Rechte bei Krankheit

Krank ist krank - oder doch nicht?

Wer krankgeschrieben ist, darf zu Hause bleiben. Der Betrieb muss komplett ohne ihn klarkommen. Oder etwa nicht? Was der Chef von seinem Mitarbeiter verlangen darf? Wir erklären es euch.

Krankheit, Grippe, Fieber, Erkältung

Wenn das Fieberthermometer ausschlägt, der Hals kratzt oder andere Unpässlichkeiten plagen, heißt es: zu Hause bleiben. Allerdings muss die Krankmeldung korrekt erfolgen.

Foto: © iStock / demaerre

Die Krankschreibung liegt vor - und die Aufgaben müssen ohne den Mitarbeiter erledigt werden. Oder doch mit der Hilfe des Kranken? Was können sich Vorgesetzte erlauben? Dürfen sie den Kollegen zum Beispiel zu Hause einfach  mal anrufen, um etwas Dienstliches zu klären oder um zu kontrollieren, ob jemand wirklich krank ist?

Wie geht es Ihnen?

Hallo Frau Schmidt … Hallo Herr Schulze, wie geht es Ihnen ...? „Der Arbeitgeber kann selbstverständlich seinen arbeitsunfähigen Mitarbeiter anrufen und mit ihm über die weitere Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit sprechen“, meint Peter Voigt. „Auch hinter der doch üblichen Frage nach dem Wohlbefinden sollte man nicht gleich Böses vermuten“, rät der Leiter der Abteilung Justiziariat/Recht/Compliance bei der IG BCE in Hannover. Doch Auskunft müssten Kranke nicht geben – weder über ihre gesundheitlichen Probleme noch über die Dauer der Erkrankung hinaus. Dazu seien sie nicht verpflichtet.

„Am besten bezieht man sich auf seinen Arzt und erklärt, wann man wieder einsatzbereit beziehungsweise in die Praxis bestellt ist“, empfiehlt Voigt und gibt zu bedenken: „Die Fehlzeiten haben oft auch Konsequenzen für die Kollegen. Wer also weiß, dass er längere Zeit ausfallen wird, erleichtert im Betrieb mit dieser Info die Planung.“ Denn gegebenenfalls könne der Chef so eine Vertretung organisieren.

Der Experte in Sachen Arbeitsrecht stellt aber klar: „Es gibt keine Verpflichtung, den Hörer abzunehmen, wenn der Chef anruft.“ Denn: „Wer arbeitsunfähig ist, muss nicht zwingend im Bett bleiben. Er kann alles machen, was für die Genesung nicht hinderlich oder gar gut ist: je nach Erkrankung zum Beispiel spazieren gehen oder auch sich mit Freunden treffen.“

Trotz der Schonzeit rät der Jurist, sich nicht stur zu stellen – etwa, wenn eine PIN für das Notfallaggregat oder der Code für den Tresor benötigt wird. „Generell muss der Arbeitgeber Vorkehrungen treffen, um das Geschäft am Laufen zu halten. Aber bei einem Notfall sollte man sich kooperativ zeigen.“

Ist das E-Mail-Konto tabu?

Und wie sieht es mit dem E-Mail-Verkehr aus? Darf der Chef mein Postfach öffnen? „Das kommt darauf an, ob die private Nutzung des beruflichen E-Mail-Accounts verboten ist oder nicht“, differenziert Voigt. „Ist sie verboten, kann der Arbeitnehmer reinschauen. Ist sie erlaubt, muss der Arbeitnehmer zustimmen.“

Krank ist krank – auch, wenn gerade ein Personalgespräch geplant war. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil klargestellt, dass krankgeschriebene Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet sind, im Unternehmen zu erscheinen, um dort an einem Personalgespräch mit dem Arbeitgeber teilzunehmen (10 AZR 596/15). In diesem Fall war in Berlin ein Krankenpfleger abgemahnt worden, weil er mit Verweis auf seine Krankschreibung nicht zu drei Personalgesprächen erschienen war. Er klagte dagegen – und die Richter gaben ihm Recht.

Weniger Bürokratie

Wer krank ist, sollte in keinem Fall versäumen, sich rechtzeitig ein ärztliches Attest ausstellen zu lassen. In der Regel ist dies nach drei Tagen dem Arbeitgeber vorzulegen (weiterführende Tipps im Kasten). Bald könnte dafür jedoch der altvertraute »gelbe Schein« überflüssig werden, denn die Bundesregierung will bei Krankmeldungen das Attest aus Papier abschaffen und durch eine digitale Bescheinigung ersetzen. Aktuell besteht die Krankmeldung aus mehreren Bescheinigungen. Eine davon muss an den Arbeitgeber geschickt werden, eine weitere an die Krankenkasse, die dritte ist für die persönlichen Akten bestimmt. Künftig soll nun die jeweilige Krankenkasse den Arbeitgeber über Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmers informieren – und zwar elektronisch. Diese digitale Lösung soll zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Sie gilt dann für alle gesetzlich Versicherten. Bei der Techniker Krankenkasse gibt es bereits ein Pilotprojekt für eine digitale Krankmeldung. Nach Angaben des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurden im Jahr 2017 rund 77 Millionen Bescheinigungen ausgestellt.

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