Blockchain, Crowdworking, Internet of Things: Rund um die Digitalisierung der Gesellschaft entstehen immer mehr Schlagworte, die uns zunehmend auch in der täglichen Arbeit angehen. Unser Lexikon der Digitalisierung schafft Klarheit.
Die Blockchain ist eine Datenbank, in der eine Kette von Transaktionen revisionssicher gespeichert wird
Archäoinformatik
Digitale Zukunft für den Blick in die Vergangenheit
Die Archäologie untersucht das materielle Erbe der Menschheit. Computertechnik gehört zum Rüstzeug. Als Rechenhilfe in den 1950erJahren, für Datenbanksysteme ab den 1960ern und später als Geoinformationssysteme sowie für die virtuelle Rekonstruktion von Gebäuden. All das dokumentiert unter anderem der Verein "Computer-Anwendungen und quantitative Methoden in der Archäologie (CAA)". Seit den Nullerjahren unseres Jahrhunderts nutzt die Archäologie zudem die digitale Kraft ihrer jüngsten Teildisziplin: der Archäoinformatik. Sie bietet rechnergestützte Methoden, die das Entdecken von Zusammenhängen in gewaltigen archäologischen Datenmengen erleichtern.
Zum Beispiel das Projekt HistoGenes: Von 2020 bis 2026 arbeiten weltweit 17 Institutionen an der Aufarbeitung der Migrationsgeschichte in Ostmitteleuropa zur Zeit der Völkerwanderung und des Frühmittelalters. Die Forschenden untersuchen die DNA von mehr als 6000 Individuen aus Gräberfeldern. Das macht HistoGenes zum gegenwärtig größten Forschungsprojekt über alte DNA. Das bedeutet auch maximale Genauigkeit bei Erfassung und Systematisierung von Daten. Roboter entnehmen in Leipzig Knochenproben. Computer-Cluster aus zusammengeschalteten Servern werten Terabytes von Daten aus. Sie durchlaufen selbst entworfene Analyse- und Statistikverfahren. In New York entwickeln Populationsgenetiker*innen Computermethoden, um biologische Verwandtschaften zwischen Individuen herauszufiltern. Die Genom-Detektive verknüpfen ihre Daten via Projektdatenbank mit historischen, archäologischen und anthropologischen Informationen. Und lösen damit 1400 Jahre alte Rätsel wie das vom Ursprung der – später in Ungarn sehr bedeutenden – Awaren in Ost-Zentralasien.
Im Archäologischen Park Pompeji ermöglicht der Laufroboter SPOT (Boston Dynamics) sichere Inspektionen in einem Gelände voller fragiler Tunnel. Ein britisch-deutsches Forscherteam setzte 2020 ein künstliches neuronales Netz – das ist eine Form der künstlichen Intelligenz (KI) und ermöglicht maschinelles Lernen – für die Datierung steinzeitlicher Werkzeuge ein. Forschende aus Dresden und Berlin testeten 2013 selbst entwickelte Archaeocopter. Diese Minidrohnen dokumentierten präkolumbianische Ruinen in Mexiko. Die Daten flossen in exakte 3-D-Modelle. Solche Höhenmessungen sollen bald auch mit der Erkundung von tieferen Bodenschichten und der Nutzung von KI-Systemen einhergehen. Die Archäologie der Zukunft kommt dann in 4-D!
Augmented Realit
Computergestützte 360-Grad-Erweiterung der eigenen Realität.
Augmented Reality (AR) verbindet Wirklichkeit mit Virtualität. Das englische Wort "augmented" bedeutet "erweitert". Um eine erweiterte Realität geht es, wenn digitale Objekte oder Informationen in eine echte Umgebung eingebettet werden. Dahinter steckt eine komplexe Technik, die bislang teuer und allenfalls etwas für die Industrie ist. Dort bekommen etwa Monteure über AR-Datenbrillen exakte Informationen über Bauteile, die sie gerade verarbeiten. Die Welt wartet noch auf erschwingliche, leistungsfähige und leichte Geräte. Alternativ gibt es für Smartphones und Tablets in Museen oder Ausstellungen zwar schon Anwendungen; aber ehrlich: Vor einem Artefakt ein Gerät hochhalten und auf einem kleinem Bildschirm virtuelle Ergänzungen anschauen – das klingt noch nicht nach Science-Fiction. Virtual Reality (VR) – also Anwendungen, bei denen Menschen in eine einfacher zu entwickelnde künstliche Welt abtauchen – ist viel ausgereifter. Vor allem in der Gamingszene, bei Produktpräsentationen oder in der Fortbildung. Manche XR-Branchenkenner (XR steht für alle AR- und VR-Technologien) zweifeln an der breiten Umsetzung von Augmented Reality. Doch es scheint, als hätte die Industrie ihre AR-Pionierrolle gut ausgefüllt.
Kennern geht es bei AR um ein Sichtfeld von 360 Grad, was noch knifflig ist. Forscher stellen sich neue Generationen von AR-Brillen oder In-Body-Lösungen wie Kontaktlinsen vor. Die im Verbund mit kostengünstigen Bauteilen und mit KI-gestützten Assistenzsystemen im Alltag einen echten Mehrwert bringen. AR hat das Zeug, beispielsweise die Do-it-yourself-Szene, den Tourismus oder die Konferenztechnik aufzumischen. Die User könnten auf neue Art mit ihrer Umgebung interagieren. Interaktion passiert gegenwärtig über kleine Displays mit Lichtimpulsen sowie mit Prismen im Sichtfeld des Nutzers oder der Nutzerin. Auch eine Mischung von VR-Technologie mit dem AR-Potenzial ist im Gespräch. Allein in Deutschland zählte die XR-Branche im vorigen Jahr über 1000 Unternehmen; Tendenz steigend. Das berichtet das Mediennetzwerk. NRW, das in Nordrhein-Westfalen digitale Medienmacher*innen und Firmen berät. International sind unter anderem Tesla, Apple und Microsoft an Bord. Der XR-Branchendienst ARtillery Intelligence prognostiziert bis 2025 weltweit eine jährliche Umsatzsteigerung um mehr als 60 Prozent. AR, sagt auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg, soll das große Ding im kommenden Jahrzehnt werden.
Autonomes Fahren
Das selbstständige zielgerichtete Fahren eines Fahrzeugs im realen Verkehr, ohne Eingriff des Fahrers.
Autonomes Fahren ist zwar noch eine Vision, aber Autobauer und IT-Konzerne arbeiten daran, denn der Markt für autonomes Fahren könnte laut einer Studie bis 2030 auf ein Volumen von zwei Billionen US-Dollar anwachsen. Bis dahin sehen Fachleute fünf Stufen.
Die erste Stufe, das assistierte Fahren, ist heute schon in vielen Autos Realität. Der automatische Abstandsregeltempomat (ACC, Adaptive Cruise Control) etwa bremst oder beschleunigt den Wagen je nach Entfernung zum vorausfahrenden Auto oder Lkw und sorgt für den richtigen Sicherheitsabstand. Immer öfter wird auch ein automatischer Spurhalteassistent (LKAS, Lane Keeping Assistant System) verbaut.
Beim teilautomatisierten Fahren, der zweiten Stufe, kann der Pkw manche Aufgaben zeitweilig selbst ausführen, ganz ohne Eingriff eines Menschen. Der Überholassistent sowie das automatische Einparken, bei dem der Fahrer nicht mehr zum Lenkrad greifen muss, sind Stufe-2-Funktionen, die es in einigen Autos ebenfalls bereits gibt.
Stufe drei – hochautomatisiertes Fahren – beinhaltet für einen begrenzten Zeitraum die selbstständige Bewältigung bestimmter Fahraufgaben ohne menschlichen Eingriff. Autos überholen, bremsen, beschleunigen – je nachdem, wie es die Verkehrssituation erfordert. Seit 2017 gibt es in Deutschland einen rechtlichen Rahmen für Stufe-drei-Autos: Sobald der Fahrer seinen Pkw in den hochautomatisierten Modus versetzt, darf er seine Aufmerksamkeit vom Straßenverkehr abwenden. Erkennt das System aber ein Problem und warnt, muss der Fahrer umgehend das Steuer übernehmen. Zugelassen sind solche Funktionen aber noch nicht.
Auf Stufe vier, der Vollautomatisierung, führen die technischen Systeme alle Fahraufgaben selbsttätig durch, der Pkw kann auch längere Strecken ohne Eingriff zurücklegen. Am Ankunftsort könnte der Fahrer wieder übernehmen. Bislang gibt es allerdings keinen rechtlichen Rahmen für vollautomatisierte Fahrzeuge.
Mit der fünften Stufe ist das autonome Fahren erreicht. Der Pkw wird komplett vom System gesteuert und erledigt alles selbsttätig. Es gibt keine Autofahrer mehr – nur noch Passagiere. Im Falle eines Unfalls wären diese nicht haftbar, den Schaden müssten Hersteller, Halter oder Versicherungen bezahlen. Auch hier fehlt noch ein rechtlicher Rahmen.
Avatar
Digitales Gegenstück einer Person in der virtuellen Welt von morgen.
Steven Spielbergs 2018 erschienener Science-Fiction-Film "Ready Player One" spielt im Jahr 2045. Der Menschheit geht es nicht gut. Viele flüchten sich in das Metaversum "Oasis". Mit dieser digitalen Parallelwelt sind die User über Datenbrille und Ganzkörperanzug verbunden – und sie sind dort mit allen Sinnen unterwegs. "Immersion" heißt das ganzheitliche Eintauchen in eine 3-D-Welt. Dafür ist ein Avatar nötig. Ein digitales Alter Ego also, das mit anderen Avataren interagiert. Spielberg greift existierende Ideen auf, setzt aber eine Reihe technischer Sprünge als gegeben voraus. So einfach ist das Metaversum nicht zu haben. Technikfans sehen darin das nächste große Ding; Kritiker*innen halten das für Größenwahn.
Die Gegenwart geht so: Nimm ein Gerät X und logge dich auf Plattform Y ein. Mit viel Aufwand vernetzen TechKonzerne zudem ihre Angebote; Facebook etwa mit Instagram und WhatsApp. Ein Metaversum (englisch: metaverse) würde einzelne Plattformen unnötig machen, weil von Freizeit über Ausbildung bis hin zum Business alles möglich ist. Als Paralleluniversum für Milliarden Menschen. Das ist zumindest der Traum von Facebook, das an so einem Metaversum arbeitet. Warum jetzt? Weil es mit neuen Technologien – Cloud-Lösungen, Superrechner, künstliche Intelligenz und Virtual Reality – Instrumente dafür gibt. "Meta" heißt der Facebook-Konzern folgerichtig seit 2021.
Der "Second Life"-Erfinder Philip Rosedale äußerte sich jüngst skeptisch. Seine 3-D-Welt galt in den Nullerjahren als frühes Metaversum und lockte zeitweise monatlich eine Million Menschen in ein virtuelles Ökosystem. Über ihre Avatare gestalteten die User*innen einen Abklatsch der realen Welt. Entgegen allen Erwartungen wuchs die Zeit, die Menschen online verbrachten, gar nicht ins Unermessliche. Heute dominieren spezialisierte 3-D-Welten mit überschaubarer Nutzerschaft; vor allem aus der Gaming-Szene.
Aber noch gibt es nicht die eine Schnittstelle, die eine/einen User*in ins Metaversum katapultiert. Es existiert nicht einmal eine allgemeine Definition einer solchen Umgebung. Und wird es ein Hyper-Metaversum für alle Digitalwelten geben? Dominiert von einem Unternehmen? Ethische Fragen, Energiebedarf, Datenschutz und andere Kriterien sind bislang kaum umrissen. Und wie viel Pflege braucht so ein Avatar? Am Ende von Spielbergs Blockbuster fällt dieser herrlich irdische Satz: "Die Realität ist der einzige Ort, wo es etwas Vernünftiges zu essen gibt."
Blockchain
Dezentrale Datenbank, in der eine Kette aus aufeinanderfolgenden, voneinander abhängigen Transaktionen in Datenblöcken revisionssicher gespeichert wird.
Neue Technologien erzeugen oftmals gleichermaßen Angst und Euphorie. Krpytowährungen etwa drohen die alte Welt der Banken aus den Angeln zu heben. Die bekannteste Währung heißt Bitcoin, und sie setzt auf die Blockchain-Technologie.
Die Idee hinter der Blockchain ist nicht neu. Man kennt sie aus der klassischen Buchführung. Im Journal – auch als Tage- oder Grundbuch bekannt – werden alle geschäftlichen Vorgänge detailliert erfasst. Jede Transaktion wird nachvollziehbar aufgezeichnet. Die Blockchain erweitert diese Idee um die digitale dezentrale Speicherung der Daten. Jeder an einer Transaktion beteiligte Partner verfügt über eine deckungsgleiche Blockchain-Datei. Diese Dateien gleichen sich über das Internet miteinander ab. Sollte ein Partner versuchen, in seiner Datei etwas zu verändern, so würde diese veränderte Datei durch den Abgleich mit den anderen Dateien als gefälschte Version erkannt und ausgeschlossen werden.
Die möglichen Einsatzbereiche der Blockchain scheinen grenzenlos, vom klassischen Devisen- oder Aktiengeschäft über den Waren- oder Immobilienhandel bis ins tägliche Leben. Immer wären alle Transaktionen dezentral gespeichert, verschlüsselt und dennoch transparent – und damit sicher und nachvollziehbar. Ob man ein Haus oder ein Auto kauft – in der Blockchain könnten alle wichtigen Daten und Fakten gespeichert werden. Welcher Architekt hat das Haus geplant, wer beim Bauamt den Bauantrag genehmigt, welcher Installateur die Wasser- und Stromleitungen gelegt, welcher Hersteller die verbauten Rohre und Kabel vorher hergestellt – und so weiter und so fort. Die Kette ist grenzenlos erweiterbar. Beim Auto würde die Blockchain das Scheckheft ersetzen und nicht mehr nur die Reparaturen vom Vertragshändler vermerken, sondern auch all die kleinen Instandsetzungen der Werkstatt um die Ecke. Eine lückenlose, nachprüfbare, fälschungssichere Historie aller Teile sowie aller Menschen und Unternehmen, die jemals mit dem Auto in irgendeiner Weise zu tun hatten.
Doch die Blockchain könnte auch zum Jobkiller werden. Denn wenn etwa smarte Verträge, die in der Blockchain verankert sind, regeln, wann wer von wem für eine Dienstleistung Geld erhält – wenn z.B. ein Händler Waren geliefert und der Hersteller automatisch den vereinbarten Betrag überwiesen bekommt oder jemand sein smartes Auto in einer smarten Parkbucht abstellt und die Gebühr automatisch abgebucht wird –, dann braucht es keine Kontrolleure mehr. Das übernimmt dann die Blockchain, unbestechlich und ständig.
Bibliothekswissenschaft
Forschungszweig, der Wissenssammlungen zukunftsfähig macht.
Menschen horten seit tausenden Jahren ihr Wissen. Oft kontrollierten Eliten den Zugang dazu, wie Umberto Eco in seinem berühmten Roman "Der Name der Rose" so bitterböse schreibt. Dort ist die Bibliothek ein mittelalterliches Labyrinth samt dämonischem Bibliothekar als Zutrittsbegrenzer. Die Zukunftsvisionen moderner Bibliothekswissenschaftler sind das komplette Gegenteil.
Spätestens seit dem Start von Google 1998 begann für Bibliotheken eine harte Zeit. Onlinerecherche, Künstliche Intelligenz und Medienplattformen ohne Ende – die Digitalisierung stellte Bibliotheken vor die Wahl: sich ändern oder aussterben. Der dänische Wissenschaftler Jens Thorhauge beschreibt drei Strategien, wie sich Bibliotheken als Wissens-Institutionen etablieren können. Als "Literathek", die Lesen und Lesekompetenz fördert. Oder als "Aktivithek" mit Fokus auf Interaktivität. Alles, was zur Gemeinschaftsbildung beiträgt, würde dort stattfinden. Die "Online-Bibliothek" schließlich würde sich der Nutzung digitaler Medien auf hohem Niveau verschreiben. Alltagstauglich und auf Bedürfnisse eines Nutzers oder einer Nutzerin zugeschnitten! Und so wie sich die Arbeitswelt wandele, so sei "der Bedarf nach lebenslangem Lernen und Weiterbildung offensichtlich". Genau da kämen Bibliotheken ins Spiel. Als Häuser mit langen Öffnungszeiten und interaktiven Formen wie Hausaufgabencafés, IT-Workshops oder Maker-Faires. "Die öffentliche Bibliothek sollte ein Ort sein, der dem Leben des Einzelnen einen Mehrwert verleiht", findet Thorhauge.
Der Potsdamer Wissenschaftler Hans-Christoph Hobohm sieht in Bibliotheken einerseits Wissenskatalysatoren, die bei der Bewältigung der Informationsflut helfen. Andererseits sind sie auch für ihn "Orte der Konversation und der Praxis von Gemeinschaften." Neues Wissen könne dort entstehen, wo sich Menschen begegneten. Auch ganz lebenspraktisch, wie die USA zeigen. Dort bieten Bibliotheken unter anderem ein soziales Sicherheitsnetz für Obdachlose. Für all das brauchen sie eine einladende Struktur. Häuser wie das Dokk1 im dänischen Aarhus, das Oodi im finnischen Helsinki oder die Neue Bibliothek in Stuttgart sind Beispiele dafür. Für den US-amerikanischen Forscher Richard David Lankes sind Bibliotheken lebendige Communities, weil dort Menschen lernen, teilen und teilhaben. Dies, und nicht etwa Papier und Bits, sei der wahre Kern einer Bibliothek.
Bionik
Die Natur als Vorbild für technische Lösungen
"Biologie« und "Technik" ergeben das Kofferwort "Bionik". Es bezeichnet ein interdisziplinäres Forschungsfeld. Vor allem Ingenieurinnen und Ingenieure schauen auf die Natur, um von ihr zu lernen. Krakenhafte Saugnäpfe, die Kletterfähigkeiten von Geckos als Vorbild für ebenso klebstofffreie wie selbsthaftende Produkte oder das Klettenhafte von Klettverschlüssen – alles Bionik. Die Evolution brachte eine Menge erfolgreicher Lösungen hervor, die zu technischen Anwendungen inspirieren.
Zum Beispiel in der Informationstechnologie: Optische Verfahren dienen dort auch der Übertragung von Informationen. Aber photonische Elemente sind komplex aufgebaut. Nanophysiker untersuchen die schlichten, aber hocheffizienten Farbspiele bei Insekten und Vögeln. Chitinpanzer und Federn schillern in irren Farben, weil ihre Oberflächen besondere lichtbrechende Strukturen aufweisen. Und dieses Wissen könnte – übersetzt in neue Technologien – zu einer verbesserten Datenübertragung führen. Künstliche Neuronale Netze (KNN) kopieren das Prinzip der Selbstorganisation, mit dem auch das menschliche Gehirn arbeitet. Das sortiert die Verknüpfungen von Nervenzellen ständig neu. Nichts anderes machen mathematisch berechnete künstliche Knoten in einem KNN. Da spult kein Computersystem stumpf einen vorgegebenen Algorithmus ab, um ein Problem zu lösen. Sondern eine Künstliche Intelligenz bekommt eine Aufgabe und sucht ihren Lösungsweg.
Bionik führt zu neuen Materialien, zu raffinierten Leichtbaukonstruktionen oder völlig neuartigen Geräten. Die Bewegungsbionik untersucht beispielsweise Antriebsmechanismen, etwa die vom Vogel Strauß. Forschende vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme und der University of California nahmen die Millionen Jahre alte, effektive Lauftechnik der großen Vögel unter die Lupe. Diese schaffen weite Strecken in hohem Tempo; in der Spitze sind es bis zu 70 Kilometer je Stunde. Die Wissenschaftler*innen entwickelten nach diesem Vorbild den Laufroboter BirdBot, der sich wie ein Strauß bewegt. Mit dem faszinierenden Ergebnis, befand das Geo-Magazin jüngst, dass nur ein Viertel der Energie nötig ist, wie sie andere mobile Roboter brauchen.
Bionik ist verführerisch. Sie reduziert evolutionäre Ideen der Natur zu vermarktbaren Lösungen für den Menschen. Konsequent angewandt müsste der Forschungsansatz – der noch immer ein Nischendasein führt – aber zu mehr Umweltschutz führen. Getreu dem Leitgedanken: Bewahre, wovon du profitierst.
Bitcoin
Kryptowährung, die mehr Energie verbraucht als Schweden.
Wäre Bitcoin ein Staat, er stünde auf der Hitliste der Länder mit großem Strombedarf derzeit auf Rang 26. Sagt eine Studie der University of Cambridge, die den Energieverbrauch etlicher Länder mit dem von Bitcoin vergleicht. Die Digitalwährung existiert, weil ein internationales Netz privater Computerbesitzer eine hohe Rechenleistung aufbringt. 2017 lag der Jahresverbrauch des Netzwerks noch bei rund 6,6 Terrawattstunden (TWh); inzwischen schwoll er auf 150 TWh an. Das ist mehr als Schweden im Jahr an Energie braucht (132 TWh).
Eine Kryptowährung ist digitales Geld. Ihre Einheiten werden errechnet. Sie verspricht Gewinne ohne staatliche Kontrolle. Die erfolgreichste Digitalwährung (Marktanteil über 60 Prozent) ist Bitcoin. Sie funktioniert als eine Art globales Kassenbuch; die Blockchain. Verschiedene Transaktionen sind in Blöcken zusammengefasst. Verschlüsselt und simultan auf zigtausenden Rechnern gesichert. Die Software ist frei zugänglich. Jeder Computer, der einen neuen Block berechnet, leistet doppelten Dienst. Erstens ermöglicht er den Handel mit Bitcoins. Zweitens verdient er seinem Besitzer eine kleine Gebühr für seinen Erfolg, zahlbar in Bitcoins. Jede Transaktion lässt neue Bitcoins entstehen. "Mining" nennt das die Szene, also schürfen.
2009 schuf Satoshi Nakamoto den ersten Block der von ihm erfundenen Bitcoin-Blockchain. Seine wichtigste Regel lautet: Es gibt nie mehr als 21 Millionen Bitcoins. Fans rätseln über diese Zahl, aber Nakamoto kann niemand fragen. Der Name ist ein Pseudonym; die Person dahinter bis heute ein Mysterium. Die Limitierung sorgt für eine Wertsteigerung. 2010 war ein Coin kaum einen Euro wert. Dieses Jahr überschritt der Kurs die 42000-Euro-Marke. 2020 waren über 18 Millionen Bitcoins im Umlauf. Jetzt herrscht Goldgräberstimmung. Immer mehr Rechner schürfen im Netzwerk; neben dem Konkurrenzdruck steigt auch der Stromverbrauch. Elon Musk, Chef des Elektroautobauers Tesla, klinkte im Mai sein Unternehmen aus dem Bitcoin-Netz aus. Er begründete das mit dem Umweltschutz. Tesla hatte zuvor selbst 1,5 Milliarden Dollar in Bitcoin investiert (und viel
Geld durch Verkäufe verdient). Musks Bitcoin-Abschied hat nicht nur deshalb ein Geschmäckle. Für viele Insider steckt der Tesla-Chef hinter dem Pseudonym "Nakamoto". Musk verneint das. Aber wer weiß, vielleicht befördert sein Schachzug eine bessere Ökobilanz für den "Staat Bitcoin". Viele Miner denken über erneuerbare Energien nach.
Booster
Eine Hilfsrakete, die in der Raumfahrttechnik beim Start eingesetzt und dann abgeworfen wird.
Trekkies träumen vom 5. April 2063. Im Fan-Universum von "Star Trek" ist das der "Tag des ersten Kontakts". Die Science-Fiction-Serie stellt dieses fiktive Datum mit dem erfolgreichen Test eines ebenso fiktiven Warp-Antriebs in den Mittelpunkt. Die Technik dahinter ist das Geheimnis der Drehbuchautoren; sie erlaubt Überlichtgeschwindigkeit und bringt die Menschheit mit interstellaren Kulturen in Kontakt. Es ist der Beginn einer friedlichen Weltraumgemeinschaft. Mit Boostern ist Lichtgeschwindigkeit kaum zu schaffen, ohne diese Technik ist aber in der realen Welt derzeit kein Flug ins All möglich.
"Boost" steht im Englischen für den Auftrieb, den eine Rakete braucht, um die Erdanziehung zu überwinden. Gewicht ist nur mit brutaler Gewalt ins Weltall zu bekommen. Wäre das Raumfahrzeug ein Ball, dann ist der Booster der Arm des Werfers. Je fester er wirft, desto weiter fliegt der Ball. Sputnik, der weltweit erste Satellit, wog 83,6 Kilogramm und war nicht größer als ein Basketball. Die Internationale Raumstation ISS ist so groß wie ein Fußballfeld und wiegt 450 Tonnen. Dafür braucht es brutal viel Kraft.
Die Grundidee klingt simpel. Nimm einen stabilen Behälter, fülle ihn mit festem oder flüssigem Treibstoff und hänge ihn an eine Trägerrakete. Der Booster hat ausgedient, wenn das Raumfahrzeug – das Nutzlast oder Astronauten befördert – die Geschwindigkeit erreicht hat, die es zu einer bestimmten Erdumlaufbahn (dem Orbit) bringt.
Die Europäische Weltraumorganisation Esa schickt seit Jahren Trägerraketen des Typs Ariane 5 ins All. Sie ist knapp 60 Meter hoch, höher als der Schiefe Turm von Pisa. Allein die beiden Feststoffbooster sind 31,5 Meter lang und haben einen Durchmesser von drei Metern. Sie hängen seitlich an der Hauptstufe der Rakete. 130 Sekunden lang
werden in jedem Booster über 240 Tonnen Festtreibstoff verbrannt; die Mixtur enthält unter anderem Ammoniumperchlorat und Aluminium. Das reicht für 25 Millionen PS und einen Schub von fast 700 Tonnen. Ohne ihn höbe die Ariane gar nicht ab. Nach dem Ausbrennen fallen die Booster in den Atlantik.
Inzwischen plant die Esa die Ariane 6; hinzu kommen Trägerraketen anderer Staaten und privater Firmen wie SpaceX von Elon Musk. Sie alle arbeiten mit Boostern. Und niemand weiß, mit welcher Antriebshilfe Menschen irgendwann tatsächlich einem "Ersten Kontakt" entgegenfliegen könnten. Aber der Technikwettbewerb ist eröffnet. Das Träumen auch – und nicht nur bei Trekkies.
Crowdfunding
Eine Art der Finanzierung, die im Deutschen auch als Schwarm- oder Gruppenfinanzierung bezeichnet wird.
Crowdfunding klingt wie eine Entwicklung des Internetzeitalters. Dabei ist Crowdfunding gar kein neues Phänomen, auch wenn es in den vergangenen 15 Jahren einen enormen Aufschwung erfahren hat. Durch Schwarmfinanzierung wurde schon etwa Ende des 19. Jahrhunderts das Geld für die Errichtung des Sockels der Freiheitsstatue gesammelt. Auch Bücher und Musikstücke wurden in den Jahrhunderten zuvor über ähnliche Sammlungen finanziert. Doch das Internet hat der Gruppenfinanzierung einen Turbo verliehen: Im vergangenen Jahr wurden weltweit rund 35 Milliarden US-Dollar gesammelt. Bis 2025 soll der Crowdfunding-Markt auf mehr als 300 Milliarden US-Dollar anwachsen. Beim Crowdfunding wird zwischen vier Varianten der Finanzierung unterschieden: "donation-based" Crowdfunding entspricht einer Spende, "rewardbased" bedeutet, dass der Unterstützende eine Gegenleistung für einen gewissen Geldbeitrag erhält. Beim "lendingbased" Crowdfunding wird das Geld verliehen und bei der Variante "equitybased" konzentrieren sich neben finanzkräftigen Einzelpersonen vor allem Investmentfirmen darauf, Start-ups mit Anschubfinanzierungen zu unterstützen, in der Hoffnung, dass das Unternehmen mal Rendite abwirft.
Heute gibt es Hunderte Crowdfunding-Plattformen, auf denen Startups und Künstler, Journalisten und Filmemacher um finanzielle Unterstützung für ihre Vorhaben bitten. Das bisher größte deutsche Crowdfunding-Projekt war der Kinofilm zur TV-Serie "Stromberg". Innerhalb von einer Woche kam die gewünschte Summe von einer Million Euro zusammen. Weltweit wurden schon ganz andere Summen gesammelt: Für die Entwicklung des Online-Weltraum-Spiels "Star Citizen" kamen seit 2012 durch Crowdfunding und virtuelle Handelsgeschäfte im Spiel selbst rund 250 Millionen US-Dollar zusammen.
Wie für das Internet insgesamt gilt auch beim Crowdfunding: Es ist, was man daraus macht. Es kann Ulk sein, wie etwa im Fall von Zack Brown, der eigentlich nur zehn US-Dollar für eine Schale selbst gemachten Kartoffelsalat sammeln wollte. Sein Juxprojekt ging viral, am Ende waren es 55 000 US-Dollar und Brown schmiss eine irrwitzige Kartoffelsalatparty. Crowdfunding kann aber auch in Not geratenen Menschen und Tieren helfen, wie man es derzeit beim großen Spendenaufkommen für Australien sieht. Crowdfunding ist auf jeden Fall ein Jobmotor, denn dank Schwarmfinanzierungen sollen Schätzungen zufolge weltweit rund 270 000 Arbeitsplätze geschaffen worden sein. Wie nachhaltig diese sind, bleibt abzuwarten. Denn nicht der Markt allein entscheidet über die Zukunft dieser Industrie, sondern auch die Spendenbereitschaft der Unterstützenden.
Crowdworking
Form der Arbeitsorganisation, bei der Internetplattformen eingesetzt werden, um Gruppen oder Einzelpersonen damit zu beauftragen, Dienstleistungen bereitzustellen.
Manche Arbeiten scheinen so umfangreich zu sein, dass ein Mensch auf sich selbst gestellt es nie schaffen würde, diesen Berg an Aufgaben allein abzuarbeiten. Für eine große Gruppe - eine Crowd (Masse) - dagegen ist das kein Problem, wenn man die Aufgaben in kleine Einzelaufträge zerteilt und verteilt. Ameisen sind ein gutes Beispiel, wie Crowdworking funktioniert: Millionen von Tieren übernehmen minimale Jobs und vollbringen Mammutprojekte.
Crowdworker sind sozusagen die digitalen Ameisen des Internetzeitalters. Der Einsatz von Crowdworkern ist so mannigfaltig wie das Web selbst: Von simpelsten Tätigkeiten wie der Verschlagwortung von Millionen von Fotos über die Erstellung und das Testen von Websites bis hin zur Entwicklung von Produktideen und der anschließenden Gestaltung - alles, was man mit Hilfe eines Computers, eines Tablets oder eines Smartphones erledigen kann, kann von einer Crowd abgearbeitet werden.
Die Vorteile dieser digitalen Arbeitswelt scheinen verlockend: Keine rigide Arbeitszeit und kein festes Büro, sondern individuelle Zeiteinteilung mit der Welt als Arbeitsplatz. Denn für Aufträge, die komplett digital erledigt werden können, spielt es keine Rolle, ob sie in Leverkusen oder in Laos erledigt werden. Und wer richtig spezialisiert ist, kann viel Geld verdienen. Wer aber nur Links auf einer Homepage per Klick auf Funktion testet, darf keine Expertenentlohnung erwarten.
Diese Art digitaler Freiberufler tragen dafür aber alle Risiken und Kosten selbst, inklusive Krankenversicherung und Sozialabgaben. Keine oder kaum Rechte und keinen bis wenig Schutz sind die Folge. Das ist der Nachteil für die einzelne Ameise - bei Ausfall ist sie sofort ersetzbar, ohne Rücksicht auf Einzelschicksale. Crowdworker laufen auch Gefahr, nicht einmal den Mindestlohn zu verdienen. Denn es wird nicht Arbeitszeit bezahlt, sondern nur erbrachte Leistung. Statt Arbeitsplatz zählt nur Arbeitseinsatz. Das ist die ultimative Flexibilisierung der Arbeit.
In dieser Hinsicht gleicht das World Wide Web dem Wilden Westen - viele Möglichkeiten, kaum Schiedsrichter, die für Recht und Ordnung sorgen. Somit dürfte Crowdworking zu einer der größten Herausforderungen für Gewerkschaften und unsere (globale Arbeits-) Gesellschaft werden. Denn man wird das Rad nicht zurückdrehen und die Zeit nicht anhalten können. Aber man kann diese (nicht immer) schöne neue Welt mitgestalten und mit Regeln versehen. Freiheiten und Möglichkeiten wird es dann auch noch genügend geben. Aber eben auch weniger Kollateralschäden.
Cyborg
Ein Mensch-Maschine-System, das ethische Fragen aufwirft.
Vor den Cyborgs war die Kybernetik (englisch: cybernetics). Das ist eine Wissenschaft, die belebte und unbelebte Systeme erforscht, in denen Informationen verarbeitet und genutzt werden. Demnach ist eine Qualle ebenso ein kybernetisches System wie es ein Mensch oder ein Computer sind. Zu dieser wissenschaftlichen Wurzel kommt eine kreative hinzu: Es waren Science-Fiction-Autoren, die seit den 1960er-Jahren den Begriff »Cyberspace« etablierten. Das heißt auf Deutsch so viel wie kybernetischer Raum. Der Cyberspace steht für eine virtuelle Welt. "Matrix" heißt so ein künstlich erzeugter Raum in der gleichnamigen Filmtrilogie der Wachowski-Geschwister. Und wer heute mit modernen VR-Brillen in Online-Computerspielwelten abtaucht, ist ebenfalls in einem Cyberspace unterwegs. So weit so gut. Doch was passiert, wenn Biologie und Technik eine neue Einheit bilden – also ein Organismus eine kybernetische Erweiterung bekommt? Dann wird auch aus dem Begriffspaar "Cyber" und "Organismus" endlich das Kunstwort "Cyborg".
Der britische Kybernetiker Kevin Warwick gilt als Cyborg-Pionier. Als erster Mensch ließ sich der Forscher 1998 einen Mikrochip implantieren, mit dessen Radiosignalen er Türschlösser, Licht und seinen Computer steuert. Cyborgs wie ihm geht es um Möglichkeiten, die Fähigkeiten des Menschen zu erweitern. Andere wiederum nutzen Implantate, um körperliche Behinderungen zu kompensieren. Der britische Künstler Neil Harbisson hat seit 2004 eine Antenne an seinem Hinterkopf verankert, die Lichtwellen in Vibrationen verwandelt. Harbisson ist farbenblind, aber mit der Erweiterung kann er Farben hören. Er steckt gewissermaßen dauerhaft in seinem eigenen Cyberspace. Und weil der Brite in einem Pass mit dieser "Eyeborg" genannten Antenne abgelichtet ist, gilt er als erster staatlich anerkannter Cyborg.
Die spanisch-katalanische Tänzerin Moon Ribas bekam 2013 einen Sensor eingepflanzt, der seismische Aktivitäten aufspürt und sie als Vibrationen an Ribas meldet. Das baut sie in ihre Tanzchoreografien ein. Mit Harbisson zusammen gründete sie 2010 die Cyborg-Foundation. Die setzt sich für die Rechte heutiger und künftiger Cyborgs ein. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der deutsche Verein Cyborgs e.V. Er begleitet zudem die Entwicklung neuer Implantate und anderer kybernetischer Erweiterungen auch kritisch. Denn die dauerhafte Fusion von Mensch und Technik hat immer auch eine ethische Komponente.
Interessante Links:
https://www.cyborgfoundation.com/
https://cyborgs.cc/
E-Learning
Alle Formen des Lernens, bei denen elektronische oder digitale Medien für die [ Darstellung von Lernmaterialien und/oder zur Kommunikation zum Einsatz kommen.
E-Learning hat wie viele Arbeitsprozesse, die dank Videochat und anderer Apps digitalisierbar sind, wegen der Sars-CoV2-/Covid-19-Pandemie einen neuen Aufschwung erfahren. Ob Uni oder Unternehmen – nicht nur Menschen, die in der Uni oder einem Büro sitzen oder bei Kunden vor Ort sind, sondern auch die, die in Produktionsanlagen arbeiten, müssen sich teils auf neue Arbeitsabläufe einstellen. Jobanfänger werden derzeit oftmals direkt digital eingearbeitet und mit Abläufen und Projekten vertraut gemacht. Dokumente können geteilt und gleichzeitig oder zeitversetzt bearbeitet werden.
E-Learning ist aber viel mehr als nur ein Videochat-Ersatz für eine Präsenzveranstaltung – und es viel älter als der Computer an sich. Denn die erste Lernmaschine entstand bereits im 16. Jahrhundert, als Agostino Ramelli 1588 für den französischen König Heinrich III. das Bücher- beziehungsweise Leserad erfand. Das Bücherrad war ein rotierendes Lesepult, das man sich wie eine Rollkartei vorstellen kann. Dabei mussten die Bücher nicht nacheinander gelesen werden, sondern funktionierten wie heutige Webseiten, bei denen Querverweise (Links) zu Stellen in anderen Büchern führten. Das Leserad war somit ein sehr früher Vorläufer des heute allseits bekannten Hypertexts.
E-Learning ist so vielfältig wie die verfügbaren digitalen Medien. So kann eine Fortbildung als Video live gestreamt oder aufgenommen und von Mitarbeitenden am Computer, auf dem Tablet oder dem Smartphone allerorts verfolgt werden. Weitere Lerninhalte können als Webseiten vorgehalten werden, selbst Prüfungen können webbasiert absolviert werden, wobei hier ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden muss, dass Schummeln so gut wie ausgeschlossen wird. Das kann so weit gehen, dass Prüflinge mittels der Webcam ihr direktes Umfeld einmal live abschwenken müssen, damit sichergestellt ist, dass beim Test niemand unlauter Hilfe leistet. Aber auch interaktives Arbeiten ist mittlerweile kein Problem mehr – den großen Bandbreiten der Internetanbieter sei dank. Digitale Lehrveranstaltungen mit bis zu 400 Teilnehmern sind keine technische Herausforderung, aber durchaus eine pädagogische – und vor allem eine für die eigene Konzentrationsfähigkeit.
eHealth
Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitsbereich.
eHealth, oft auch als Digital Health bezeichnet, bedeutet zuerst einmal nichts anderes als »elektronische Gesundheit«, ist also ein Sammelbegriff für alle möglichen Ansätze und Anwendungen im Gesundheitssektor. Ziel der Digitalisierung ist, die Effizienz der Patientenversorgung zu verbessern, Behandlungen individueller und wirkungsvoller auf die jeweilige Person anzupassen sowie die zahlreichen Dienste sicher und zuverlässig miteinander zu vernetzen.
Zu eHealth gehört genauso die digitale Patientenakte wie die Sprechstunde per Videochat; gerade Letztere könnte dank der weltweit gemachten Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie einen Aufschwung erleben, wobei allerdings jede technische Lösung datenschutzrechtliche Aspekte erfüllen muss. Denn wie das Gespräch in der Praxis muss auch der Chat garantiert vertraulich bleiben.
Zu eHealth gehören aber auch die Telemedizin sowie webbasierte Diagnosen und tragbare Geräte und Sensoren zur Fernüberwachung, etwa für Blutdruck, Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz. Verschiedene Professionen werden von eHealth berührt: Mitarbeitende in Praxen und Krankenhäusern genauso wie Wissenschaftler und Forscher, aber auch Apotheker, Ingenieure und Datenspezialisten.
Das Problem: Das deutsche Gesundheitssystem hinkt bei der Digitalisierung deutlich hinterher. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahre 2018 attestiert Deutschland, dass die hiesigen Bemühungen nicht ansatzweise ausreichend sind. Von 17 untersuchten Ländern landete Deutschland auf Platz 16. Während in vielen Ländern der digitale Austausch von Daten oder Ferndiagnosen längst zum ärztlichen Alltag gehört, setzt man in Deutschland oftmals nach wie vor auf Papier. So verspricht das Bundesgesundheitsministerium zwar seit Jahren, dass ab 2021 jeder Bürger das Recht auf eine elektronische Patientenakte (ePA) haben wird, in der Befunde, Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Behandlungsberichte, Impfungen, elektronische Medikationspläne sowie Arztbriefe gespeichert werden können. Auch sollen Notfalldatensätze hinterlegt werden können, mit denen sich etwa gefährliche Wechselwirkungen bei der Einnahme mehrerer Medikamente verhindern ließen. Doch für die Umsetzung gebe es noch keinen klaren Kompass, so die Autoren der Studie – und das in einem Markt, der allein in Deutschland bis 2025 auf 38 Milliarden Euro wachsen soll.
Exoskelett
Eine äußere Stützstruktur für einen Organismus.
Exoskelette sind keine Erfindung der modernen Robotik, aber dort haben sie sich etabliert. Neben dem Militär, das immer nach einem Weg sucht, Soldaten/Soldatinnen effizienter auszustatten, hat auch die Industrie die Vorzüge dieser Stützstrukturen für sich entdeckt. Die Vorbilder der bionischen Exoskelette finden sich in der Natur, etwa bei Insekten oder Krebstieren. Menschen dagegen verfügen über ein sogenanntes Endoskelett, also eine Stützstruktur aus Knochen, Muskeln und Sehnen im Körperinneren.
Viele Arbeitnehmende, die in der Produktion oder der Logistik arbeiten, sind dankbar für Exoskelette, die bei körperlich anstrengender Arbeit entlasten. Die Effekte können nicht überschätzt werden, sind laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) doch für rund 23 Prozent aller krankheitsbedingten Fehlzeiten in Deutschland verantwortlich. In Eurobeträgen sind die Auswirkungen noch deutlicher auszumachen: MSE sind für 17,2 Milliarden Euro Produktionsausfall und für einen Ausfall von 30,5 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung pro Jahr verantwortlich.
Auch in der modernen Medizin werden Exoskelette eingesetzt, etwa um Schlaganfall-Patienten das Wiedererlernen des Gehens zu erleichtern. Oder um Menschen mit Muskelschwäche und selbst Querschnittgelähmten dank des Einsatzes von Exoskeletten wieder selbstbestimmte Fortbewegung zu ermöglichen. Nach Militär, Medizin und Industrie sind Exoskelette auch im Sport angekommen. Noch ist aber der Einfluss der unterschiedlichen Technologien zu klären, also ob es sich etwa um eine Art "mechanisches Doping" handelt. Denn neben abnehmbaren Exoskeletten gibt es auch fest im menschlichen Körper verbaute Teile. Wo endet der Mensch und wo beginnt der Cyborg, das Mischwesen aus Mensch und Maschine? 2012 absolvierte die querschnittgelähmte Britin Claire Lomas bei den Paralympics in London dank künstlicher, von außen steuerbarer Kniegelenke und eines Exoskeletts innerhalb von 17 Tagen einen Marathon.
Bisher ist aber noch überhaupt nicht klar, ob Exoskelette die beste Lösung sind. Langzeiteffekte der neuen Technologie konnten bisher noch nicht erforscht werden – sie ist schlicht zu neu dafür.
Internet of Things
Sammelbegriff für Technologien, die physische und virtuelle Gegenstände miteinander vernetzen und sie mittels Informationstechniken zusammenarbeiten lassen.
Das Internet of Things (IoT), zu deutsch das Internet der Dinge, ist ein Begriff, der keine klare Grenze aufweist. Industrie 4.0 ist genau Teil des IoT wie das Smart Home, in dem per Smartphone Heizungsventile (Smart Metering) und Lampen zu Hause geregelt werden. Der Kühlschrank, der selbständig Milch beim Supermarkt mit Lieferservice nachbestellt, nachdem ein Sensor das Gewicht der Milchtüte gemessen hat, ist keine Fiktion mehr, auch wenn er in der breiten Öffentlichkeit noch nicht Fuß gefasst hat. Die große Industrieanlage, die mittels Sensoren selbständig misst (Predicitive Maintenance, siehe Kompakt Magazin 07/08 2019), ob alles in Ordnung ist oder sich ein Technikerteam doch schon mal auf den Weg machen sollte, ist dagegen längst Realität. Es ist ein bisschen so wie in dem altbekannten Sketch »Milz an Großhirn« von Otto.
Das IoT ist also auf der einen Seite die Schnittstelle zwischen der physischen und der virtuellen Welt, in der jedes Ding, das mit einem Netzwerk verbunden werden soll, eine eindeutige Identität erhält. Passionierte Hobbygriller etwa nutzen gern Fleischthermometer, die per Bluetooth die aktuelle Kerntemperatur des Grillguts ans eigene Smartphone oder Tablet übertragen. So muss man nicht mehr ständig am Grill stehen, sondern kann sich seinen Gästen widmen. Auf der anderen Seite ist das IoT aber eben auch die Verbindung zwischen sogenannten intelligenten Geräten, den Smart Devices, die ohne Eingabe des Menschen funktionieren und miteinander kommunizieren. Die Geräte oder virtuellen Anwendungen verständigen sich, einigen sich und handeln, ohne dass der Mensch noch Teil dieser Kommunikation sein muss. Dieser hat aber im Vorfeld die Regeln abgesteckt, innerhalb derer die Geräte und Anwendungen handeln dürfen und sollen.
Die Vernetzung vieler Geräte miteinander über ein Netzwerk mit eventueller Anbindung ans Internet bietet nicht nur Vorteile wie Predictive Maintenance oder Just-in-time-Lieferungen, sondern birgt auch Risiken. Denn alles, was in einem Netzwerk adressiert ist, kann angegriffen werden. Denkbare Missbrauchsszenarien reichen vom unbefugten Auslesen und Ausspionieren persönlicher Daten über das Ausführen von unerwünschten Aktionen bis hin zur Sabotage und Zerstörung von ganzen Industrieanlagen. Daher gilt es abzuwägen, welche Erleichterungen und Erweiterungen eingedenk der möglichen Risiken wir nutzen wollen und wann wir lieber offline bleiben wollen.
Kartografie
Kulturtechnik, die im Krisenfall auch schützen hilft.
Die erste europäische Straßenkarte, mit Entfernungsangaben von Dänemark bis Rom, druckte Erhard Etzlaub um 1500. Heute stellen digitale Systeme Daten nach Bedarf und Thema zusammen. Dieses "Smart Mapping" gewinnt rasant an Fahrt; im Gefolge von künstlicher Intelligenz (KI) und moderner Weltvermessung. In der Profiliga der Kartografie geht es um das Aufbereiten riesiger Datenmengen in globalen Größenordnungen. Seien es allmähliche Entwicklungen wie Veränderungen der Küstenlinien oder akute Krisenfälle wie Hochwasser. Auch dann helfen Geoinformationssysteme dabei, Karten mit den gerade benötigten Eckdaten zu erstellen.
Nehmen wir die kleinen Wasserläufe Ahr, Swist oder Erft. Im Juli wandelten sie sich in kürzester Zeit in brüllende Riesen, die ungeahnte Sturzfluten durch Bergtäler jagten. Kurz zuvor hatte unter anderem das Europäische System für Flutwarnungen EFAS eine Warnmeldung verschickt. Wie immer Behörden mit solchen Meldungen im Einzelfall umgehen – die Richtung ist klar: Smarte Kartografie wird für den Katastrophenschutz immer wichtiger. EFAS arbeitet mit Geoinformationen des EU-Programms Copernicus. Dessen Akteur*innen schickten 2014 den ersten Sentinel-Satelliten ins All. Heute sind da oben sechs Satellitengruppen unterwegs. Ihre Daten fließen in Forschungsprogramme, die auch den Klimawandel beobachten. Und für Krisenstäbe Karten produzieren, die Hochwasserfluten sowie Waldbrände erfassen. Ein weiteres Beispiel ist der im Februar dieses Jahres veröffentlichte Hochwasseratlas des Bundesamts für Kartografie und Geodäsie (BKG). Er setzt Niederschlagsprognosen und Satellitendaten nahezu in Echtzeit in Hochwasserkarten um.
Oft werden Daten aber auch am Boden erhoben. Telemetriesysteme unterstützen beispielsweise bei der Überwachung bedrohter Tierarten. Um Karten von Lebensräumen oder Wanderrouten zu erstellen, müssen viele Tiere mit Sendern versehen werden. Das ist pure Handarbeit. In Tansania läuft seit 2015 die Initiative Crowd2map. Freiwillige sichten Satellitenbilder und verzeichnen Gebäude und Siedlungen, die auf üblichen Karten fehlen. Die verbesserten Daten stehen über das freie Kartensystem OpenStreetMap auch Hilfsorganisationen im Land zur Verfügung. Analoge und digitale Techniken werden einander noch lange ergänzen. Auch bedrucktes Papier bleibt wichtig. Kartenlesen und Kompassarbeit sind Kulturtechniken, die sich spätestens beim nächsten Stromausfall bewähren.
Künstliche Intelligenz
Maschinensysteme, die menschliches Verhalten simulieren — was ethische Fragen aufwirft.
Starten wir mit drei Filmklassikern: Ein Bordcomputer opfert seine menschliche Crew zugunsten einer Mission ("2001 – Odyssee im Weltraum"); eine übereifrige Künstliche Intelligenz (KI) will die Spezies Mensch in Schutzhaft nehmen ("I, Robot"); die Grenze zwischen Mensch und künstlichem Wesen verschwimmt ("Blade Runner"). Science-Fiction-Autoren stellen sich Grundfragen der Mensch-Maschine-Beziehung seit den Anfängen der Computertechnik.
Intelligenz ist die menschliche Fähigkeit, abstrakt zu denken und daraus zweckgerichtetes Handeln abzuleiten. So etwas kann keine KI. Aber sie entwickelt sich und lernt, wie sie bestimmte Zusammenhänge erkennen und Probleme lösen kann. Das ist maschinelles Lernen. Die Bilderkennung funktioniert so. Beim Deep Learning ermöglichen es künstlich erzeugte neuronale Netze einer KI, menschliches Lernverhalten zu imitieren. Meist sind das mathematische Gebilde, die Strukturen des menschlichen Gehirns nachempfunden sind. Der neueste Schrei beruht auf Hardware: Wissenschaftler der Universität
von Massachusetts stellten 2020 neuromorphe Prozessoren vor. Diese Chips haben besondere elektrische Eigenschaften und ähneln Synapsen.
All das ist möglich, weil der Preis für die nötige Rechenleistung dramatisch sank. Die Computerwoche errechnete für das Jahr 1961 noch einen Preis von rund 145 Milliarden US-Dollar für eine Rechenleistung von 1 Gigaflop. Das Kürzel steht für 1 Milliarde Rechenoperationen je Sekunde. 2017 kostete 1 Gigaflop nur noch 3 Cent. Eine Smartwatch verfügt über mehrere Gigaflops. Europas schnellster Supercomputer, das 2020 vorgestellte JUWELS-System in Jülich, kommt auf 85 Petaflops – 85 Billiarden Rechenoperationen je Sekunde. Viel Potenzial für KI-Anwendungen!
Ist da schon ein Maschinenbewusstsein in Sicht? Nein, sagen KI-Forscher wie der Deutsche Wolfgang Wahlster, oder der Italiener Antonio Chella. Eine KI ist ein algorithmisches System. Sie fühlt nicht; sie rechnet. Aber was, wenn Rechenleistung so smart und billig wird, dass KI-Systeme über komplexe Fragen, wie Leben und Tod (Medizin) oder Schuld und Unschuld (Justiz), entscheiden könnten? Sollen sie dürfen? Darauf sucht die Computerethik Antworten. Sie ist so alt wie die KI-Forschung selbst. Isaac Asimov stellte seine berühmten Robotergesetze 1942 auf. Das wichtigste: "Ein Roboter darf kein menschliches Wesen verletzen oder zulassen, dass ihm Schaden entsteht."
Machine Translation
Echtzeitübersetzung mit Künstlicher Intelligenz
Gibt es bald den Universalübersetzer für alle rund 7000 irdischen Sprachen? Bislang überträgt kein elektronischer Begleiter simultan und tadellos auch nur eine Sprache. Aber es gibt interessante Ansätze, dank Künstlicher Intelligenz (KI). KI-gesteuerte Systeme treiben die Entwicklung von Maschinenübersetzungen (Machine Translation) voran.
Viele Hersteller preisen ihre Produkte als "Universalübersetzer" an. Touristische Basics funktionieren oft gut. Aber Stiftung Warentest fand 2020 beim Testen von 15 Übersetzungs-Apps keine überzeugend. Die Organisation kritisierte sinnentstellende oder grammatikalisch schwache Ergebnisse. Maßstäbe setzen Projekte wie das deutsche DeepL mit derzeit 18 Sprachen. Seit 2017 entwickelt die Firma künstliche neuronale Netze. Die sorgen dafür, dass ein KI-System lernt, was es an Text verarbeiten und übersetzen soll. Die Tech-Branche feiert DeepL schon als Gamechanger. Im Detail bleibt auch bei DeepL viel zu tun. Ein Test: Der Satz "Ehrlich jetzt, ich verstehe nur noch Bahnhof. Mit einem Universalübersetzer wie in Star Trek wäre mir das nicht passiert" wird erst ins Chinesische und wieder zurück ins Deutsche übersetzt. Das Ergebnis: "Um ehrlich zu sein, verstehe ich im Moment nur den Bahnhof. Wenn es einen Universalübersetzer wie in Star Trek gäbe, wäre mir das nicht passiert." Klingt in deutschen Ohren gut. Aber chinesische Gesprächspartner*innen können mit dem sprichwörtlichen "Bahnhof" nichts anfangen.
Auch GPT-3, ein Sprachenverarbeitungsmodell der US-Firma OpenAI, gilt als Vorreiter. Es übersetzt und fasst Texte zusammen; für das Training lernte GPT-3 etwa 175 Milliarden Wörter. User*innen warnen trotzdem davor, die Ergebnisse ohne Lektorat zu veröffentlichen. Systeme wie GPT-3 trainieren oft mit Datensätzen aus dem Internet. Das bedeutet Masse, aber nicht automatisch Qualität. Bei Fachgesprächen oder diplomatischen Verhandlungen führen selbst subtilste Fehler zu Problemen. Deshalb ist die Branche der professionellen Sprachmittler*innen quicklebendig. Nur Menschen mit Kenntnis der jeweils anderen Sprache können Subtext und kulturelle Feinheiten berücksichtigen. Sprachprofis setzen aber gern auf Computer Assisted Translation, also auf CAT-Tools. Das sind individuell ausbaubare Sprach- und Terminologie-Datenbanken, die das Übersetzen erleichtern. Die nahe Zukunft dürfte also eher ein Miteinander von Machine Translation und menschlicher Übersetzungsarbeit sein.
Medizinrobotik
Intelligente Maschinen ermöglichen Medizin 4.0.
Roboter sind Maschinen, die vorgegebene Arbeitsroutinen schnell und präzise ausführen. In der Medizintechnik passiert so etwas seit Jahrzehnten. Das Wissenschaftsmagazin Spektrum notierte 2001, dass weltweit rund 200 Medizinroboter Chirurg*innen unter anderem bei Hüftgelenksoperationen assistierten. Schon ein Klassiker ist das DaVinci-Chirurgiesystem der kalifornischen Firma Intuitive Surgical: Ein Operateur sitzt an einer Steuerkonsole; seine Anweisungen führt ein Roboter mit vier Armen aus. Er befördert winzige Instrumente und Kameratechnik über einen ebenso kleinen Schnitt in den Bauchraum. Überhaupt eröffnen miniaturisierte Technik und KI-Systeme (künstliche Intelligenz) neue Möglichkeiten.
Forschungsteams in Deutschland und in den USA arbeiten an Minirobotern, die sich auch durch dünne Blutbahnen im menschlichen Körper bewegen und diese von Verstopfungen befreien sollen. Gesteuert werden die Bots über Magnetfelder. Nano-Roboter – diese Winzlinge messen nicht einmal einen Millimeter – gelten als nächster Entwicklungssprung in der Medizin. In naher Zukunft sollen sie Arzneimittel gezielt dorthin bringen, wo sie gebraucht werden. Im Kampf gegen Krebs ist es schonender, wenn ein Wirkstoff zielgenau beim Tumor landet und nicht erst den ganzen Körper flutet. Im Kommen sind auch Roboter in der Pflege oder in der Diagnostik. Das Darmstädter Unternehmen Merck etwa entwickelt das KI-System "Petra". Es kann die drei verbreiteten Krankheiten Schilddrüsenunterfunktion, Alkoholismus und Prädiabetes erkennen. Forschende vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme entwickeln Robotiksysteme, die sensibel auf menschliche Bewegungen reagieren. Es geht um Pflegeroboter, die Patient*innen umarmen oder Reha-Sportangebote begleiten können. Aber auch um intelligente Systeme, die digitale Daten in haptische Eindrücke verwandeln und umgekehrt. Roboter ließen sich damit noch besser einsetzen.
Die menschliche Zuwendung ersetzt all das nicht. Im Idealfall haben aber Pflegende mehr Zeit für ihre
Patient*innen, weil Roboter die Routinearbeit übernehmen und selbstständig desinfizieren, diagnostizieren oder Essen servieren. Die Gesellschaft muss ethische Grenzen diskutieren. Die Science-Fiction hat das schon getan. Die Zukunftsvision der TV-Serie "Raumschiff Enterprise" etwa steckt voller Medizinroboter. Und doch hat Captain Kirk mit Leonard "Pille" McCoy einen Doktor aus Fleisch und Blut an seiner Seite.
Nanotechnologie
Wissenschaft und Technologie im Nanometerbereich.
Während sich Technologien sonst durch ihren Anwendungsbereich unterscheiden – Raketenwissenschaft beschäftigt sich mit der Entwicklung und Verbesserung von Raketen –, lässt sich Nanotechnologie so nicht abgrenzen. In diesem Wissenschaftszweig ist die Größe der untersuchten Materialien – oder besser: deren Winzigkeit – entscheidend.
Im Altgriechischen bedeutet "nanos" Zwerg. Ein Nanometer entspricht somit einem Milliardstel Meter, mathematisch ausgedrückt: 10 hoch minus 9 Meter. Ein menschliches Haar etwa hat einen Durchmesser von 50000 Nanometern. Aber es geht nicht nur um Miniaturisierung, denn klein ist eigentlich kein Problem. Tatsächlich gibt es bereits Schaltkreise, die kleiner sind als 100 Nanometer. Das entscheidende Kriterium ist, dass unterhalb von rund 50 Nanometern nicht mehr die klassischen physikalischen, sondern zunehmend quantenphysikalische Gesetze gelten. Materialien erhalten so teilweise neue optische, magnetische oder elektrische Eigenschaften.
Besonders in der Medizin werden Nanotechnologien mit großen Hoffnungen verbunden, etwa in der Krebsforschung. Denkbar wäre, metallische Nanopartikel in Tumorzellen einzuschleusen und zu erhitzen. Da Tumorzellen empfindlicher auf hohe Temperaturen reagieren als gesundes Gewebe, könnten so kranke Zellen getötet werden. Nanotechnologien bringen aber auch erhebliche, bisher oftmals unerforschte Risiken mit sich. Denn Nanoteilchen sind so winzig, dass sie eingeatmet werden und über die Lunge in den Blutkreislauf gelangen können; sie wären somit imstande, in jede Körperzelle einzudringen und eventuell sogar die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Nicht nur Science-Fiction-Fans ahnen, dass so was meist nicht gut ausgeht. In der Serie "Star Trek" werden Menschen mittels Nanorobotern, die in den Organismus eindringen, zu willenlosen Drohnen, die sich einem kollektiven Bewusstsein unterwerfen müssen. Damit das nicht auch in unserer realen Welt passiert, drängen Experten seit Jahrzehnten auf Regulierung.
Auf EU-Ebene wird Nanotechnologie von mehreren Behörden reguliert; diese verwenden aber unterschiedliche Definitionen, was überhaupt ein Nanopartikel ist. Das führt dazu, dass ein Partikel im Bereich Kosmetik anders definiert wird als etwa bei Lebensmitteln. Es bleibt also viel zu tun – im Großen wie im Kleinen.
NFT
Fälschungssichere Identität für digitale Kunstwerke
Seit 2020 setzt der Kunstmarkt mit NFTs Millionen um und startete praktisch über Nacht einen Hype. NFT steht für "Non Fungible Token". Vereinfacht gesagt: Hier geht es um Token, um digitale Objekte also, die einen Vermögenswert (Asset) repräsentieren. Nehmen wir Kryptowährungen wie Bitcoin, die in weltweiten Computernetzwerken mit viel Hardwareeinsatz errechnet werden. Welches Bitcoin-Token man hat, ist egal. Sie sind fungible – austauschbar. Das Besondere ist lediglich, dass die Krypto-Plattformen (oder auch Blockchains) ihre Token so verschlüsseln, dass Fälschungen praktisch unmöglich sind. NFTs wiederum sind Assets mit einer individuellen Zeichenkette, die ein einzelnes Token unverwechselbar (non fungible) macht. Es bekommt eine eigene Identität. Das macht NFTs zu vermarktbaren Objekten.
Das bislang teuerste Werk eines lebenden Künstlers ist eine Skulptur von Jeff Koons, die 91,1 Millionen Dollar im Jahr 2019 erzielte. Platz zwei nimmt ein Gemälde des Briten David Hockney ein (90,3 Millionen Dollar). Rang drei erreichte 2021 ein fast unbekannter US-Designer: Das Auktionshaus Christie’s versteigerte eine Collage aus tausenden Digitalbildern namens "Everyday. The First 5000 Days" des Künstlers Beeple für knapp 70 Millionen Dollar. Die Collage selbst ist nur ein Teil des Datenpakets. Ohne den dazugehörigen NFT wäre sie ein Haufen Pixel. NFTs wiederum werden in einer Blockchain wie Ethereum, Tezos oder Solana gesichert.
Das erste jemals auf der Basis von NFT-Technologie entstandene Kunstwerk ist die vom New Yorker Künstler Kevin McCoy 2014 geschaffene Animation "Quantum". Sie brachte 2021 immerhin 1,47 Millionen Dollar. Das Wiener Belvedere bot im Februar dieses Jahres fälschungssichere digitale Ausschnitte von Gustav Klimts Meisterwerk "Der Kuss" als limitierte Auflage an. Und kassierte bereits am ersten Verkaufstag 3,2 Millionen Euro. Die NFT-Technik begeistert viele Branchen; zumal im Luxussektor. Der Diamantenhändler De Beers verknüpft seine Einzelstücke mit NFTs. Der digitale Zwilling eines physischen Edelsteins könnte in einer virtuellen Welt wie Metaverse von einem Avatar als authentisches Einzelstück "getragen" werden. Der Schuhhersteller Adidas macht Ähnliches mit seinen Produkten. Es wird nach weiteren Anwendungen gefahndet. Wirklich zukunftsfähig wird die Technologie aber erst, wenn die Blockchain-Szene ein Problem löst – ihre weltweiten Netzwerke verbrauchen unfassbar viel Energie.
Podcast
Eine Serie von abonnierbaren Mediendateien im Internet.
Podcasts sind erst mal nichts anderes als Audio- oder Videodateien, die über das Internet heruntergeladen werden können. Der Begriff ist ein Kofferwort und setzt sich aus zwei Teilen zusammen: "Pod" bezieht sich auf den iPod, den digitalen Walkman von Apple, der im Jahr 2001 vorgestellt wurde, und "Cast" stammt vom englischen Begriff Broadcast, was Sendung oder Übertragung heißt.
Oftmals widmen sich Podcasts einem bestimmten Thema und sind über Programme und Apps abonnierbar. Sie sind also ein Push-Medium, das heißt, sobald eine neue Folge verfügbar ist, lädt diese sich selbstständig auf das jeweilige Abspielgerät herunter, heutzutage meist das Smartphone.
Die Idee zu Podcasts kam im Jahr 2000 auf. Da die Inhalte, sobald sie im Internet verfügbar sind, nicht mehr einem klassischen Sendeplan unterliegen, können Nutzer selbst entscheiden, wann sie diese hören oder sehen wollen. Deswegen werden Podcasts auch als disruptives Medium angesehen.
Viele Produzenten setzen auf dialogische Formate wie Interviews oder Expertengespräche und sind damit erfolgreich: Der US-Podcaster Joe Rogan, der Interviews führt, unterzeichnete kürzlich einen Exklusivvertrag mit dem Anbieter Spotify über 100 Millionen USDollar. Und das Produktionsstudio, das für den Podcast "Serial" mit mehr als 340 Millionen Abrufen den Weltrekord als erfolgreichstes Format hält, wurde für 25 Millionen US-Dollar von der New York Times gekauft.
Auch hierzulande ist das Potenzial groß: Laut einer repräsentativen Befragung der Forschungsgruppe Goldmedia haben knapp 24 Millionen aller Bürger schon mal Podcasts gehört, gut 10 Millionen sind aktive Hörer. Bei den 14- bis 29-Jährigen ist der Anteil der aktiven Hörer mit knapp 21 Millionen sogar doppelt so hoch. Das "Coronavirus-Update" mit Prof. Christian Drosten, dem Leiter der Virologie an der Berliner Charité, etwa ist einer der erfolgreichsten deutschen Podcasts. Die Folgen, die der NDR allein zwischen Ende Februar und Anfang Mai produzierte, wurden 41 Millionen Mal abgerufen.
Abseits der klassischen Talk-Formate bieten Hörspiele und Features (Mischung aus journalistischer Recherche und künstlerischen Elementen) eine grenzenlose Vielzahl von möglichen erzählerischen Formaten. Und diese inhaltliche Freiheit von Podcasts ist das eigentlich Spannende. Denn ob rein journalistisch oder fiktional oder beides – es ist alles erlaubt. Man muss sich nur trauen.
Quantencomputer
Ein Prozessor, dessen Funktion auf den Gesetzen der Quantenmechanik beruht.
Bisherige Computer funktionieren binär, das heißt, die Prozessoren arbeiten nach dem Prinzip 0 oder 1, also Strom aus oder Strom an. Es gibt genau zwei Zustände (bits). Der Quantencomputer dagegen funktioniert quantenmechanisch und arbeitet mit Qubits. Das bedeutet, dass es nicht nur 0 und 1 gibt, sondern auch jeden Zustand dazwischen. Stellt man sich etwa ein Geldstück vor, dann entspricht der klassische Computer einer Münze, die entweder auf Kopf oder auf Zahl liegt. Der Quantencomputer dagegen entspricht einer sich drehenden Münze, die ständig ihren Zustand, ihre Lage ändert – und bei der alle Zustände gleichzeitig möglich sind.
Das berühmteste wissenschaftliche Gedankenexperiment, das die Quantenmechanik beschreibt und begründet hat, formulierte der österreichische Physiker Erwin Schrödinger 1935: "Schrödingers Katze" befindet sich in einem geschlossenen Kasten. In dem Kasten befindet sich ebenfalls ein instabiler Atomkern, durch den die Katze zu einem nicht berechenbaren Zeitpunkt getötet wird. Die Quantenmechanik sagt nun, dass man zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht weiß, ob die Katze lebt oder tot ist, beide Zustände sind gleichzeitig möglich. Erst wenn man den Kasten öffnet, nimmt die Katze einen festgelegten Zustand an – entweder lebt sie noch oder ist tot. In der Physik passiert das bei einer Messung – der Quantenzustand endet dann. Nehmen zwei Quantensysteme (Qubits) – zwei sich drehende Münzen, zwei Katzen in Kisten – den gleichen Zustand ein, ohne dass diese festgelegt werden, verschränken sich die Systeme. Diese Verschränkung sorgt dafür, dass Quantencomputer theoretisch um ein Vielfaches schneller rechnen können – wenn die zu lösende Aufgabe auch zur Funktionsweise der Quantenmechanik passt.
Ende 2019 meldete Google, man habe die "Quantenüberlegenheit" erreicht. Ein Quantencomputer, der über 53 Qubits verfügt, berechnete innerhalb von dreieinhalb Minuten eine Aufgabe, für die ein Supercomputercluster mit einer Million Prozessoren rund 10000 Jahre gebraucht hätte. Direkt nach der Sensationsmeldung zweifelte Googles Konkurrent IBM an der Überlegenheit. Herkömmliche Supercomputer könnten die Aufgabe mit der angepasster Software in zweieinhalb Tagen lösen. Bedeutet das nun etwa das Ende der Privatsphäre, weil auch komplizierteste Verschlüsselungen schnellstmöglich geknackt werden könnten? Nein, denn erst einmal muss und will die Forschung beweisen, dass das Prinzip grundsätzlich funktioniert. Dass ein Quantencomputer auch über Stunden, Tage oder gar Jahre stabil laufen kann, ist überhaupt noch nicht bewiesen.
Quantenkryptografie
Eine als unknackbar geltende Verschlüsselungstechnik.
Die Kryptografie ist ein althergebrachtes System zur Verschlüsselung von Informationen. Schon der römische Feldherr Gaius Julius Caesar nutzte die Methode, im Zweiten Weltkrieg setzten die Nazis auf die Verschlüsselungsmaschine Enigma – die die Briten knackten. Heutzutage werden mithilfe mathematischer Funktionen Daten in Clouds gesichert. Allerdings immer nur so lange, bis Hacker*innen doch eine Hintertür entdecken. Die Geschichte der Kryptografie ist ein seit Jahrtausenden währendes Wettrüsten. Forschende weltweit verschränken heute moderne Kryptografie mit Quantenmechanik. Ziel sollen nicht nur leistungsfähige Quantencomputer, sondern auch eine garantiert abhörsichere Kommunikation sein.
Ein Quant ist das kleinstmögliche Teilchen einer physikalischen Größe; ein Ion etwa oder ein Photon. Es transportiert pure Information zu Empfänger*innen. Quantenbits, kurz Qubits, sind eine spezielle Form der Datenfernpost. Denn Qubits können, anders als die Bits herkömmlicher Computer, jeden Zustand zwischen 0 und 1 annehmen. Dieses Plus an Möglichkeiten sorgt bei Quantencomputern für unglaubliches Rechenpotenzial. Zumindest theoretisch. Denn noch immer sind Forschende dabei, die Quantenphysik zu verstehen. Und frei programmierbare Quantencomputer sind Zukunftsmusik. Bislang gibt es 53-Qubits-Rechner, die alles andere als stabil funktionieren. Mindestens 100 Qubits – manche Expert*innen sprechen gar von Millionen Qubits; die Branche ist da gespalten – seien aber nötig, heißt es.
Die Quintessenz von Quantencomputern ist Folgende: Qubits werden auf der Quantenebene so miteinander verschränkt, dass sie wie durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden sind. Das wirkt auch über unvorstellbare Entfernungen hinweg. Manipulationen eines einzigen Qubits wirken sich umgehend auf alle anderen aus. Dadurch können Quanteninformationen durch Dritte nicht einfach gelesen oder gar kopiert werden. Das sind Manipulationen, die sofort auffliegen. In der Branche heißt diese Schutzfunktion No-Cloning-Theorem – und darauf beruht die Quantenkryptografie. Weit voneinander entfernte Quantencomputer könnten zu einer leistungsfähigeren Einheit zusammengeschaltet werden, dem Quanteninternet. China setzt dabei auf Satellitentechnik, europäische Teams arbeiten mit Glasfaser. Einig ist man sich aber darin: Noch in diesem Jahrhundert wird ein Durchbruch bei stabilen Quantencomputersystemen erwartet. Frühestens um 2030 herum, glauben Optimisten.
Safety Management
Das Sicherheitsmanagement führt, lenkt und koordiniert eine Organisation bezüglich aller Sicherheitsaktivitäten.
Wenn ein Unfall desaströs genug ist, wird er mit einem Namen verbunden; dieser brennt sich einer oder mehrerer Generationen dann ins Gedächtnis, und allein die Erwähnung reicht, den Menschen die Katastrophe wieder gewahr werden zu lassen: Tschernobyl, Challenger, Eschede. Ein Name, der darüber hinaus zu neuen strengen Vorschriften geführt hat, lautet: Seveso. Der Chemieunfall, der sich im Juli 1976 im italienischen Meda ereignete, war so verheerend, dass die heutige sogenannte Seveso-III-Richtlinie solche Katastrophen verhindern soll.
Sicherheitsmanagement gibt es nicht nur in allen Industriebereichen mit Gefährdungspotenzialen, sondern auch in der Informationstechnologie (IT). Hackerangriffe, interne Datenverluste und Fehlbedienungen durch Mitarbeiter – all das macht ein solches System dringend notwendig. Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Homeoffice-Boom beweist, dass an dieser Stelle durchdachte Sicherheitskonzepte von essenzieller Bedeutung sind. Dabei gilt es, zwei Pole miteinander zu vereinen: Während Mitarbeiter möglichst komfortabel mit Daten mobil arbeiten möchten, neigen IT-Abteilungen gern dazu, mehr als nötig abzuschließen und denkbare, aber nicht hundertprozentig sichere Arbeitsweisen zu verhindern.
In der Medizin nennt sich dieses Spannungsfeld "Nutzen-Risiko-Abwägung": Der Nutzen einer therapeutischen Handlung wird mit deren Risiken und einem potenziellen Schaden verglichen. Im Homeoffice könnte das der Einsatz einer nicht für den Dienstgebrauch freigegebenen Software sein oder die Speicherung von Daten in einer nicht von der IT geprüften Cloud. Wer schon einmal erlebt hat, wie die eigene VPN-Verbindung zum Firmennetzwerk wieder und wieder zusammenbricht und man schlicht nicht arbeiten kann, ohne den Zugriff auf wichtige Daten, weiß, dass der eigene umgehungswillige Einfallsreichtum durch rigorose IT-Einschränkungen erst so richtig angespornt wird. Deshalb ist ein gutes IT-Sicherheitsmanagement ein stetig laufender, sich selbst überprüfender und anpassender strategischer Prozess mit einem klaren Ziel: Zuverlässige Datensicherheit bei größtmöglicher Arbeitsermöglichung und -erleichterung. Letztlich gilt im Büro wie im Homeoffice: Arbeitgeber und Mitarbeiter müssen sich arrangieren – und gegenseitig vertrauen.
Smart Mobility
Intelligenter Einsatz von Informationstechnologie für eine neue, nachhaltige Mobilität.
Der "Herr der Ringe"-Erfinder J.R.R. Tolkien schrieb diesen wundervollen, hier sinngemäß wiedergegebenen Satz: "Es ist gefährlich, aus deiner Tür zu gehen. Wenn du nicht auf deine Füße aufpasst, kann man nicht wissen, wohin sie dich tragen." In Tolkiens Fantasyroman wird heftig über den richtigen Weg diskutiert – und zum Einsatz kommen die merkwürdigsten Verkehrsmittel. In unserer Welt muss es ohne Magie gehen. Aber die künftige Mobilität kann zauberhaft sein.
Smart Mobility gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft. Das Konzept bezieht auch ressourcen- und umweltschonende Lösungen ein. Aber vor allem geht es um den bestmöglichen Einsatz von Daten. Und die größten Datenströme fließen in Städten. Dort leben bis 2050 zwei Drittel der Weltbevölkerung, schätzen die Vereinten Nationen. Städte produzieren unfassbare Mengen an Daten wie individuelle Fahrstile und Reisewege, Verfügbarkeit und Geschwindigkeit von Transportmitteln oder Verkehrsaufkommen. So etwas brauchen App-Entwickler, Stadtplaner und Ingenieure. Schon jetzt bieten Fahrdienste Apps an, um Gäste rasch auf ähnlichen Strecken einsammeln zu können. Großstädte wie Singapur setzen anonymisierte Daten zur Verkehrssteuerung ein. Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) begleitet die Initiative "Metropolitan Cities", die Digitalisierung und neue Mobilitätsformen zusammenführt. Das Magazin Geo schwärmte jüngst vom "Mobilitäts-Hub" in Amsterdam: Am Südbahnhof ist über Datensteuerung das Angebot an Elektrobussen, S-Bahnen, E-Bikes, Carsharing-Fahrzeugen, Elektrorollern und Lastenrädern abgestimmt. All das lässt sich per App buchen, nutzen und bezahlen. Global gesehen wirken solche Ideen vorerst wie Inseln im unerforschten Meer. Noch dominieren Staus, wahlweise überfüllte oder leere Busse und komplizierte Buchungssysteme.
"Nutzen statt besitzen" könnte ein Zukunftsmotto werden. Die Frage, welches Transportmittel sich Mensch kaufen kann, rückte in den Hintergrund. Ein Mix aus hyperlokalem Datenmanagement, intelligenter Routenplanung und intuitiver Buchung von Reisemitteln brächte jeden ans Ziel. Darin steckt noch viel Utopie. Zu den offenen Fragen gehört auch, wie der Datenstrom zwischen so unterschiedlichen Quellen wie Privatpersonen, Behörden oder Unternehmen sicher fließen kann. Aber so smart die Städte auch werden; das Wandeln auf Schusters Rappen bleibt wichtig. Ganz in Tolkiens Sinn.
Smart Textiles
Schlaue Stoffe für die Mode von morgen.
"Das Wichtigste ist der Effekt", schrieb Marlene Dietrich 1958 an den Modedesigner Jean Louis. Sie wünschte sich ein leuchtendes Bühnenkleid, versehen mit Glühlampen und mobiler Steuerung. Realistisch war der Wunsch damals nicht. Erst 2017 entwickelte die Berliner FashionTech-Firma ElektroCouture ein Kleid nach Dietrichs Vorgaben – mit 151 LEDs inklusive USB-Ladekabel. Doch "Smart Clothes" (smarte Kleider) und "Smart Textiles" stehen nicht nur für Bling-Bling-Kreationen, sondern für eine Geschichte mit Zukunftspotenzial.
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) publizierte 2018 die Studie "FashionTech – Smart Textiles". FashionTech umfasst darin sowohl direkt am Körper getragene Geräte als auch smarte Textilien. Von 2017 bis 2030 könnte laut Studie das weltweite Marktvolumen für solche Produkte um mehr als das 30-fache auf 41,4 Milliarden Euro anschwellen. 2021 legte das BMWi im Statusbericht "Deutsche Mode" mit neu definierten Kategorien nach. Demnach zeichnen "passiv intelligente Textilien" – mit eingebauten Sensoren – Daten auf; etwa für die Nutzung in Sportkleidung oder medizinischen Geräten. "Aktiv intelligent" sind Stoffe, wenn Sensoren auch auf äußere Reize reagieren, also Farbe, Wasserdichtigkeit oder Heizeigenschaften des Materials verändern. Die Kategorie "ultra intelligent" dürfte noch Science-Fiction sein. Bei solchen Textilien soll eine künstliche Intelligenz die Anpassungen steuern. Konkrete Anwendungsvorschläge kommen bislang eher von SciFi-Schriftstellern wie den "The Expanse"-Autoren Daniel J. Abraham und Ty Corey Franck. Die beschreiben in ihrer Weltraumsaga intelligente Raumanzüge, die Risse selbstständig abdichten oder ihren verletzten Träger mit Medizin versorgen.
Ob Sport, Medizin, Schutzkleidung oder Navigation – die Zahl denkbarer Anwendungen ist unermesslich. Das Design Research Lab etwa konzipiert einen intelligenten Handschuh, der digitale Nachrichten für taubblinde Menschen in das taktile Lorm-Alphabet übersetzt. Das bayerische Unternehmen Interactive Wear testet Arbeitskleidung, die gesundheitsgefährdende Körperhaltungen in Echtzeit ermittelt und frühe Gegenmaßnahmen ermöglicht. Das Max-Planck-Institut für Polymerforschung entwickelt Nylon, das Strom erzeugen kann. Auch morgen wird die Modewelt kaum ohne Effekthascherei auskommen. Aber vielleicht überwiegen ja doch Nutzen und Nachhaltigkeit. Und nicht vergessen: Intelligente Klamotten reinigen sich auch nicht von selbst!
Social Business
Bewegungen für eine sozialere Ökonomie.
Höher! Schneller! Weiter! Ist das die Wirtschaft der Zukunft? Oder wird wichtiger, was nachhaltig, umweltbewusst und sozial relevant ist? An solchen Ideen arbeitet die Szene des Social Business – also der Sozialunternehmen beziehungsweise Social Entrepreneurs. Und wir machen oft mit, ohne es zu merken. Via App beispielsweise. Bekannt ist "Mamikreisel"; eine App rund um das Thema Second-Hand-Kleidertausch. Sie heißt jetzt Vinted. Die App "To Good To Go" will das Wegwerfen überschüssiger Lebensmittel aus Restaurants verhindern helfen. Auf den globalen Handel zielt die App "Tip Me" ab. Das Sozialunternehmen kooperiert mit Onlineshops, deren Kundschaft beim Kauf von Kleidung oder Kaffee freiwillig Trinkgeld für die – oft unterbezahlten – Produzent*innen drauflegen können. Das wird an die Belegschaften der Betriebe in Asien und Lateinamerika weitergereicht.
Im Social Business steht nicht der Profit um jeden Preis im Mittelpunkt, sondern die Wirkung, die ein Unternehmen erzielt. Da geht es nicht um Image, sondern um den Social Impact. Um Impulse im Konsumverhalten etwa oder auch um Augenmerk auf Bedürfnisse außerhalb des Mainstreams. Die gemeinnützige Hamburger Hacker School macht Jugendliche beispielsweise fit in IT und Programmiersprachen. Das Berliner Unternehmen Greta & Starks entwickelt Apps und Augmented-Reality-Headsets für hörbeeinträchtigte und sehbehinderte Menschen mit Lust auf ein Kinoerlebnis.
Das Ganze geht auch ein paar Nummern größer; wie etwa die hessische Firma Africa Greentec (AGT) zeigt. Die startete 2016 ihr Projekt zur Elektrifizierung kleiner Kommunen in der afrikanischen Sahelzone – mit grünem Strom aus selbst entwickelten Solarcontainern. Die Münchener Polarstern GmbH liefert Biogas und Strom aus Wasserkraft. Das Start-up sieht sich als Teil der Gemeinwohl-Ökonomie. Diese Bewegung für ethisches Wirtschaften gibt es seit 2010. Das Wohl von Mensch und Umwelt ist oberstes Ziel der angeschlossenen Sozialunternehmen. Die erstellen eine Gemeinwohlbilanz, die berechnet, wie gut die gemeinschaftlich orientierten Effekte erreicht werden. Nicht alle Social-Business-Bewegungen arbeiten nach diesem strikten Prinzip, doch haben die Sozialunternehmen viele Werte gemeinsam. Die Pionierin der Szene, die internationale Non-Profit-Organisation Ashoka, ist schon seit 40 Jahren aktiv. Sie ist ein Netzwerk für Social Entrepreneurs, die sowohl unternehmerisch denken als auch Lösungen für soziale Probleme bieten.
Ashoka-Netzwerk: www.ashoka.org/de-de
Sprachbot
Intelligenter Algorithmus für ein Mensch-Maschine-Gespräch.
Ein Sprachbot (auch Sprachroboter oder Voicebot) hat nichts mit althergebrachter IVR zu tun. Das Kürzel steht für Interactive Voice Response und begegnet Normalsterblichen, wenn sie am Telefon einen Kundendienst erreichen wollen. Bevor ein menschlicher Dialogpartner an die Strippe kommt, arbeiten herzlose Computer vorgefertigte Monologe mit endlosen Menü-Optionen ab.
Das Vorgehen ist einerseits effizient, denn es basiert auf wenigen Daten und ist billig. Andererseits führt es bei der Kundschaft oft zu Herzrasen und Wutanfällen. Sprachbots sind gewissermaßen das Gegenstück dazu. Sie sind komplizierte Algorithmen, die zu Lernprozessen fähig sind, weil sie mit künstlichen neuronalen Netzen arbeiten. Es geht um Computerprogramme, die eine flüssige Konversation simulieren. Jedes KI-System, das ein Sprachbot werden soll, braucht Millionen Datensätze zum Lernen. Alexa und Siri klingen oft holzig, arbeiten aber clever: Mit jeder an sie gerichteten Frage lernen Sprachassistenten dazu. Nötig für schlüssige Dialoge sind außerdem: ein Sprachverständnis (Natural Language Understanding, NLU), um Sprachbefehle richtig zu interpretieren, sowie eine maschinengerechte Verarbeitung wichtiger Schlüsselwörter (Natural Language Processing, NLP). Unternehmen nutzen das für interaktive Lösungen. Das kalifornische Start-up HereAfter (Englisch für "Jenseits") hat eine App entwickelt, die Erinnerungen aufzeichnet und jedem Interessierten als Dialog wiedergibt. Die Idee dahinter: Schaffe eine Art künstliches Ich, damit deine Angehörigen nach deinem Tod sozusagen noch immer mit dir in Kontakt treten können. Ob solche sprechenden Archive die Erinnerung an Verstorbene verzerren – das ist ein Streitpunkt unter Ethiker*innen.
KI-Systeme interagieren im Rahmen ihrer Aufgabe. Sie haben kein Allgemeinwissen und kein Bewusstsein. Verlässt ein*e Nutzer* den vorgesehenen Kontext, ist Schluss. Oder? Google preist seinen neuen Chatbot Lamda als ein KI-System, das auch wild mäandernden Gesprächsfäden zu folgen vermag. Das wäre ein echter Durchbruch; und was ein textbasierter Chatbot kann, würde auch für Sprachroboter funktionieren. Lamda könne das, weil es besonders ausgiebig trainiert wurde, sagt Google. Blake Lemoine, ein Entwickler des Tech-Giganten, bescheinigte Lamda im vergangenen Juni dagegen eine eigene Persönlichkeit. Das klang eher nach Maschinenrevolution statt nach sachlicher Forschung. Google dementierte und suspendierte Lemoine.
Star Trek
Sternenreisen als Gemeinschaftsprojekt
Nach dem Ende des Kalten Kriegs wurde die Raumfahrt gemeinschaftlicher. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Internationale Raumstation ISS: Medizin, Klima, Materialforschung, Robotik, Industrie 4.0 – alle Zukunftsthemen waren seit 2001 Teil der mehr als 3000 Experimente an Bord. 16 Nationen und fünf Raumfahrtagenturen, die miteinander kooperieren, sind beteiligt. So ist die europäische Agentur Esa auf russisches oder amerikanisches Fluggerät angewiesen. Im Gegenzug "zahlt" sie mit der Entwicklung von Einheiten wie den neuen Trägerraketen Vega-C und Ariane 6, die für andere Programme taugen. Diese Raketen transportieren Nutzlasten, keine Menschen. Kommerzialisierung und Weltpolitik bremsen dieses Tauschsystem nun aus.
Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX etwa schießt nicht nur eigene Satelliten in den Orbit, sondern bringt auch Astronauten zur ISS. Die sind bei SpaceX nur Fluggäste, keine Crewmitglieder, wie zuvor in russischen Sojus-Kapseln. Und die US-Weltraumbehörde Nasa kooperiert selbst für den Bau von drei Weltraumstationen mit Konzernen. Amazon-Chef Jeff Bezos ist mit seiner Firma Blue Origin an einer geplanten Station beteiligt. Dort geht es um einen Mix aus Touristik, Forschung und Gewinnmaximierung. Kommerzielle Anbieter könnten so der nächste große Treiber der Raumfahrt werden. Für die klassische Aufgabenteilung unter den Weltraumnationen wäre dies aber das Aus. "SpaceX hat kein Interesse an Entwicklungen der Europäer", kritisierte der Wissenschaftsjournalist Alexander Stirn kürzlich im Magazin "Spektrum der Wissenschaft". Die Space-Start-ups bauen lieber selbst. Immerhin: In der Umlaufbahn des Mondes ist die Raumstation Gateway geplant – ein klassisches Nasa-Gemeinschaftsprojekt mit internationalen Partner*innen. Vielleicht das letzte dieser Art, unken Kenner.
Mit dem Einmarsch in die Ukraine schoss sich die Weltraumnation Russland politisch ins Abseits. Eine Marsmission mit russischer Beteiligung ist vorerst gestrichen. Die ISS-Kooperation von Nasa und der russischen Agentur Roskosmos wackelt. Die russische Seite hat ihren Ausstieg angekündigt – und bereits ein Modell für eine eigene Station entwickelt. Im Juli einigten sich beide Seiten zumindest auf eine Grundversorgung. Bis 2030 soll die ISS in Betrieb bleiben. Ihre letzten Jahre dürften spannend werden. Im Serienhit "Star Trek" ist die Raumfahrt übrigens kein Projekt privater Investoren oder politischer Blöcke. Sondern eines der Weltgemeinschaft.
Tracking
Technische Lösungen für die Verfolgung realer oder digitaler Bewegungen in Echtzeit.
Tracking ist böse? Natürlich!, sagen Menschen, die sich durch Webtracking verfolgt fühlen. Also durch Algorithmen und Cookies, die die Nutzung von Webseiten oder Smartphone-Apps in allen Details verpetzen. Der Journalist Martin Gundersen deckte im Dezember 2020 mit einer Recherche für den norwegischen Rundfunk auf, wie sich internationale Datenbroker Handydaten besorgen und unter anderem an US-Behörden und das Militär verkaufen. Aus guten Gründen ist auch die GPS-Überwachung von Beschäftigten oder Firmenwagen ein sensibles Thema. Aber: Die Welt der Spurenverfolgung lässt sich nicht in Schwarz und Weiß teilen.
Tracing bedeutet, den Weg eines Objektes im Nachhinein beschreiben zu können. Tracking meint die Datenauswertung in Echtzeit. Die Anwendungen erscheinen endlos. Paketverfolgung ist ein alter Hut. Aber die Deutsche Post lässt jetzt mit der neuen 80-Cent-Briefmarke "Digitaler Wandel" auch Briefsendungen verfolgen. Ein aufgedruckter Matrixcode, er ähnelt einem QR-Code, macht jeden Brief zum unverwechselbaren Einzelstück. Wer ihn scannt, verfolgt per App live den Weg seines Briefs. Viele Langläufer sind Tracking-Fans. Manche tragen eine Smartwatch am Arm, die sie als Schaltzentrale nutzen. GPS-Daten werden gesammelt, um Route, geleistete Höhenmeter und andere Details zu speichern – live verfolgbar. Diese Geräte lassen sich mit weiteren Gadgets (kleine raffinierte Geräte) vernetzen. Fuß-Pods messen die Schrittfrequenz, Sensoren den Puls oder die Herzfrequenz. Und kippt ein Läufer im Wald aus den Schuhen, können Gadgets ein Notsignal samt Standort verschicken. Kaputte Fernseher bekamen von Datenjournalisten GPS-Tracker verpasst, die den Weg von Elektroschrott aus Deutschland bis zu einer der giftigsten Müllkippen der Welt in Ghana verfolgten. Tracking macht den Schiffs- und Luftverkehr sicherer.
Das Tierbeobachtungssystem Icarus vereint Raumfahrtbehörden und Institute wie die Max-Planck-Gesellschaft dabei, hunderttausenden Tieren einen Minisender zu verpassen und ihre Routen per Antenne auf der Raumstation ISS zu verfolgen. Getrackt werden Tiere in Gebieten, die von Tsunamis, Erdbeben oder Vulkanausbrüchen geplagt werden. Die feinen tierischen Instinkte sorgen im Katastrophenfall für schnelle Flucht – und das lässt sich in Echtzeit messen und soll auch in ultraschnelle Alarmierungen umgemünzt werden. Tracking ist, was man daraus macht.
Transformation
Prozess der Veränderung, grundlegender Wandel.
Es gibt drei Begriffe, die meist miteinander verbunden, oftmals sogar synonym benutzt werden, die aber durchaus sehr unterschiedliche Ausprägungen haben: die Transformation, die Disruption und die Digitalisierung.
Die Digitalisierung an sich, also die Überführung von bisher analogen Prozessen ins Digitale, kann auf beide Arten erfolgen, transformativ sowie disruptiv. Für eine Transformation könnte man alle Behördengänge anführen, die man sonst persönlich auf dem Amt mit einem händisch ausgefüllten Formular erledigen musste. Werden sowohl die physische Präsenz als auch das analog ausgefüllte und einzureichende Formular durch digitale Möglichkeiten ersetzt, ist das eine Transformation, also eine Veränderung des Prozesses, die die eigentliche Arbeit an sich aber nicht obsolet werden lässt.
Disruptiv, also "zerstörend" oder "auflösend", sind meist Geschäftsmodelle, die bisherige Modelle in kurzer Zeit komplett ablösen mittels einer sprunghaften Innovation. Als Beispiel könnte man etwa die Entwicklung des Dateiformats mp3 anführen. War die CD noch eine Weiterentwicklung der Platte, zerschlug das Dateiformat mp3 das Geschäftsmodell der Musikindustrie nachhaltig; diese musste sich neu erfinden und die Innovation mp3 ins Zentrum ihres veralteten Geschäftsmodells stellen, um weiterhin relevant zu bleiben. Statt physischer Datenträger werden heute zumeist ausschließlich digitale Dateien vertrieben.
Streaming-Dienste, also Portale, die den Nutzern Filme und Serien rein digital zur Verfügung stellen, machten Videotheken überflüssig. Wäre Netflix 1997 direkt als Streaming-Dienst gestartet, wäre dies ein disruptives Geschäftsmodell gewesen. Netflix entwickelte sich aber schrittweise, unterlag also selbst einer Transformation. Bevor es ein rein digitaler Dienst wurde, verschickte Netflix ein Jahrzehnt lang Verleih-DVDs per Post – bis 2007 rund eine Milliarde mal.
Transformation, also grundlegender Wandel, betrifft aber nicht nur Geschäftsmodelle oder Technologien sondern auch die Ansprache von und den Umgang mit Kunden und Mitgliedern sowie das Selbstverständnis unserer Gesellschaft an sich. Was gestern noch normal schien, wird heute hinterfragt und gegebenenfalls geändert, damit morgen mehr Menschen teilhaben können.
Virtual Reality
Die Darstellung und gleichzeitige Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaften in einer in Echtzeit computergenerierten, interaktiven virtuellen Umgebung.
Wo endet echte Realität und wo beginnt die virtuelle Realität (VR)? Diese Frage kann wissenschaftlich recht simpel beantwortet werden: Während in der echten Realität die vier Grundgesetze der Physik gelten – hier sei als eines die Gravitation, vulgo: Schwerkraft genannt –, kann in der VR jede Variation gelten. Computerspiele nutzen diese Grenzenlosigkeit gern: Mittels VR-Headset steht man in einer anderen Welt – oder fliegt über dieser. Wie in der echten Realität kann eine Reise in eine unbekannte Welt unerwartete Nebenwirkungen auslösen: In der VR ist eine Art Seekrankheit bekannt, die auftritt, wenn die real empfundene von der virtuell gesehenen Beschleunigung abweicht.
Das Besondere an der VR ist, dass man alle möglichen Räume und Darstellungen erleben kann. So ist etwa die Reise durch den menschlichen Körper genauso möglich wie durch die Weiten des Alls. Auch kann VR den Arbeitsschutz erheblich verbessern und bereichern. Dank VR-Headsets können Arbeitsplätze
und Industrieanlagen in ihren natürlichen Größen begutachtet und Arbeitsprozesse getestet und verbessert werden, bevor auch nur ein Spatenstich erfolgt ist. Zudem können Mitarbeitende mit VR-Headsets und -Handschuhen in komplexen Fertigungsprozessen gefahrenfrei ausgebildet werden, der Echtzeit-Ablauf aber auch pausiert und die Ansicht herangezoomt und gedreht werden – ohne den laufenden Betrieb einer echten Anlage zu beeinträchtigen.
Die VR kann aber noch mehr: Verschmilzt sie mit der echten Realität, wird sie zur Augmented Reality, der erweiterten Realität, einer Mischform aus echter und virtueller. Die Ansicht der echten Realität kann durch die Einblendung von Informationen oder virtuelle Elemente erweitert werden. Die Anwendungsbereiche sind so vielfältig wie das menschliche Leben: Ob im Operationssaal, in der Industrieanlage, im Klassenraum oder auf dem Schlachtfeld – der virtuellen sowie der erweiterten Realität sind nur technische Grenzen gesetzt. Denn VR und AR benötigen Daten und diese müssen aufbereitet und angeliefert werden, während die Geräte leistungsfähige Prozessoren sowie viel Speicher und Energie brauchen, um die rechenintensiven Echtzeit-Prozesse ablaufen zu lassen. Für einfache Anwendungen wie etwa für einen AR-Museumsbesuch reichen aber mittlerweile schon handelsübliche Smartphones.