"Jetzt nehmen wir die Unternehmen in die Pflicht"

IG BCE will schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung tarifvertraglich regeln

Mit den Beschlüssen zu Kohleausstiegs- und Strukturstärkungsgesetz setzen Bundestag und Bundesrat aus Sicht der IG BCE eine historische Wegmarke – nicht nur für die deutsche Energieversorgung insgesamt, sondern auch für die Zukunft Zehntausender Menschen, die in den Revieren und Kraftwerken arbeiten.

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Foto: © Bernd Wittelsbach/istockphoto

Anderthalb Jahre nachdem die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ihren Abschlussbericht zum schrittweisen Abschied aus der Kohleverstromung vorgelegt hatte, herrscht damit nun Klarheit. „Die Gesetze atmen den Geist der Empfehlungen, die wir in der Kommission formuliert haben“, sagt der Vorsitzende der IG BCE und Kommissionsmitglied Michael Vassiliadis. Es sei „gut und überfällig“, dass sie nun beschlossen würden.

„Jetzt gibt es einen verlässlichen Fahrplan für den Umbau der Energieversorgung, die sozialverträgliche Gestaltung des Strukturwandels und die Weiterentwicklung der Reviere“, so Vassiliadis. Dies sollten nun auch alle Beteiligten als bindend akzeptieren, damit man nach vorn blicken könne. „Denn die Arbeit fängt jetzt erst richtig an.“

An erster Stelle steht für die IG BCE nun die Aufgabe, das Auslaufen der Kohleverstromung tarifvertraglich zu regeln. „In der Kommission und bei der Politik haben wir bereits ein eng geknüpftes Sicherheitsnetz für die Betroffenen durchgesetzt, sodass niemand ins Bergfreie fällt“, sagt Vassiliadis. Dazu gehöre beispielsweise das Anpassungsgeld für Beschäftigte, die durch den Kohleausstieg ihren Arbeitsplatz verlieren. „Jetzt nehmen wir die Unternehmen in die Pflicht." Die vorgesehenen Entschädigungen müssten in Zukunftsinvestitionen und in die Ausgestaltung der sozialen Abfederung für die Beschäftigten fließen.

Bei RWE im rheinischen Braunkohlerevier, wo schon Ende 2020 das erste Kraftwerk schließt, haben die Verhandlungen bereits begonnen. Weitere Unternehmen werden folgen. Die IG BCE geht davon aus, dass sich die Arbeitgeber beim Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und der Aufstockung des Anpassungsgelds bewegen, um den Reduktionspfad sozialverträglich zu gestalten. Gleichzeitig müssen sie neue Beschäftigungsperspektiven und Aus- und Weiterbildung von jüngeren Beschäftigten sicherstellen. Die berufliche Erstausbildung darf dabei quantitativ wie qualitativ nicht leiden.

Vassiliadis mahnt indes zur Eile beim Umbau der Energieversorgung. „Das Land hat zu lange Ausstiegsdebatten geführt. Wir müssen endlich einen Einstiegsplan formulieren: für den Ausbau der Erneuerbaren und der Netze, für die überfällige Offensive beim Energieträger der kommenden Jahrzehnte – Wasserstoff“, so der IG-BCE-Vorsitzende. „Denn an der Zukunft der Energieversorgung hängt die Zukunft des Industriestandorts.“

Die IG BCE und die ganze Gewerkschaftsfamilie sagten „Ja“ zum Klimaschutz mit Angemessenheit und sozialer Gestaltung. Dieser Kohleausstieg sei ein gutes Beispiel dafür, so Vassiliadis. „Weil es uns in einem hart erarbeiten Kompromiss aller relevanten gesellschaftlichen Gruppen gelungen ist, soziale Flankierung und Klimaschutz zu verbinden.“