Protestaktion in Berlin

Solidarität mit unseren Kollegen in Belarus

Pünktlich zu Beginn der Protestkundgebung zogen in Berlin vor der Botschaft von Belarus am Treptower Park zogen dichte Wolken auf und vertrieben immer wieder den zeitweisen blauen Himmel.

Kundgebung vor der Botschaft von Belarus
Foto: © Merlin Nadj-Torma

Fast 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen an der Protestaktion teil, die auf Initiative des Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) am Mittwoch, den 8. Juni von 12 bis 13 Uhr in verschiedenen internationalen Städten stattgefunden hat. Auf allen Kundgebungen wurde die sofortige Freilassung der verhafteten Gewerkschafter gefordert.

Oliver Heinrich, IGBCE-Landesbezirksleiter Nordost, war ebenfalls vor Ort:  „Es ist wichtig ein starkes Signal zu senden. Deshalb macht auch die IGBCE Nordost mit und schließt sich im Zeichen der internationalen Solidarität der Protestkundgebung an. Wir haben zahlreiche Kollegen und Kolleginnen mobilisiert, die heute vor der Botschaft von Belarus in Berlin gegen die diktatorische Führung in Belarus und ihrem Umgang mit Gewerkschaften protestieren. Wir fordern die Freilassung der willkürlich inhaftierten Gewerkschafter*innen. Es wäre auch hier eine große Schande tatenlos zuzusehen oder zu schweigen!“

Auch die Teilnehmer*innen waren sich einig: „Es ist unglaublich, was sich zur Zeit um uns herum abspielt. Neben allen Ängsten, die wir alle haben, erreichte nun auch die systematische Verfolgung von GewerkschafterInnen durch das Regime in Belarus mit der Verhaftung von vierzehn führenden Gewerkschafter der unabhängigen Gewerkschaften in Belarus ihren traurigen Höhepunkt“. Ein Teilnehmer berichtete, dass schon die Teilnahme an friedlichen Demonstrationen gegen das Regime des umstrittenen Machthabers Alexander Lukaschenko ausreiche, um den Arbeitsplatz zu verlieren.

Die Stimmung vor den Toren der unter Denkmalschutz stehenden Villa der belarussischen Botschaft in Berlin-Treptow war ernst und bedrückend. In den Gesichtern aller Teilnehmer war Entsetzen, jedoch auch solidarische Kampfeslust zu erkennen. Viele hielten Schilder mit Parolen wie „Solidarität mit unseren Kollegen in Belarus“ oder „Stopp der Bekämpfung freier Gewerkschaften“ hoch.

Den Protestkundgebungen war die Verhaftung von vierzehn führenden Gewerkschaftern der unabhängigen Gewerkschaften in Belarus durch das Komitee für Staatssicherheit der Republik Belarus (KGB) am 19. April vorangegangen. Unter den Verhafteten befindet sich auch der Vorsitzende des Dachverbandes BDKP, Aliksandr Yarushuk. Aliksandr ist auch Vize-Präsident des IGB und im Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO). Neben den wichtigsten Vorstandsmitgliedern des Dachverbandes BDKP sind auch die Vorsitzenden der Branchenorganisationen SPB (Partnergewerkschaft der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW), SPM, REP (Partnergewerkschaft der IG Metall) und BNP (Partnergewerkschaft der IGBCE) in Haft.

Die Protest-Aktionen wurden am 8. Juni passend zum Start der ILO-Jahresvollversammlung in Genf gewählt. Da die Republik Belarus alle ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert hat und damit auch die Vereinigungsfreiheit garantieren sollte, ist die Verhaftung der Gewerkschafter sowie der Verbot zahlreiche gewerkschaftlicher Betriebsorganisationen mit der Begründung „Extremistische Organisationen“ ein klarer Verstoß hiergegen. Mit dem vor unseren Augen stattfindenden Versuch des Lukaschenka-Regimes die letzte noch im Land befindliche zivilgesellschaftliche Bewegung zu verbieten, zeigt sich das autoritäre Gesicht des Regimes in seiner brutalsten Form.

Auch Stephanie Albrecht-Suliak, IGBCE-Abteilungsleiterin Politik und Internationales , wies in ihrer engagierten Rede darauf hin, dass die IGBCE die BNP, die größte und unabhängige Gewerkschaft in Belarus (hervorgegangen aus einer Streikbewegung der Kalibergleute) seit rund 30 Jahren unterstützt und ihren mutigen Kampf für gerechte Löhne bewundert hat: „Deshalb fordern hier und heute die sofortige Freilassung aller unabhängigen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die Einstellung aller Schikanen, unberechtigter Beschuldigungen gegen die unabhängigen Gewerkschaften sowie die sofortige Aufhebung der Verbote ihrer Organisationen.“

Der Applaus, so hofften alle Demonstrierende in Berlin, sollte - zumindest symbolisch - bis nach Minsk zu hören sein und die Menschen dort unterstützen: „Wir lassen euch nicht alleine!“

In den Räumen der belarussischen Botschaft in Berlin war das jedenfalls nicht zu überhören, auch wenn alle Fenster während der Protestkundgebung fest verschlossen blieben.