Starke und nachhaltige Entgelterhöhungen für die Beschäftigten sind ein Muss in dieser Krise. Die IGBCE ist fest entschlossen, sie in den bevorstehenden Tarifverhandlungen der Chemie- und Papierbranche durchzusetzen. Die Gemeinschaft stützt die Industrie nach Kräften. Jetzt ist es an der Zeit, dass sie ihrer Verantwortung für Beschäftigte und Volkswirtschaft gerecht wird.
Auch wenn man nicht zu Superlativen neigt, so scheinen sie in diesen Tagen doch unumgänglich. Eine Rekordinflation von zuletzt 10 Prozent, eine Vervielfachung der Energiepreise, Sorgen um Versorgungssicherheit in diesem Winter: Wir befinden uns in einer historischen Ausnahmesituation, die so keine und keiner der heute beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bislang erlebt hat.
Selbst die 580.000 Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie, die dank unserer Tarifverträge ordentlich verdienen, geraten an ihre Grenzen. Wir wissen aus Umfragen, dass fast jede und jeder zweite von ihnen nichts mehr zur Seite legen kann oder nicht mehr weiß, wie sie oder er noch über die Runden kommen soll. Das lässt erahnen, wie dramatisch die Lage bei Beschäftigten in anderen Branchen sein muss, die unter weitaus schlechteren oder gar keinen Tarifbedingungen arbeiten.
Daraus erwächst eine – und auch hier ist der Superlativ angebracht – historische Herausforderung für alle, die Verantwortung für die Menschen, Allgemeinwohl, sozialen Frieden und wirtschaftliche Stabilität in diesem Land tragen. Das sind nicht nur Politik, staatliche Institutionen oder Notenbanken. Diese Verantwortung tragen auch diejenigen, denen sie schon die Mütter und Väter des Grundgesetzes übertragen haben: Gewerkschaften und Arbeitgeber. Es braucht ein gesamtgesellschaftliches Bollwerk gegen Inflation und Energiekrieg. Und einen Pakt der Solidarität, indem jede und jeder seine Partikularinteressen dem Wohl der Allgemeinheit unterordnet.
Wir als IGBCE haben diese Verantwortung bereits fest entschlossen angenommen:
Das ist Verantwortung, wie wir sie verstehen: für unsere Mitglieder, für unsere Branchen, für das Allgemeinwohl.
Ein entscheidender Baustein in diesem Bollwerk fehlt freilich noch: starke und nachhaltige Entgelterhöhungen für unsere Kolleginnen und Kollegen. Mag sich die Gaskostenbelastung absehbar auch wieder verringern, bei vielen Gütern des täglichen Bedarfs wird es kein Zurück geben. Die Inflation hat sich längst in alle Lebensbereiche vorgearbeitet, täglich rinnt den Beschäftigten das Geld schneller durch die Finger. Längst halten die Menschen ihr Restgeld zusammen, ist der Konsum als Motor der Binnenkonjunktur abgewürgt, droht Rezession.
Wir stehen vor einer entscheidenden Woche, um dagegen ein Zeichen zu setzen. An diesem Sonntag, wenn wir nach der „Brücken“-Pause in Wiesbaden die Entgeltverhandlungen für die Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie wieder aufnehmen. Und am Mittwoch darauf, wenn in Fulda die Gespräche für die Kolleginnen und Kollegen in der Papierindustrie starten: Weit mehr als 600.000 Beschäftigte und ihre Angehörigen, die Entlastung und Unterstützung erwarten und verdienen – nicht nur vom Staat, auch vom Arbeitgeber.
Für uns in der IGBCE steht außer Frage: So entschlossen wir Sicherheiten und Entlastung für unsere Mitglieder auf politischen Wege durchgesetzt haben, so entschlossen werden wir sie auch den Arbeitgebern gegenüber einfordern. Gerade in der Chemieindustrie haben viele Konzerne ihre Preissteigerungen schlicht durchgereicht und bestens verdient – teilweise bis heute.
Insofern müssen sich die Arbeitgeber in den kommenden Tagen genau überlegen, wie intensiv ihre Appelle nach Maßhalten ausfallen sollen. Und sie sollten ihre Prognosen nicht zu düster zeichnen. Denn der tiefschwarze Himmel, der noch in den vergangenen Wochen über dem Land hing, dürfte sich schon bald lichten. Sollten die Empfehlungen der Gas-Kommission umgesetzt werden, winken den energieintensiven Industrien milliardenschwere Entlastungen. Nicht ohne Grund nannte der Verband der chemischen Industrie (VCI) die Gaspreisbremse einen „ganz wichtigen ersten Schritt, der vielen Unternehmen ein Stück weit die Zuversicht, die Krise meistern zu können, zurückgibt“.
Genau das ist es, was wir von den Arbeitgebern jetzt sehen wollen: Zuversicht und Selbstbewusstsein, sich nicht von einem Kriegstreiber in Russland das Geschäft kaputt machen zu lassen. Und Verantwortungsübernahme den eigenen Beschäftigten und der Gesellschaft als Ganzes gegenüber. Die Gemeinschaft stützt die Industrie nach Kräften. Es ist Zeit, dass sie etwas zurückgibt – zuallererst an die, die den Laden am Laufen halten. Wir werden dafür sorgen!
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