Eine deutliche Steigerung der Vergütungen um einen tabellenwirksamen Festbetrag und ein höherer Schichtzuschlag: Diese Forderungen will die IGBCE in den bevorstehenden Tarifverhandlungen für die 40.000 Beschäftigten der Papierindustrie durchsetzen. Das hat die Bundestarifkommission am 30. August in Offenbach beschlossen.
IGBCE-Verhandlungsführer Frieder Weißenborn betont: „Die allermeisten Unternehmen in der Papierbranche haben die Corona-Krise gut überwunden und fahren seit Monaten trotz gestiegener Gaspreise hohe Gewinne ein. Die Preise für die Energiekosten können sie einfach weitergeben.“ Die Beschäftigten hingegen könnten das nicht: „Sie müssen ihre Rechnungen bezahlen.“ Weißenborn unterstreicht deshalb: „Gute Arbeit muss sich lohnen, gerade in Krisenzeiten. Mit dem Festbetrag wollen wir die Kaufkraft der Beschäftigten sichern.“
In den Fokus dieser Tarifrunde stellt die IGBCE außerdem die Schichtarbeitnehmerinnen und Schichtarbeitnehmer: Weißenborn betont: „Ihre Arbeit möchten wir durch die Verdopplung der Durchfahrzulage attraktiver gestalten.“ Schon jetzt hätten viele Unternehmen massiv Probleme, Beschäftigte für die Schichtarbeit zu finden.
Die Bundestarifkommission fordert, dass die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen zum 1. Oktober 2022 um einen tabellenwirksamen Festbetrag steigen, der unter Beachtung der Preissteigerungsrate die Kaufkraft der Mitglieder sichert.
Außerdem soll die Attraktivität der Schichtarbeit durch die Verdopplung der Durchfahrzulage gesteigert werden. Die Durchfahrzulage erhalten Beschäftigte, die im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb arbeiten. Derzeit liegt sie bei fünf Prozent. Die IGBCE-Tarifkommission will sie in dieser Tarifrunde auf zehn Prozent verdoppeln.
Die Laufzeit des Tarifabschlusses soll sich an dem Gesamtpaket orientieren.
Bundestarifkommissionsmitglied Alois Soring von Nordland Papier unterstreicht: „Die Forderung, die wir jetzt aufgestellt haben mit dem Festbetrag finde ich super. Ich glaube, dass es gerade den Kolleginnen und Kollegen hilft, die in den unteren Lohn- und Gehaltsgruppen sind, weil die natürlich aufgrund der hohen Energiekosten und der hohen Preissteigerungsrate am meisten betroffen sind.“
Ähnlich sieht das Frank Gottselig von dem Hygienepapierhersteller Essity: „Ich finde die Forderung gut, weil wir nicht wissen, wie sich die Preissteigerungsrate entwickeln wird. Deswegen finde ich klasse, dass wir keine prozentuale Forderung haben.“ Im Oktober, wenn die Verhandlungen starten, könne man die konkreten Zahlen dann genau bewerten. „Ich mache jetzt schon fast 30 Jahre Tarifpolitik, aber sowas wie in diesem Jahr habe ich noch nicht erlebt“, ergänzt er.
Die Papierbranche ist breit gefächert: Rund 3000 verschiedene Papiersorten gibt es, unterteilt in vier Bereiche. Mehr als die Hälfte aller Papiere wird für Verpackungen produziert. Grafische Papiere machen mit Zeitungen und Zeitschriften rund 32 Prozent aus. Hygienepapiere, also etwas Toilettenpapier und Küchenrolle, haben einen Anteil von sieben Prozent an der Gesamtproduktion. Zu technischen und Spezialpapieren (sechs Prozent an Papierproduktion) zählen zum Beispiel Papiere für Etiketten, Teebeutel oder Zigaretten. Zu den größten Betrieben der Branche zählen der Hersteller grafischer Papiere UPM, der Hygieneartikelproduzent Essity Operations und das Papierunternehmen Sappi.
Am 19. Oktober kommen IGBCE und Arbeitgeber zur ersten Verhandlung in Fulda zusammen. Tarifkommissionsmitglied Marco Sandow vom Papierunternehmen LEIPA, blickt optimistisch auf diesen Termin: „Nach langer Diskussion haben wir einen guten Beschluss gefasst, der nachvollziehbar ist und der für beide Seite zu einem guten Ergebnis führen kann, wenn sie sich aufeinander zu bewegen.“
Fragen und Antworten zum Forderungsbeschluss