Diebstahl am Arbeitsplatz

Langfingern droht Kündigung

Jede bzw. jeder Vierte hat schon mal aus dem Büro oder der Werkstatt etwas mitgehen lassen: einen Kugelschreiber, eine Firmentasse, eine Flasche Desinfektionsmittel ... das ist doch nicht der Rede wert. Oder doch? Die IGBCE erklärt die Rechtslage.

Diebstahl, Stifte in der Hand

Vorsicht! „Selbst das ungefragte Einstecken von geringwertigen Dingen wie Kugelschreiber oder Briefmarken kann große Folgen haben“, warnt der IGBCE-Rechtsexperte Peter Voigt.

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Mopsen, stibitzen, mausen – für Diebstahl gibt es viele nette Umschreibungen. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass es sich um eine Straftat handelt. Eine Straftat, die gar nicht so selten ist: Eine repräsentative Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zeigt, dass jeder bzw. jede Vierte schon mal was aus dem Betrieb mitgehen lassen hat. Mal ein paar Büroklammern, mal einen Aktenordner, mal etwas Druckerpapier. Diebstahl? So würden es die wenigsten Befragten nennen. Es sei ja nur eine Kleinigkeit, die dem Unternehmen keinen großen finanziellen Schaden bereitet, lautet die häufigste Rechtfertigung.

Eigentum der Arbeitgeber

Doch Vorsicht! „Selbst das ungefragte Einstecken von geringwertigen Dingen wie Kugelschreiber oder Briefmarken kann große Folgen haben“, warnt Peter Voigt, Leiter der Abteilung Rechtspolitik, Rechtsschutz bei der IGBCE. „Schließlich handelt es sich hierbei um Eigentum des Arbeitgebers.“ Dazu gehöre übrigens auch der Müll – falls also mal jemand auf den Gedanken kommen sollte, auf der Betriebsfeier die Reste vom Buffet einstecken zu wollen ohne vorher zu fragen... Keine gute Idee!

Im Strafgesetzbuch (StGB) § 242 heißt es: „Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Und weiter: „Der Versuch ist strafbar.“

Voigt unterscheidet hierbei zwischen strafrechtlichen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen. „Ist der Wert geringer ist als 50 Euro, wird der Diebstahl strafrechtlich nur verfolgt, wenn er zur Anzeige gebracht wurde.“ Doch durch einen Diebstahl machen sich Arbeitnehmer*innen nicht nur nach dem StGB strafbar. Sie verletzen auch ihre arbeitsvertraglichen Pflichten. Das gilt besonders für die Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber.

Kleinigkeit mit großen Folgen

Stichwort Vertrauensverhältnis. „Hier gibt es keine Bagatellegrenze wie im Strafrecht“, erklärt der Jurist. Das heißt: Welchen Wert die gestohlene Sache hat, spielt in der Regel keine Rolle, wenn es um eine Kündigung geht. „Wenn der Chef jemanden loswerden will, dann kann schon eine Kleinigkeit zum Verhängnis werden“, sagt Voigt. Denn Arbeitgeber würden dann argumentieren, dass durch den Diebstahl das Vertrauensverhältnis schwerwiegend und nachhaltig gestört sei.

Übrigens: „Der Arbeitgeber muss den Diebstahl nicht zwingend beweisen“, sagt Voigt. „Er kann – leider – auch eine Kündigung auf Verdacht aussprechen.“ Allerdings müssten dafür die Verdachtsmomente objektiv durch Tatsachen begründet sein. „Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass im Einzelfall sogar verdeckte Videoaufnahmen zulässig sind. Die Aufnahmen dürfen jedoch nur herangezogen werden, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Straftat besteht.“

Abmahnung oder Kündigung?

Wie stehen die Chancen vor dem Arbeitsgericht? In den überwiegenden Fällen würden die Richter*innen auf der Seite des Arbeitgebers stehen, der einem Beschäftigten wegen Diebstahls die fristlose Kündigung ausspricht, weiß der Rechtsexperte. „Der oder die Beschäftigte kann sich meist nicht einmal auf gesetzliche oder arbeitsvertragliche Kündigungsfristen berufen.“

Abmahnung oder Kündigung? Doch Arbeitgeber sollten bei ihrer Reaktion immer „die Verhältnismäßigkeit im Auge behalten und die fristlose Kündigung als letztes Mittel sehen“, rät Voigt. Dazu sollten sie sich ein paar Fragen stellen: Zum Beispiel, ob sich der oder die Beschäftigte schon mal was zu Schulden kommen lassen hat. Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit könne eine Rolle spielen – und eine Abmahnung unter Umständen die passende Reaktion sein.
Als Mitglied der IGBCE hast du gewerkschaftlichen Rechtsschutz – du kannst dich jederzeit mit deinen Fragen und Problemen an deinen Bezirk wenden.

Peter Voigt

Peter Voigt, Leiter der Abteilung Rechtspolitik/Rechtsschutz bei der IGBCE.

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Sperre beim Arbeitslosengeld

Nach einer fristlosen Kündigung wegen eines Diebstahls am Arbeitsplatz bleibt oft nur der Weg zur Agentur für Arbeit. Doch in diesem Fall droht eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld. Ist das rechtens? „Es kommt darauf an. Wenn tatsächlich ein Diebstahl vorlag, spricht vieles dafür. Dennoch lohnt sich auch hier der zeitnahe Expertenrat der Gewerkschaft. Vor allem um gegebenenfalls rechtzeitig Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid einzulegen“, sagt Rechtsexperte Voigt.

Die Sperrzeit könne zwischen einer und zwölf Wochen dauern und ist grundsätzlich möglich, wenn die Kündigung auf einem Fehlverhalten der Arbeitnehmer*innen basiert. „In bestimmten Fällen kommt es aber auch vor, dass sich die Sperrfrist verkürzt. Zum Beispiel dann, wenn der Arbeitsvertrag sowieso in absehbarer Zeit geendet hätte oder wenn die Sperrfrist eine unangemessene Härte darstellt.“

Gegen die Festsetzung einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeld könne also Widerspruch eingelegt und anschließend auch eine Klage beim Sozialgericht eingereicht werden. Voigt: „Gelingt es, den Kündigungsschutzprozess zu gewinnen oder zumindest den Vorwurf des Diebstahls im Wege eines Vergleiches aus der Welt zu schaffen, wird die Sperrfrist abgewendet. Für die Mitglieder der IGBCE tritt der gewerkschaftliche Rechtsschutz ein.

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Rechtsschutz

Als IG-BCE-Mitglied genießt du umfassenden Rechtsschutz im Arbeits- und Sozialrecht – und das kostenfrei. Zum Beispiel bei Kündigung, Abmahnung, Streitigkeiten über das Arbeitszeugnis oder falschen Einträgen in der Personalakte. Aber auch wenn es um die Einstufung des Grades einer Behinderung, Konflikte bei Rentenansprüchen oder Streitigkeiten um die Höhe des Pflegegeldes geht, stehen dir die Rechtsexperten der IG BCE und des DGB gerne zur Seite.