Fragen und Antworten zum Kohleausstieg

Um den Klimawandel einzudämmen und die Erwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, müssen wir den CO2-Ausstoß in den nächsten Jahrzehnten deutlich reduzieren.

Deutschland hat sich auch international dazu verpflichtet, bis 2050 treibhausgasneutral zu werden. Bereits bis 2030 soll der CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent reduziert werden. Dafür muss auch die Kapazität unserer Kohlekraftwerke Schritt für Schritt abgebaut werden.

Die IG BCE steht zu diesen Klimaschutzzielen. Aber beim Kohleausstieg muss es fair zugehen: Mit Sicherheit für alle Beschäftigten und Perspektiven für die Reviere. Niemand darf ins Bergfreie fallen.

Unser gemeinsamer Einsatz für einen sozialverträglichen Ausstieg hat sich gelohnt. Das haben wir durchgesetzt:

- Ein gesetzliches Anpassungsgeld für ältere Beschäftigte
- Klarheit und Planungssicherheit für Unternehmen und Beschäftigte
- Massive Unterstützung für den Strukturwandel in den Kohleregionen:
Das Neue muss kommen, bevor das Alte geht;

Ohne unser engagiertes Auftreten in den Revieren und die Einflussnahme von Michael Vassiliadis in der Kohlekommission wäre all das nicht möglich gewesen. 

Die Kohlekommission wurde unter dem Titel Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung im Juni 2018 von der Bundesregierung eingesetzt. Wir haben diesen Anspruch ernst genommen und dafür gestritten.Im Januar 2019 hat die Kommission dann im Konsens einen Vorschlag für den Kohleausstieg vorgelegt, der Klimaschutz, Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung vereinbart.

Die Kommission bestand aus 28 Mitgliedern aus Politik, Wissenschaft, Industrie, Gewerkschaften, Umweltverbänden und betroffenen Regionen. Die Beschäftigten wurden in der Kommission durch unseren Vorsitzenden Michael Vassiliadis,  Andreas Scheidt von ver.di und Stefan Körzell vom DGB vertreten.

  Auftrag der Kohlekommission war es, einen breiten gesellschaftlichen Konsens über die Gestaltung des Kohleausstiegs und des damit verbundenen Strukturwandels herzustellen. Sie sollte ein Aktionsprogramm erarbeiten, das gleichzeitig wirtschaftliche Entwicklung, Strukturwandel, Sozialverträglichkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Klimaschutz sichert. 

Es ging also um konkrete Perspektiven für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze in den Kohleregionen und die notwendigen Investitionen zur Bewältigung des Strukturwandels. Auf dieser Basis sollte ein Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung, einschließlich eines Abschlussdatums und der notwendigen Begleitmaßnahmen, entstehen.

Ziele der Kommission:
•    Schaffung konkreter Perspektiven für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen.
•    Entwicklung von Instrumenten und die Förderung von Investitionen für einen sozialverträglichen Strukturwandel und zukunftsfähige Energieregionen.
•    Entwicklung von Maßnahmen, um die 2030er-Klimaziele im Energiesektor zu erreichen, einschließlich einer umfassenden Folgeabschätzung.
•    Entwicklung eines Plans zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung in Deutschland.
•    Erarbeitung eines Programms, um die Lücke zum 2020er-Klimaziel so weit wie möglich zu schließen.

Das Kohleausstiegsgesetz schreibt Zwischenziele auf dem Weg bis zum vollständigen Kohleausstieg fest:

-    Bis 2022 Reduzierung der Kraftwerks-Kapazität in Braunkohle und Steinkohle auf jeweils 15 Gigawatt.

-    Bis 2030 Reduktionen der Kapazität auf 8 GW bei der Steinkohle und 9 GW bei der Braunkohle.

-    Bis spätestens 2038 vollständige Beendigung der Kohleverstromung.

Für alle bestehenden Braunkohle-Kraftwerke werden bereits konkrete Daten für die späteste Stilllegung festgelegt. Als erstes geht Ende 2020 Niederaußem D vom Netz, als letztes 2038 Boxberg R und Q. 

In den Jahren 2026, 2029 und 2032 wird dieser Stilllegungspfad überprüft. Wenn es die Versorgungssicherheit erlaubt, kann die Stilllegung der Braunkohleanlagen nach dem Jahr 2030 jeweils bis zu drei Jahre vorgezogen werden. Der vollständige Ausstieg kann also auf 2035 vorgezogen werden.

Ja, mit dem neuen Ausstiegspfad aus der Kohleverstromung wird das Pariser Klimaabkommen für den Energiesektor erfüllt. Und auch alle Zwischenziele in der Energiewirtschaft für 2030. Um das Ziel von Paris komplett zu erreichen, müssen allerdings die Treibhausgasemissionen in allen Bereichen reduziert werden, einschließlich der Energiewirtschaft, der Industrie, dem Verkehrssektor, dem Gebäudebereich und der Landwirtschaft. Um das zu gewährleisten, hat die Bundesregierung erstmals die Klimaziele einschließlich eines Kontrollmechanismus in einem Klimaschutzgesetz rechtlich verankert.

Zudem sieht das Kohleausstiegsgesetz in den Jahren 2022, 2026, 2029 und 2032 Überprüfungspunkte vor, die auch die Einhaltung der Klimaschutzziele beinhalten. Wichtig wird in den kommenden Jahren der funktionierende Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Netze werden. Die Ausbauziele der Erneuerbaren Energien auf 65 Prozent der gesamten Stromerzeugung müssen bis 2030 zuverlässig erreicht werden. 

Für die Steinkohle werden zwar die Schritte zur Reduzierung der Kraftwerks-Kapazität beschrieben, es werden jedoch keine konkreten Stilllegungs-Daten für die einzelnen Anlagen festgelegt.

Bis 2027 werden die Stilllegungen versteigert: Die Betreiber werden nur entschädigt, falls sie bei einer Auktion zum Zuge kommen.  Wer für die geringste Entschädigung ein Kraftwerk zur Stilllegung anbietet, erhält den Zuschlag. Weil ab 2024 Zwangsstilllegungen ohne Entschädigung drohen, entsteht ein großer Druck, Kraftwerke früh und billig zur Abschaltung anzubieten.

Wichtig für die Beschäftigten: Betreiber können nur an der Auktion teilnehmen, wenn sie eine Erklärung der Tarifpartner vorlegen, dass für den Beschäftigungsabbau ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung Anwendung findet.
Ab 2028 werden dann weitere Stilllegungen ohne finanzielle Entschädigung festgelegt. Für neuere Steinkohlekraftwerke ab Inbetriebnahme 2010 ist eine Härtefallklausel vorgesehen.

Beschäftigte ab 58 Jahren erhalten Anspruch auf APG, falls sie ihren Arbeitsplatz verlieren, weil  ihr Kraftwerk per Auktion oder auf staatliche Anordnung stillgelegt wird.

Vielen Umweltverbänden geht der Ausstieg nicht schnell genug, sie kritisieren die gesetzlichen Regelungen. Dabei haben sie vor allem das Enddatum im Blick. Was oft übersehen wird: Bereits in den nächsten drei Jahren geht eine große Zahl von Kraftwerken vom Netz, der CO2-Ausstoß reduziert sich dadurch deutlich. 

Parallel werden 2021 und 2022 die letzten sechs Atomkraftwerke abgeschaltet und damit der Atomausstieg abgeschlossen. Trotzdem muss die Stromversorgung in Deutschland gesichert bleiben. Dazu muss  die Stromerzeugung aus Erneuerbarer Energie - wie mit dem Kohleausstiegsgesetz beschlossen - auch wirklich auf 65% Anteil am Bruttostromverbrauch bis 2030 gesteigert werden. Dazu müssen neue Gaskraftwerke gebaut werden. Und dazu müssen Netze und Speicher ausgebaut werden. Dieser Ausstiegpfad soll einen sicheren Übergang in eine klimaneutrale Stromversorgung bis 2050 ermöglichen. Ob das gelingt, ist 2022, 2026, 2029, 2032 usw.zu überprüfen und evaluieren. 

Der Zeitplan ist also nötig, um die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten.

Für den Tagebau unter dem Hambacher Forst gab es bereits eine Genehmigung. Teil des Kompromisses zum Kohleausstieg ist es, diese Genehmigung nicht zu nutzen. Stattdessen wird die Kohle, die in Hambach nicht gefördert werden kann, aus Garzweiler kommen. Das Kohleausstiegsgesetz stellt deshalb ausdrücklich die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Tagebaus Garzweiler fest.

Für die IGBCE ist klar: Alle nach dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz noch bestehenden Tagebaue bleiben energiewirtschaftlich notwendig.

Parallel zu der Reduzierung der Kohlekraftwerke müssen bis 2030 65% des Stroms aus erneuerbarer Energie erzeugt werden. Grüner Wasserstoff, Elektromobilität, Wärmepumpen, Digitalisierung und andere Techniken erhöhen den Stromverbrauch. Es müssen also erhebliche Anstrengungen ergriffen werden, um den Strombedarf zu decken. 

Wasser-, Biomasse- und Gaskraftwerke müssen in Zukunft die schwankende Einspeisung von Wind und Strom ausgleichen. Diese Kraftwerke sollten vorrangig an den bisherigen Kohlestandorten entstehen. Auch das wird nach dem Kohleausstiegsgesetz gefördert. Neue oder umgerüstete Kraftwerke können dort die Beschäftigung eines Teils der Kraftwerker sichern.

Für die betroffenen Regionen haben wir ein starkes Unterstützungspaket durchgesetzt. Noch nie wurde ein wirtschaftlicher Strukturwandel mit so umfassenden Maßnahmen begleitet. Deutschland setzt damit international Maßstäbe. Neue Arbeitsplätze müssen entstehen, bevor die alten wegfallen, oder zumindest gleichzeitig. Die Details der Maßnahmen sind im Strukturstärkungsgesetz festgelegt. Ziel ist die Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen, insbesondere in Industrie und Technologie. Dazu werden bis 2038 insgesamt 40 Milliarden Euro in den Regionen investiert. Dazu gehören:

- Investitionen in neue industrielle Produktion
- wirtschaftsnahe Infrastruktur, Breitband-Internet und Mobilität
- Ansiedlung und Verstärkung von Forschungseinrichtungen
- Ansiedlung von Bundeseinrichtungen

Alle maßgeblichen Akteure der Regionalentwicklung und Sozialpartner werden in die Umsetzung der Maßnahmen einbezogen. Die Länder sind verpflichtet, dazu Begleitgremien einzurichten. Auch die IG BCE wird also die Umsetzung auf Bundes- und Revierebene mitgestalten. 

In den drei Revieren gibt es zusätzliche Maßnahmen: 
- Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus (IUC)
- Je ein neues Helmholtz-Zentrum in der sächsischen Lausitz und im mitteldeutschen Revier
- „Helmholtz-Cluster für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft“ in Jülich 

Unsere Kohlekraftwerke produzieren günstigen Strom. Die Abschaltung wird also Auswirkungen auf die Strompreise haben. Ein „angemessener Zuschuss“ des Bundes soll daher ab 2023 die Übertragungsnetzentgelte für alle Stromkunden senken.

 Die Senkung der EEG-Umlage aus den Einnahmen des neuen nationalen Emissionshandels und der Zuschuss aus dem Corona-Konjunkturpaket wird auf die Kompensation der Stromkostensteigerung durch den Kohleausstieg angerechnet. 

Darüber hinaus sollen stromkostenintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb, denen die Netzentgeltsenkung nicht hilft, mit einer Förderrichtlinie einen angemessenen Zuschuss für zusätzliche Stromkosten erhalten die der Kohleausstieg verursacht. 

Darüber hinaus können stromkostenintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb ab 2023 einen weiteren Zuschuss erhalten: für nicht kompensierte Anstiege des Börsenstrompreises infolge der Kohlereduktion. .

Ja. Alle wichtigen Ergebnisse der Kommission wurden umgesetzt. Es gibt Planungssicherheit und ein umfangreiches Sicherheitsnetz für alle Beschäftigten. Die gesetzlichen Regelungen stehen jetzt. Die IGBCE wird in den nächsten Jahren daran mitwirken, dass die Maßnahmen zur Strukturförderung und zur sozialen Absicherung optimal eingesetzt werden.