Aktionen zur Tarifrunde Papier

15.000 Teilnehmende erhöhen den Druck

In der Arnsberger Festhalle, mit lauter Sirene vor der Papier- und Kartonfabrik Varel, mit Fahnen und Bannern vor der Papierfabrik Sappi oder auf der Tarifdemo in Düren: 15.000 Papier-Beschäftigte im ganzen Land haben in den vergangenen zwei Wochen mit Aktionen den Druck in der laufenden Tarifrunde erhöht.

Aktionen - Tarifrunde Papier 2022 - Papierfabrik Varel / 16.11.22

Tarifaktion bei der Papier- und Kartonfabrik Varel

Foto: © Sven Seeberger

Denn die Verhandlungen laufen nicht so, wie sich die bundesweit 40.000 Beschäftigten der Branche das vorstellen: Die Lage ist angespannt, bisher legten die Arbeitgeber kein Angebot vor. Die ersten beiden Verhandlungen hatten die Papiergewerkschaft IGBCE und die Arbeitgeber ohne Ergebnis vertagt. Dabei geht es der Branche gut, die allermeisten Unternehmen fahren hohe Gewinne ein und können die gestiegenen Gaspreise einfach an ihre Kund*innen weitergeben. „Die Arbeitgeber müssen bei der dritten Verhandlung am Freitag endlich liefern und ein vernünftiges Angebot auf den Tisch legen“, verlangt IGBCE-Verhandlungsführer Frieder Weißenborn.

Die IGBCE fordert in der diesjährigen Tarifrunde eine deutliche Steigerung der Vergütungen um einen tabellenwirksamen Festbetrag rückwirkend zum 1. Oktober 2022. Außerdem soll die Attraktivität der Schichtarbeit durch die Verdopplung der Durchfahrzulage auf zehn Prozent gesteigert werden. Die Durchfahrzulage erhalten Beschäftigte, die im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb arbeiten.

"Unsere Leute verdienen einen Anteil an den hohen Gewinnen der Unternehmen. Denn nur weil sie rund um die Uhr arbeiten und den Laden am Laufen halten, brummt es in den Fabriken", sagt Weißenborn und stellt klar: Ohne die Erhöhung der Durchfahrzulage wird es nicht gehen. Das ist unsere Kernforderung ohne Wenn und Aber!"

Auf Kundgebungen wie bei Smurfit Kappa in Herzberg, auf Betriebsversammlungen wie bei Essity in Mannheim oder auf vor-Tor-Aktionen wie in bei Glatfelter in Gernsbach wurden die Papier-Beschäftigten laut und machten klar, dass sie hinter den Forderungen der IGBCE stehen und ein deutliches, dauerhaftes Plus im Portemonnaie erwarten.

Lautstark für mehr Anerkennung: Beschäftigte demonstrieren in Arnsberg

Am 14. November wurde es laut in Arnsberg. Der IGBCE Landesbezirk Westfalen hat zur Tarifdemo für die Papierindustrie geladen und mit mehr als 300 Kolleginnen und Kollegen für ein verhandlungsfähiges Angebot der Arbeitgeberseite demonstriert. Denn auch nach der zweiten Tarifrunde haben die Arbeitgeber kein ernst zu nehmendes Angebot vorgelegt, dass den Bedürfnissen der Beschäftigten und den aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen gerecht wird.

Die Haltung der Arbeitgeberseite stößt bei IGBCE und den betroffenen Beschäftigten auf Unverständnis. Das Problem: Trotz robuster Auftragslage und guten Geschäften in den Vorjahren ist die Arbeitgeberseite scheinbar nicht bereit, ihre Belegschaft in diesen herausfordernden Zeiten angemessen zu unterstützen. Mit Blick auf die anstehende Dritte Verhandlungsrunde hat Matthias Opfinger, Industriegruppensekretär der IGBCE, auf der Kundgebung gesagt, dass er nicht wisse, ob es dann zu einem Abschluss komme. „Wir fordern eine dauerhafte tabellenwirksame Erhöhung der Entgelte und die Erhöhung der Durchfahrtszulage. Es sollte allen Beteiligten klar sein, dass wir bereit sind, für unsere Forderungen im Zweifel auch vors Tor zu gehen.“

„Die Beschäftigten brauchen jetzt Entlastung“, forderte auch Frank Werth, Bezirksleiter des Bezirks Dortmund-Hagen. „Gestiegene Energie– und Heizkosten treffen unsere Leute. Gleichzeitig verdient die Branche gutes Geld mit der Arbeit unserer Kolleg*innen.“ Von einem realistischen Angebot fehle dennoch jede Spur. „Wenn wir am Freitag keinen Schritt weiterkommen. Dann müssen wir das Ganze hier noch größer aufziehen“, so Werth weiter.

Für Anja Kirschner aus der Bundestarifkommission sei es wichtig, dass die Arbeitgeberseite begriffen habe, dass die IGBCE ernst zu nehmende Forderungen habe, die den aktuellen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen angepasst sind. „Gerade mit Blick auf die Inflation und der allgemeinen Teuerung ist es wichtig, dass wir eine Erhöhung durchbekommen, mit der unsere Kolleg*innen ihren Lebensstandard halten können“, so Kirschner weiter. „Und vor allem die Beschäftigten auf Schicht verdienen Anerkennung in Form einer Verdopplung der Durchfahrtszulage.“
 

Der Norden macht Dampf: Tarifaktion vor den Toren der Papier- und Kartonfabrik in Varel 

„Wir fordern von den Arbeitgebern, endlich ein faires Angebot vorzulegen“, rief Holger Jelinski vor rund 100 Beschäftigten der Papier- und Kartonfabrik Varel (PKV), die sich trotz schlechten Wetters heute (16.11.) vor dem Werkstor versammelt haben. Lautstark unterstützten sie die Forderungen ihrer Tarifkommission für die dritte Verhandlungsrunde am Freitag im hessischen Sulzbach. „Wir brauchen eine Erhöhung der Entgelte in Form eines tabellenwirksamen Festbetrags“, so Holger Jelinski, der seine Kolleg*innen in der Bundestarifkommission vertritt. „Nur darüber wird sich die Schere zwischen Gutverdienern und den niedrigen Lohngruppen verringern.“ Zusätzlich fordert er die Erhöhung des Schichtzuschlags für die Beschäftigten in Vollkonti. „Ihr sollt gesund in die Rente gehen. Nur mit einem guten Lohn sind die Kollegen in der Lage, einen finanziellen Puffer aufbauen, um notfalls auch früher in Rente gehen zu können.“ Ein fairer Lohn sei zudem die einzige Möglichkeit, den Beruf des Schichtarbeiters attraktiv zu halten. 
 

Politische Mittagspause vor der Alfelder Papierfabrik Sappi

Rund 65 Beschäftigte der Alfelder Papierfabrik Sappi haben am 14. November während einer politischen Mittagspause Entschlossenheit demonstriert und den Straßenverkehr vor ihrem Werkstor lahmgelegt. Lautstark verliehen sie ihrer Forderung nach einer tabellenwirksamen Lohnerhöhung Nachdruck.

Der Hersteller von Spezialpapieren und Verpackungen habe im vergangenen Jahr an dem Standort mit rund 760 Beschäftigten "über Budget verdient", erklärte Gerhard Witte, Vorsitzender der gewerkschaftlichen Vertrauensleute und Mitglied der Bundestarifkommission, vor den Kolleginnen und Kollegen. "Dafür haben wir hier alle gearbeitet, und deshalb möchten wir unseren Anteil bekommen." Die gestiegenen Energiekosten seien kein Argument für einen niedrigen Abschluss, denn diese beträfen Unternehmen wie Beschäftigte gleichermaßen. "Das Unternehmen kann die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterreichen, wir jedoch nicht. Deshalb fordern wir eine ordentliche Erhöhung", so Witte.

Am Freitag (18. November) steht die entscheidende Runde bevor: IGBCE und Arbeitgeber gehen im hessischen Sulzbach in die dritte Verhandlung.  Sollten die Arbeitgeber die Erwartungen der Gewerkschaft nicht erfüllen – das ist jetzt schon klar – geht es auf die Straße. Die IGBCE wird dann neben weiteren Aktionen im ganzen Bundesgebiet zu einer Tarifdemo durch Augsburg aufrufen.

Aktionen vor der dritten Tarifrunde

Weitere Informationen

Papierindustrie
Foto: © Helge Krückeberg
Papier-Tarifrunde

Tarifabschluss für 40.000 Beschäftigte in der Papierindustrie: In zwei Stufen werden die Vergütungen dauerhaft um einen Festbetrag von insgesamt 200 Euro erhöht. Die Durchfahrzulage steigt auf 7,5 Prozent. Außerdem erhalten die Beschäftigten das tarifliche Inflationsgeld in drei Einmalzahlungen, insgesamt 3000 Euro netto.