Transformation des Energiesektors:

IG BCE fordert Anpassungsgeld für Kohlebeschäftigte

In der Diskussion um eine politische Beschleunigung des Auslaufs der Kohleverstromung in Deutschland fordert die IG BCE eine nachhaltige soziale Absicherung der Beschäftigten. „Die Regierung muss Verantwortung dafür übernehmen, wenn sie einen rentablen Industriezweig politisch abschalten will“, sagte der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, bei der Jahrespressekonferenz der Gewerkschaft in Hannover.

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE

"Die Regierung muss Verantwortung dafür übernehmen, wenn sie einen rentablen Industriezweig politisch abschalten will“, sagte der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, bei der Jahrespressekonferenz der Gewerkschaft in Hannover.

Foto: © Helge Krückeberg

Bislang habe die Bundesregierung sowohl die Öffentlichkeit als auch die Mitglieder der von ihr eingesetzten Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ darüber im Dunkeln gelassen, wie viel Geld sie für die strukturpolitische Flankierung und soziale Abfederung der Transformation im Energiesektor aufwenden wolle. „Je früher dieses Land die Kohleverstromung beenden will, desto teurer wird es für uns alle“, warnte Vassiliadis.

Neben dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen fordert die IG BCE ein staatliches Anpassungsgeld nach dem Vorbild des deutschen Steinkohlenbergbaus, das sich auf alle Beschäftigten in den Kohlekraftwerken und Tagebauen sowie auf die gesamte Länge des Auslaufpfads erstrecken muss.

Darüber hinaus werden diverse tarifliche Vereinbarungen mit den Unternehmen nötig – etwa um Rentenabschläge auszugleichen, finanzielle Brücken bis zum Beginn des Anpassungsgelds zu bauen oder mögliche Lohneinbußen bei Jobwechseln von jüngeren Beschäftigten auszugleichen.

Beispiel: Würde das Anpassungsgeld bei einem Alter von 58 Jahren beginnen, müsste ein Zeitraum von fünf Jahren bis zum vorzeitigen Renteneintritt überbrückt werden. Gleichzeitig wäre unter anderem der entstehende Rentenabschlag von 14,4 Prozent auszugleichen. Die IG BCE rechnet in diesem Fall allein für die Braunkohle mit Gesamtkosten von bis zu 5 Milliarden Euro, die etwa zur Hälfte auf Staat und Unternehmen entfielen. Bei einem beschleunigten Aus für die Kohle müsste das Anpassungsgeld früher greifen. Ein Vorziehen auf 55 Jahre würde die Kosten auf fast 7 Milliarden Euro ansteigen lassen.

Der IG-BCE-Vorsitzende Vassiliadis, selbst Mitglied der Strukturkommission, machte gleichzeitig deutlich, dass darüber hinaus „private und öffentliche Investitionen von gewaltigem Ausmaß in industrielle Neuansiedlungen, Infrastruktur und Zukunftstechnologien für die Reviere“ notwendig seien. Erforderlich wäre zudem die Kompensation von Strompreissteigerungen, die ein vorzeitiges Abschalten der im Vergleich besonders günstigen Kohle zur Folge hätte, für die energieintensiven Industrien – um nicht noch mehr Arbeitsplätze zu gefährden.

Die Gewerkschaften – in der Kommission vertreten durch DGB, Ver.di und IG BCE – haben dem allgemeinen Ausstiegswahn ein Konzept der Vernunft entgegengestellt, dass sich sowohl an den Klimazielen als auch an Fragen des sozialen Strukturwandels, der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit orientiert. Unter anderem setzen sie sich dafür ein, dass ein möglicher neuer Auslaufpfad bei der Kohleverstromung eng an die tatsächlichen Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze gekoppelt wird. Vassiliadis: „Erst beim Ausbau liefern, dann abschalten!“

Weitere Informationen