „Muss“-Bestimmung.


8. Wann endet die Amtszeit des „alten“ Betriebsrats und wann beginnt die „neue“ Amtszeit?

Hier muss auf die Wahl des allerersten Betriebsrats zurückgegangen werden im jeweiligen Betrieb. Grundsätzlich sind der Beginn und das Ende der Amtszeit immer am gleichen Tag. Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses kann auch vorher durch den Wahlvorstand erfolgen. Der alte Betriebsrat wäre dann über die Bekanntgabe hinaus bis zum eigentlichen Ende der Amtszeit im Amt. Dieses kann auch bei uns im Bezirk erfragt werden.

Beispiel:

  1. Betriebsrat: Amtszeit beginnt mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses (13.04.2010)

Ende der Amtszeit war am 12.04.2014, 23:59 Uhr

  1. Betriebsrat: Beginn der Amtszeit am 13.04.2014, 0:00 Uhr

Ende der Amtszeit war am 12.04.2018, 23:59 Uhr

  1. Betriebsrat: Beginn der Amtszeit am 13.04.2018, 0:00 Uhr

Ende der Amtszeit ist am 12.04.2022, 23:59 Uhr

  1. Betriebsrat: Beginn der Amtszeit am 13.04.2022, 0:00 Uhr

Dies ist wichtig, da jeder Betriebsrat immer ganze 4 Jahre im Amt sein muss und ist auch wichtig für den Arbeitgeber, welcher Betriebsrat angehört werden muss, wenn die Bekanntgabe des Wahlergebnisses vor dem Ende der Amtszeit ist.


9. Dürfen Teilzeitbeschäftigte auch wählen?

Ja klar, Teilzeitbeschäftigte, ebenso wie Minijobber sind wahlberechtigt, es gibt hier keine Unterscheidung zum Vollzeitarbeitnehmer.


10. Muss das dritte Geschlecht (divers) berücksichtigt werden?

Das dritte Geschlecht wird in der neuen Wahlordnung nicht erwähnt und muss bei der Berechnung der Sitzverteilung nicht berücksichtigt werden. Dennoch wird dem Wahlvorstand empfohlen ggf. zu reagieren, wenn es einen erheblichen Anteil an diversen Beschäftigten im Betrieb gibt.


11. Was passiert, wenn keine Frau kandidiert?

Das ist für die Besetzung des Betriebsrats natürlich nicht gut, wenn nur ein Geschlecht repräsentiert wird. Insofern beide Geschlechter kandidieren müssen auch beide aufgrund der Quotenregelung berücksichtigt werden, solange sie mindestens eine Stimme erhalten. Wenn gar keine Frauen oder Männer kandidieren greift jedoch die Quotenregelung nicht und es kommen nur Kandidaten des jeweils anderen Geschlechts in das Gremium.


12. Was ist mit einem Betrieb der kleiner ist als 5 Arbeitnehmer?

Ein sogenannter Kleinstbetrieb kann keinen eigenen Betriebsrat wählen, sondern wird dem größeren Betrieb eines Unternehmens zugeordnet – sofern es einen gibt.


13. In welchen Sprachen muss man die Wahlunterlagen zur Verfügung stellen?

Die Unternehmenssprachen können hier ein Orientierungspunkt sein. Wenn zum Beispiel Deutsch und Englisch im Betrieb gesprochen wird, sollten die Unterlagen in beiden Sprachen zur Verfügung stehen. Abgesehen davon kann sich der Wahlvorstand daran orientieren, ob alle Wähler*innen sich gut in Deutsch verständigen können oder nicht. Ist dies nicht der Fall kann man zusätzlich auch auf andere Sprachen zurückgreifen. Die meisten Wahlunterlagen sind in über 25 verschiedenen Fremdsprachen über die IG BCE verfügbar. Im Notfall kann auch ein Dolmetscher bestellt werden.


14. Müssen die Briefwahlunterlagen vorfrankiert sein?

Nein, da die Wähler*innen das Recht haben selbst zu entscheiden, ob sie die Briefwahl nutzen oder selbst zur Wahl erscheinen oder auch die Briefwahlunterlagen persönlich abgeben, müssen die Briefwahlunterlagen nicht zwangsläufig vorfrankiert werden. Dennoch sollten den Wähler*innen keine Kosten entstehen, daher empfiehlt es sich auf das Rücksendekuvert zumindest ein „Porto zahlt Empfänger“ zu setzen.



15. Gibt es eine Frist zur Beantragung von Briefwahl?

Im vereinfachten Wahlverfahren sind bis spätestens 3 Tage vor der Wahl die Anträge zur Briefwahl beim Wahlvorstand einzusenden. Im normalen Wahlverfahren gibt es hierzu keine feste Regelung, aufgrund des Postrücklaufs und der Gefahr, dass bei einer zu späten Beantragung die Briefwahlunterlagen nicht mehr rechtzeitig vor Schließung des Wahllokals eingeht, empfiehlt es sich aber die Briefwahl spätestens 3 Tage vor der Wahl (eher früher) zu beantragen. Für eine etwaige Verspätung ist nämlich nicht der Wahlvorstand, sondern der Wähler verantwortlich, wenn der Briefwahlantrag zu spät eingegangen ist.


16. Kann in Pandemiezeiten kurzfristig ein Bote mit Vollmacht die Briefwahlunterlagen abholen (ins Besondere bei Quarantäne Situationen)?

Das ist wie beim Abholen von Post auf jeden Fall denkbar, gerade wenn sich Wähler*innen kurzfristig in Quarantäne begeben müssen. Der Bote muss aber über eine Abholvollmacht durch den verhinderten Wähler verfügen und sich beim Wahlvorstand ausweisen können, wobei natürlich die Öffnungszeiten des Wahlvorstandsbüros berücksichtigt werden müssen. WICHTIG: Die Kosten für einen Boten (insofern es nicht Kolleg*innen oder Freunde übernehmen können) müsste der Wählende selbst tragen.


17. Macht es Sinn die Stimmzettel vorzufalten bei der Vorbereitung der Wahlunterlagen?

Ja das macht Sinn. Die neue Wahlordnung macht hier ins Besondere bei der Stimmabgabe im Wahllokal einen vereinfachten Abstimmungsablauf deutlich, wonach bei der persönlichen Stimmabgabe kein Stimmkuvert mehr notwendig ist, da der Stimmzettel ja auch gefaltet in die Wahlurne eingeworfen werden kann. Durch die Faltung kann die Geheimhaltung gewährleistet werden, insofern der Stimmzettel nicht zuordenbar ist, weil es sich um eine besondere individuelle Falttechnik handelt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine vorab Faltung zum Beispiel durch eine Falzmaschine sowohl bei den Stimmzetteln für die Stimmabgabe als auch für die Briefwahlunterlagen sinnvoll erscheint, um hier ggf. nicht nur Porto zu sparen, sondern auch die Geheimhaltung zu gewährleisten.


18. Kann ich meinen Stimmzettel einscannen und per Email an den Wahlvorstand senden?

NEIN!! Die Wahl muss in Schriftform erfolgen, da nur die Übersendung von Originaldokumenten als Briefwahlunterlagen oder da persönliche Erscheinen im Wahllokal fälschungssicher ist. Bei einem eingescannten Stimmzettel der per Email versendet wird, kann keine Echtheit garantiert werden, selbst wenn zusätzlich zum Stimmzettel eine eingescannte eidesstattliche Erklärung mit dabei ist. Der Gesetzgeber geht in der Wahlordnung nach wie vor eindeutig von schriftlicher Stimmabgabe aus, eine digitale Wahl bei der Betriebsratswahl ist nicht möglich.


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Themenblock 3: Die Wahl

1. Muss der Arbeitgeber Wahlwerbung finanzieren?

Nein, aber neutrale Wahlinformationsschreiben, die der Wahlvorstand versenden möchte oder eine Informationsveranstaltung bei der sich alle Kandidaten vorstellen können muss er finanzieren.


2. Wer trägt die Kosten der Wahl?

Für die Organisation und Durchführung der Wahl inklusive Drucksachen, Aushänge und ggf. Veranstaltungen muss der Arbeitgeber die Kosten tragen. Wahlwerbung für Listen beispielsweise sind durch die jeweiligen Listen zu finanzieren, neutrale Wahlinformationsschreiben hingegen muss der Arbeitgeber übernehmen.  


3. Was passiert mit den eingegangenen Briefwahlunterlagen?

Die vor dem Wahltag bzw. bis zum Wahltag eingegangenen Briefwahlunterlagen müssen vom Wahlvorstand entgegengenommen und ungeöffnet in einem verschließbaren Schrank oder einem ähnlichen Behältnis verwahrt werden, um eine Manipulation zu vermeiden. Es empfiehlt es sich, eine Eingangsliste zu führen, wer wann bereits Briefwahlunterlagen übersendet oder abgegeben hat, um Dopplungen zu vermeiden.

Wichtig: Die Briefwahlunterlagen dürfen entsprechend der neuen Wahlordnung erst NACH Abschluss der Stimmabgabe und VOR der öffentlichen Stimmauszählung geöffnet werden. Der Wahlvorstand öffnet nach Abschluss der Stimmabgabe die Kuverts und trennt die Eidesstattlichen Erklärungen von den eigentlichen Stimmzettelumschlägen. Über beides führt er in einer Liste Buch. Er überprüft dann anhand der Eidesstattlichen Erklärungen, ob Briefwähler nicht bereits persönlich zur Wahl erschienen sind und gibt etwaige Dopplungen NICHT in die Wahlurne. Nach der Überprüfung der Erklärungen werden die nun anonymen Stimmzettelumschläge zu den Stimmzetteln in die Wahlurne gegeben, um sie dann in der öffentlichen Stimmauszählung zu öffnen und zu zählen. Nur so kann der Grundsatz der Geheimhaltung und der Gleichheit der Wählerstimmen gewährleistet werden.


4. Ist ein Streaming der Stimmauszählung z.B. über Zoom möglich?

Nein. Die Stimmauszählung ist öffentlich. Jeder hat das Recht, daran teilzunehmen. Damit soll die Wahlmanipulation ausgeschlossen werden. Gibt es im Betrieb einen ausreichend großen Raum, wird eine öffentliche Auszählung möglich sein. Ansonsten kann die Stimmauszählung auf Kosten des Arbeitgebers in einem externen Raum durchgeführt werden. Der Gesetzgeber geht hier davon aus, dass auch in Pandemiezeiten eine öffentliche Stimmauszählung vor Ort möglich sein muss.

Sollte das aktuelle Infektionsgeschehen und die jeweils geltenden einschlägigen Infektionsschutzvorschriften die öffentliche Auszählung der Stimmen unter keinen Umständen zulassen, empfiehlt es sich, zu prüfen, ob die technischen Voraussetzungen zur Verfügung stehen, die vom Wahlvorstand dann in einer nicht öffentlichen Präsenzsitzung vorzunehmende Auszählung der Stimmen mittels audio-visueller Technik für die Belegschaft zugänglich zu machen. Daher wäre als allerletzte Möglichkeit ein Mitschnitt der Stimmauszählung (in einer nicht öffentlichen Sitzung) möglich, der dann beispielsweise im Intranet den Wähler*innen zur Verfügung steht. Von einem Streaming ist dringend abzuraten, auch weil hier nicht garantiert werden kann, dass nicht unbeteiligte Dritte mithören.


5. Braucht es ein Hygienekonzept für die Stimmauszählung und das Wahllokal?

Definitiv ja, insofern weiterhin eine pandemische Situation vorherrscht und vor Ort Schutzmaßnahmen gelten. Beachtet werden muss die Maskenpflicht, Desinfektion von Stiften und anderen Utensilien, Lüften, sowie die maximale Personenanzahl im Wahllokal bzw. im Auszählungsraum. Falls eine 3G Regelung besteht (und die Mitarbeiter nicht bereits beim Betreten des Betriebsgeländes einen Corona-Test machen müssen), ist auch das Bereitstellen von Testkits denkbar.

Der Wahlvorstand muss die Schutzbestimmungen kontrollieren, der Arbeitgeber ist hingegen dem Wahlvorstand gegenüber verpflichtet für die entsprechende Ausstattung und einen großen Raum zu sorgen. Notfalls kann der Wahlvorstand auch darauf bestehen, das Wahllokal bzw. den Stimmauszählungsraum außerhalb des Betriebs anzumieten, falls es keinen geeigneten Raum gäbe. Ein betriebsöffentlicher Zugang zur Stimmauszählung muss aber schon gewährleistet sein, allerdings kann der Wahlvorstand in Corona Zeiten auch zusätzlichen Teilnehmer*innen der Stimmauszählung die Teilnahme verweigern, weil die maximale Personenanzahl im geschlossenen Raum bereits erreicht ist. Es gilt hier sich jeweils auf die aktuell geltende Schutzverordnung zu beziehen, die zum Zeitpunkt der Stimmabgabe bzw. der Stimmauszählung in Kraft ist.