„Die Kolleg*innen verdienen Anerkennung“

IGBCE Bezirksleiterin Natalie Mühlenfeld im Interview

Natalie Mühlenfeld ist Bezirksleiterin der IGBCE im Bezirk Düsseldorf. Mit ihr haben wir über Herausforderungen und Ziele der IGBCE für das Jahr 2022 gesprochen.

Natalie Mühlenfeld vor der Marienburg

Natalie Mühlenfeld, Bezirksleiterin 

Foto: © Stephen Petrat

Natalie, das letzte Jahr war geprägt von der Corona-Pandemie. Auch 2022 beginnt nun wieder mit Rekord-Fallzahlen. Ist gewerkschaftliche Arbeit trotz all der Einschränkungen überhaupt möglich?

Aber ja! Und sie ist gerade während der Pandemie wichtig. Wir im Bezirk Düsseldorf wissen, dass unsere Kolleg*innen sich gerade unter schwierigen Voraussetzungen auf uns verlassen – und verlassen können. Trotzdem sieht die Arbeit anders aus: Viele Veranstaltungen zu Tarifverhandlungen oder den Betriebsratswahlen finden derzeit digital statt und das ist immer noch ungewohnt und erfordert Kreativität. Aber wir meistern das. Unser JAV- und Jugendreferent hat zum Beispiel einen digitalen Markt der Möglichkeiten entwickelt, mit dem wir neue Auszubildende überzeugen und informieren können. Wir sind ebenso ansprechbar und engagiert wie es unsere Mitglieder von uns gewohnt sind.

Welche Themen stehen zu Beginn des Jahres besonders im Fokus?

Da ist zum einen die Tarifrunde Chemie. Die Diskussionen in den Betrieben über die Forderungsempfehlung des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IGBCE ist nun abgeschlossen. Wir wollen für sie eine Entgelterhöhung durchsetzen, die ihre Kaufkraft nachhaltig stärkt, wollen die Schichtzulage für Nachtschichten auf einheitlich 25% erhöhen, Ausbildungsangebote ausbauen und mobile Arbeit rechtssicher gestalten.

Wie sehen die Rückmeldungen der Beschäftigten aus?

Unsere Kolleg*innen haben in den letzten 24 Monaten viel geleistet. Sie standen trotz Corona in der Produktion oder haben sich innerhalb kürzester Zeit auf mobiles Arbeiten eingestellt. Von diesem großen Engagement hat die chemische Industrie sehr profitiert: Die Auslastung der Anlagen lag im letzten Jahr auf einem sehr gutem Niveau, die Auftragslage ist längst wieder auf Vorkrisenniveau und die Umsätze zeigen sich auch stabil. Die Kolleg*innen fordern darum Anerkennung für ihren Einsatz – und das zurecht. Wir gehen selbstbewusst in die Tarifrunde und sind fest entschlossen, einen guten Abschluss zu erzielen.

Welche weiteren Themen stehen gerade auf der Tagesordnung?

Ganz klar: Die Betriebsratswahlen! Betriebsratswahlen sind gelebte Demokratie. In unseren Branchen sind aktuell fast 75% aller Betriebsräte in unser IGBCE engagiert. Und unser Wahlziel ist natürlich, auch in Zukunft diesen hohen Organisationsgrad unter den Betriebsräten zu halten. Vor allem aber wollen wir auch engagiert für die Betriebsratswahlen werben, denn obwohl auch hier pandemiebedingt die Ausgangslage für die Wahlkämpfer*innen in den Betrieben schwierig ist, verdienen die Kolleg*innen vor Ort eine gute Wahlbeteiligung. Denn eine hohe Wahlbeteiligung gibt den Betriebsräten ein starkes Mandat für ihre Arbeit und dies ist gerade vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen, die vor uns liegen sehr wichtig. Dabei stehen wir als IGBCE an ihre Seite und unterstützen sie in ihrer Arbeit.

Wie bereitet ihr euch auf die Betriebsratswahlen vor?

Aktuell werden in vielen Betrieben die Kandidat*innen und gewerkschaftlichen Wahlvorschläge aufgestellt. In den Betrieben, in denen eine Listenwahl stattfindet, wählen unsere gewerkschaftlichen Vertrauensleute gerade die Listen. Aber auch hier ist uns eine umfassende Beteiligung aller Mitglieder wichtig: Die Vertrauensleutekonferenz von Axalta hat darum zum Beispiel sogar eine gewerkschaftliche Vorwahl unter allen IGBCE-Mitgliedern im Betrieb durchgeführt. Wegen Corona natürlich ebenfalls per Briefwahl. Trotzdem haben sich rund ein Drittel unser Kolleg*innen vor Ort beteiligt – ein tolles Ergebnis und gelebte Basisdemokratie.

Was beschäftigt die IGBCE in Düsseldorf in 2022 ansonsten?

Natürlich führen wir auch in diesem Jahr viele Haustarifverträge, bei der Firma Mitex aktuell zum Beispiel zur Entgeltumwandlung zur Altersvorsorge. Und auch in der Papierindustrie laufen gerade die bundesweiten Verhandlungen zum Entgeltrahmen. Gleichzeitig unterstützen wir jeden Tag unsere Kolleg*innen bei Fragen zum Arbeits- und Sozialrecht und bewältigen mit unseren Betriebsräten und Vertrauensleuten unterschiedliche Herausforderungen. Dazu kommt die Arbeit unserer Orts- und Personengruppen, die Jugendarbeit und vieles mehr. Ganz besonders an dieser Stelle möchte ich noch einmal den Bogen zum Anfang spannen, denn so gut es auch ist, dass wir all das gerade digital und unter Reduzierung der persönlichen Kontakte schaffen können, so sehr vermissen wir alle, die Haupt- und die Ehrenamtlichen, auch den persönlichen Austausch untereinander. Ich hoffe darum sehr, dass 2022 das letzte Pandemie-Jahr wird und wir in den nächsten Wochen wieder mehr Normalität erleben können.


Natalie, wir danken dir für das Gespräch.