Stolperfalle Karneval

Keine Narrenfreiheit

Es ist wieder soweit: Die fünfte Jahreszeit sorgt für tolle Tage. In den Karnevalshochburgen herrscht Ausnahmezustand – und auch in faschingsfernen Regionen wird gern mal die Krawatte gekürzt. Doch das Arbeitsrecht lässt sich von den Narren oder Jecken nicht außer Kraft setzen. 

Karnelval

Eine Clownsnase im Büro: Das mag für alle, die im Karneval arbeiten, noch angehen. Ansonsten gelten Arbeitsrecht und betriebliche Vorschriften auch in der tollen Zeit.

Foto: © Depositphotos / Elnur_

Egal, ob nun Helau oder Alaaf, Narren oder Jecken, Fastnacht oder Fasching – die tollen Tage sind keine rechtlose Zeit – schon gar nicht am Arbeitsplatz. Das beginnt schon bei der Freistellung. „Einen allgemeinen Anspruch auf Arbeitsbefreiung gibt es für die fünfte Jahreszeit nicht“, erklärt Ursula Salzburger. „Selbst im Rheinland gibt es in der Karnevalszeit keine gesetzlichen Feiertage“, weiß die Fachsekretärin bei der IG BCE, Abteilung Justiziariat/Recht/Compliance. 
Das heißt: „Auch der Rosenmontag gilt als normaler Arbeitstag. Ob der Chef seinen Mitarbeitern frei gibt, ist seine Entscheidung.“ Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln 2013 hat hier auch der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht (Az: 7 TaBV 77/12).
„Eine Freistellung kann sich allerdings ergeben, wenn sie im Tarifvertrag, in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung oder einer arbeitsvertraglichen Regelung fixiert ist. Auch durch eine sogenannte betriebliche Übung kann ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung entstehen“, erklärt Salzburger. Eine betriebliche Übung liegt vor, wenn der Chef bestimmte Verhaltensweisen regelmäßig wiederholt und die Beschäftigten daraus schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer zusteht. „Hat der Arbeitgeber drei Jahre lang ohne Vorbehalt am Rosenmontag freigegeben, muss er das auch in Zukunft tun. In der Praxis kommt diese Regelung allerdings kaum zum Einsatz.“

Bloß nicht blaumachen!

Was also tun, wenn die Karneval-Fans auf den Straßen und Plätzen die Sau rauslassen wollen? „Urlaub nehmen“, sagt Salzburger. „Nur, wenn der genehmigt wurde, kann der Arbeitnehmer an diesem Tag freimachen.“ Krankmachen sei übrigens keine gute Idee, weiß die Juristin. „Denn wer sich dann beim Feiern erwischen lässt, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen.“
Urlaub muss übrigens auch genommen werden, wenn der Chef für die gesamte Belegschaft die Pforte schließt und für alle Betriebsferien anordnet. „Das darf der Arbeitgeber – wenn er sein Vorhaben rechtzeitig ankündigt“, sagt die Rechtsexpertin. 
Und wie sieht das närrische Treiben am Arbeitsplatz aus? Wenn der Clown im Büro seine Späße macht und der Fliegenpilz die Produktionsanlage bedient? „Ob das Kostümieren im Betrieb erlaubt ist, hängt von vielen Faktoren ab: Arbeitsschutz, Kundenverkehr … Auch hier hat der Chef das Sagen“, weiß Salzburger. Ähnlich verhält es sich mit der Stimmungsmusik oder der Live-Übertragung des Karnevalszuges im Radio: „Ein Anrecht darauf gibt es nicht.“ Wenn dadurch aber die arbeitsvertraglichen Pflichten nicht beeinträchtigt werden, ist das Radiohören gestattet (Az.: 1 ABR 75/83).

Vorsicht beim Schlipskürzen! 

Rechtsfreier Spielraum haben auch die Weiber nicht, die den Männern an den Schlips gehen wollen. Vor allem in weniger karnevalistisch geprägten Regionen kann das ungefragte Krawatten-Abschneiden Ärger geben. Denn genau genommen handelt es sich hierbei um eine Sachbeschädigung, bei der Anspruch auf Schadensersatz entstehen kann. Wehrt sich der geschädigte Stimmungskiller also rechtlich, muss die „Täterin“ zahlen.
Härtere Konsequenzen kann es nach sich ziehen, wenn – vor allem bei gefährlichen Arbeiten – Alkohol getrunken wird. „Hier versteht der Chef zu Recht keinen Spaß. Wenn ein Alkoholverbot besteht, kann er in diesem Fall sofort verhaltensbedingt kündigen“, sagt Salzburger. „Sonst bedarf es vor der Kündigung einer Abmahnung.“

Knigge-Tipps für die Betriebsfeier

Gibt es aber  im Betrieb ganz offiziell ein Gläschen – vielleicht verbunden mit einer kleinen Karnevalsfeier – „sollte man sich über einige Dinge im Vorfeld Gedanken machen“, rät die Juristin. „Zum Beispiel, dass nicht jeder in der Belegschaft ,gebützt' werden möchte – auch, wenn das harmlose Küsschen im Karneval zum Brauchtum zählt. Und auch nicht jedes Kostüm ist angemessen.“
Und wenn der Chef das „Du“ anbietet? „Sollen sich Arbeitnehmer am nächsten Tag lieber nicht zu sicher sein, dass es dabei bleibt“, gibt Salzburger zu bedenken. „Möglicherweise möchte der Chef zum förmlicheren ,Sie' zurückkehren.“