Angesichts explodierender Energiepreise und möglicher Versorgungsengpässe warnt IGBCE-Chef Michael Vassiliadis, dass hunderttausende Jobs in energieintensiven Branchen gefährdet sein könnten. Zusammen mit den Vorsitzenden der IG Metall und IG BAU fordert er Gegenmaßnahmen von der Bundesregierung. Dafür haben sie ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet.
Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, den IG Metall, IG BCE und IG BAU scharf verurteilten, treibe die Energiepreise hierzulande in gefährliche Höhen, was den Industriestandort Deutschland gefährde, erklärten Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IGBCE, Jörg Hofmann, Chef der IG Metall, und Robert Feiger, Vorsitzender der IG BAU, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Neben einem mittel- und langfristigen Umsteuern in der Energiepolitik müsse die Bundesregierung auch kurzfristige Maßnahmen ergreifen.
Vassiliadis mahnte , dass die Verwerfungen auf den Energiemärkten in Folge des Ukraine-Krieges nicht allein auf der Ebene der Endverbraucher bekämpft werden könnten. „Es gilt, die Produktion wichtiger Güter etwa des täglichen Lebens, der Energiewende oder des dringend nötigen Wohnungsbaus aufrechtzuerhalten. Explodierende Energiepreise, vor allem aber ein mögliches Gasembargo würden die energieintensive Industrie – die Mutter des industriellen Netzwerkes – hart treffen“, sagte er. "Die Folgen wären nicht nur Kurzarbeit und Jobverluste, sondern der schnelle Zusammenbruch der industriellen Produktionsketten in Europa – mit weltweiten Folgen. Es muss unser aller Ziel sein, das abzuwenden.“ Nun gelte es, "sehr aufmerksam auf Sicht zu fahren und alles an Energiekapazitäten zu nutzen, was wir noch haben". Fast alle Branchen im Einflussbereich der IGBCE gehören zu den energieintensiven Segmenten, wie etwa die Chemie, die Glas-, Keramik- oder Zementindustrie.
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann erklärte: "Geschlossene Wertschöpfungsketten sind für den Wirtschaftsstandort Europa von grundlegender Bedeutung." Es sei für den Erhalt guter Arbeitsplätze entscheidend, "jetzt eine industriepolitische Antwort auf die bedrohlich steigenden Energiepreise zu finden". Dabei dürfe es keine Denkverbote geben.
Der IG-BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger verwies darauf, dass eine leistungsfähige Kalk- und Zementindustrie als Basis für die Bauwirtschaft "unverzichtbar" sei. Die Herstellung von Kalk und Zement sei aber sehr energieintensiv. Die Bundesregierung müsse nun alles daransetzen, "die Energieversorgung auch in der aktuellen Krisensituation sicherzustellen und gegebenenfalls extreme Energiepreissteigerungen abzufedern", so Feiger.
IGBCE, IG Metall und IG BAU - alles Gewerkschaften der energieintensiven Industrien – fordern daher ein Hilfspaket für die Branchen und ihre Beschäftigten. „Die Bundesregierung muss die energieintensiven Branchen jetzt mit zusätzlichen schnellen und zielgenauen industriepolitischen Maßnahmen unterstützen, um den Industriestandort langfristig zu sichern“, heißt es darin.
Konkret fordern die Gewerkschaften ein Bündel von Sofortmaßnahmen. So müsse Kurzarbeit in den Betrieben möglich sein, die aufgrund zu hoher Energiekosten ihre Produktion drosseln. Nötig seien auch Liquiditätshilfen für besonders betroffene Betriebe, um Insolvenzen zu verhindern. Ein kurzfristiger Lieferstopp russischer Energieimporte hätte große soziale und ökonomische Konsequenzen und ist daher abzuwenden. Die Mehrwertsteuer auf Strom und Gas ist für einen befristeten Zeitraum zu senken, um die Energiekosten zu begrenzen.
Mittel- und langfristig fordern die Industriegewerkschaften unter anderem, den Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Wasserstoffkapazitäten zu beschleunigen – einschließlich der entsprechenden Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Preise für Industriestrom und -gas müssten auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau gedeckelt werden.