Der demografische Wandel stellt uns vor viele Herausforderungen. Dazu gehört auch, dass Beschäftigte sich zukünftig noch stärker um ihre pflegebedürftigen Angehörigen kümmern müssen. Wie kannst du deine Arbeit und die Betreuung oder sogar die Pflege eines Familienangehörigen unter einen Hut bringen, wenn du mitten im Berufsleben stehst?
Wie schafft man es, neben dem Beruf die Eltern zu pflegen?
Beruf und Privatleben miteinander zu vereinbaren, ist schon unter normalen Umständen oft schwierig, auch wenn wir in den Betrieben einiges verbessern konnten. Aber was ist in einer Notsituation, wenn plötzlich die Betreuung oder Pflege eines Angehörigen organisiert oder selbst übernommen werden muss?
Das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) schaffen die Möglichkeit dafür. Denn die Politik gibt der häuslichen Pflege Vorrang vor der stationären und trägt damit zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Ist ein feststehender Begriff der Abt. F/G) bei. Arbeitnehmer haben demnach in folgenden Fällen Anspruch darauf, sich für bestimmte Zeiten freistellen zu lassen oder ihre Arbeitszeit zu reduzieren:
Die Pflegezeit dauert maximal sechs Monate. In dieser Zeit haben Beschäftigte Anspruch darauf, vollständig oder teilweise von der Arbeit freigestellt zu werden. Die Familienpflegezeit kann bis zu 24 Monate dauern. In dieser Zeit können Beschäftigte ihre Arbeitszeit reduzieren, und zwar auf mindestens 15 Stunden pro Woche im Jahresdurchschnitt – die Arbeitszeit kann bei der Familienpflegezeit also flexibel aufgeteilt werden.
Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine bis zu sechsmonatige vollständige oder teilweise Freistellung, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen, wenn der Arbeitgeber für die Pflege nach Pflegezeitgesetz mindestens 15 Beschäftigte beziehungsweise für die Pflege nach Familienpflegezeitgesetz mindestens 25 Beschäftigte hat. Unter diesen Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch. Der muss nicht vom Arbeitgeber genehmigt werden..
Die bestehende Pflegebedürftigkeit – mindestens Pflegegrad 1 – muss durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nachgewiesen werden. In kleineren Betrieben sind freiwillige Vereinbarungen zur Pflegezeit möglich.
Pflege- und Familienpflegezeitgesetz fassen den Begriff der „nahen Angehörigen“ weit. Demnach gehören dazu:
Für die Kriterien der Pflegebedürftigkeit verweist das Pflegezeitgesetz auf das Sozialgesetzbuch XI, Paragrafen 14 und 15. Pflegebedürftig sind nach den gesetzlichen Regelungen Personen, die „körperliche, kognitive (Beeinträchtigungen des Denkapparats oder des Verstehens betreffend) oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können“, demnach in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sind und für voraussichtlich mindestens sechs Monate pflegerische und betreuerische Hilfe benötigen. Übrigens: Auch Menschen, die voraussichtlich die relevanten Kriterien erfüllen, gelten als pflegebedürftig.
Das Gesetz sieht keine Begrenzung vor. Es kann also auch eine mehrfache Freistellung erfolgen. Aber der Anspruch auf Zahlung von Lohnersatz für zehn Tage gemäß Pflegezeitgesetz kann für einen Angehörigen nur einmal beansprucht werden.
Bei der akuten Freistellung (zehn Tage) wird ein Pflegeunterstützungsgeld von der Pflegekasse oder der Versicherung des pflegebedürftigen nahen Angehörigen gezahlt. Die Berechnung ist wie beim Kinderkrankengeld als Lohnersatzleistung ausgestaltet und entspricht bis zu 90 Prozent des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts.
Bei der Langzeitpflege handelt es sich um eine unbezahlte, sozialversicherte Freistellung, es wird also kein Arbeitsentgelt gezahlt. Auf Antrag wird ein zinsloses Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gewährt. Dieses zinslose Darlehen muss nach Ablauf der Pflege- oder Familienpflegezeit in Raten zurückgezahlt werden. In Fällen, bei denen eine besondere Härte vorliegt, kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben die Stundung der Rückzahlung beantragt werden.
Bei Inanspruchnahme von kurzzeitiger Pflege für eine Dauer von bis zu zehn Tagen besteht keine Ankündigungsfrist, jedoch soll der Arbeitgeber unverzüglich über die kurzzeitige Arbeitsverhinderung informiert werden. Die Inanspruchnahme von Kurzzeitpflege nach dem Pflegezeitgesetz bedarf einer Ankündigung von zehn Tagen. Die Ankündigungsfrist beträgt jedoch acht Wochen für den Übergang von der Familienpflegezeit zur Pflegezeit. Ebenso beträgt die Ankündigungsfrist für die Familienpflegezeit acht Wochen. Abweichend davon muss die Ankündigung spätestens drei Monate vor Beginn der Familienpflege erfolgen, falls diese im Anschluss an Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz erfolgt.
Die Pflegeperson muss zudem immer erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung zur Pflege erfolgen soll.
Das Gesetz ist da eindeutig: „Der Arbeitgeber darf das Beschäftigungsverhältnis von der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzfristigen Freistellung nach Paragraf 2 oder der Pflegezeit nach Paragraf 3 nicht kündigen.“ Möglich ist allenfalls eine Kündigung in besonderen Fällen mit behördlicher Zustimmung. Dies gilt ebenso für Pflege nach dem Familienpflegezeitgesetz.
Wenn du weitere Informationen benötigst oder Fragen zu den Möglichkeiten hast, die dir das Pflegezeit- und das Familienpflegezeitgesetz bieten, kannst du dich an deinen Betriebsrat oder deine Gewerkschaft im Bezirk wenden.