Umgang mit der Pandemie im Betrieb

Geimpft, genesen, getestet – so läuft es mit 3G am Arbeitsplatz

Seit Ende 2021 gilt die 3G-Regel am Arbeitsplatz: Alle Beschäftigten müssen also geimpft, genesen oder getestet sein, wenn sie das Firmengelände betreten wollen. Wir haben nachgefragt: Wie läuft das in unseren Branchen und Unternehmen? Wer kontrolliert und testet wie? Bilden sich lange Schlangen an den Werkstoren?

Corona Test Labor
Foto: © Maksim Toome/ IG BCE / Colourbox

Continental

Beim Zulieferkonzern Continental gibt es keine größeren Probleme mit der 3G-Regel, berichtet Dirk Nordmann, Betriebsratsvorsitzender bei Contitech in Vahrenwald sowie Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und Mitglied des Konzernbetriebsrats bei Continental. Am Contitech-Standort in Vahrenwald wurde einmal zu Beginn der Maßnahmen erfasst, wer geimpft oder genesen ist. Die Werksausweise derjenigen, die nicht geimpft oder genesen waren (oder die ihren Status nicht angeben wollten), wurden gesperrt, diese Beschäftigten müssten nun jeden Morgen in einem speziell für sie eingerichteten Container vor Betreten des Werksgeländes einen aktuellen Bürger*innentest vorweisen. Lange Schlange würden sich dabei nicht bilden. „Das verteilt sich und geht ruckzuck morgens.“  Wer zur Frühschicht komme, habe seinen Test in der Regel bereits am Vorabend gemacht, erläutert Nordmann. „Da hilft es sehr, dass man sich jetzt jeden Tag kostenfrei testen lassen kann.“ Und obwohl auch für die Geimpften und Genesenen nur noch ein zentrales Drehkreuz für den Zutritt zum Betriebsgelände zur Verfügung stehe, gebe es auch dort keine Schlangen vor Schichtbeginn. 

Bei den Conti-Reifenbauern am Standort Stöcken lief es umgekehrt: Dort seien zum Stichtag alle Werksausweise gesperrt worden. Wer dann einen 2G-Status nachweisen konnte, wurde freigeschaltet, alle anderen Werksausweise wurden gesperrt, diese Beschäftigten müssen täglich Tests vorweisen. In Stöcken ist dafür ein Testzelt errichtet worden, in dem die Arbeitnehmer*innen unter Aufsicht einen Selbsttest durchführen. Auch hier sei es – bis auf den ersten Tag der Maßnahmen mit der Erfassung des Status – nicht zu längeren Wartezeiten gekommen. 

Insgesamt seien beim Betriebsrat wenig Beschwerden über das Corona-Management eingegangen. Manchmal würden einige meckern, weil man jetzt etwas weiter vom Parkplatz zum Eingang laufen müsse, so Nordmann. „Aber ernsthafte Probleme oder Konflikte gibt es nicht, auch nicht zwischen den Ungeimpften und denen mit 2G-Status. Da herrscht eine große Akzeptanz füreinander und auch für die Regelungen. Sie wissen ja, dass wir das nicht machen, um sie zu ärgern.“ Für die Beschäftigten in der Produktion habe sich – abgesehen von der Statuserfassung – wenig geändert: „Die üblichen Hygieneregeln mit Maske und Abstand haben wir ja schon vorher eingehalten.“

In den Werken Stöcken und Vahrenwald in Hannover sind rund 5000 Mitarbeiter*innen beschäftigt, am ganzen Standort Hannover sind es rund 7500 (inklusive Verwaltung). Bundesweit beschäftigt Continental rund 60.000 Beschäftigte (ohne die neue Tochter Vitesco). Die genauen Abläufe zur Überprüfung des Status und zum Testen sind je nach Standort unterschiedlich organisiert, erklärt Nordmann. Für die indirekten Beschäftigten würden die 3G-Regeln bei Betreten des Werksgeländes natürlich ebenfalls gelten. „Aber die sind überwiegend im Homeoffice.“  

Sappi

Beim Spezial-Papierhersteller Sappi Alfeld GmbH hat die Personalabteilung vor Inkrafttreten der Verordnung den Impfstatus der 780 Beschäftigten abgefragt. Wer keinen Nachweis vorlegen konnte oder wollte, durfte das Werk fortan nur noch mit einem aktuellen negativen Corona-Test betreten. Problematisch war laut dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Gerhard Witte, dass die kurze Vorlaufzeit der Politik nicht ausreichte, um die Belegschaft ausreichend über die bevorstehenden Änderungen zu informieren. „Als Betriebsrat haben wir alle Kanäle genutzt, haben einzelne Kolleginnen und Kollegen auch persönlich angesprochen“, so Gerhard Witte. Bereits im Sommer hatte Sappi im Werk Impfungen für die Beschäftigten und ihre Familien angeboten, was der Betriebsrat mit Aufrufen und Informationen unterstützt hat. Als die Verordnung im Unternehmen umgesetzt wurde, stand aufgrund seines Engagements auch der Betriebsrat im Visier der Kritiker. „Wir wurden beschimpft, als wären wir für die Vorgaben verantwortlich“, so Witte. Die Stimmung habe sich jedoch bald beruhigt. 

Sappi Alfeld
Foto: © Gerhard Witte

Die Testung übernimmt das Unternehmen. Geschulte Mitarbeitende testen die Kolleg*innen kostenlos in einem separaten Raum an der Pforte. „Wir haben sehr kurze Wartezeiten“, bestätigt Gerhard Witte. Grund sei die gute Impfquote im Unternehmen: Waren zum Eintreten der 3G-Regelung erst 80 Prozent der Beschäftigten geimpft, sind es aktuell knapp 90 Prozent. Einen hohen Anteil Ungeimpfter verzeichnet Sappi unter den Externen, zumeist LKW-Fahrer*innen, die ebenfalls kostenfrei getestet werden. „Im Unternehmen haben wir die ganze Bandbreite Ungeimpfter, vom Ängstlichen bis zum Corona-Leugner. Aber es sind nur noch wenige.“ Die Verordnung habe der Impfkampagne einen Schub gegeben: „Auch die Zögerlichen sind jetzt geimpft oder haben einen Termin.“ 

Oldenburger Fleischmehlfabrik 

In der Oldenburger Fleischmehlfabrik (OFK) liegt die Impfquote der rund 160 Beschäftigten laut der Betriebsratsvorsitzenden Jutta Müller „im hohen 90er Bereich“. Aufgrund hoher Hygienestandards hat die Geschäftsführung schon vor der Einführung der 3G-Regel allen Angestellten zwei Mal wöchentlich kostenlose Tests angeboten. Dafür wurde eine externe Firma engagiert, die in OFK-Räumen außerhalb des Betriebsgeländes seit Anfang Dezember auch die obligatorischen Tests durchführt.

Um die Gefahr der Ansteckung mit dem Corona-Virus weiter möglichst gering zu halten, hat die Geschäftsführung einen finanziellen Anreiz für freiwillige zusätzliche Tests im Betrieb geschaffen: So erhielten alle geimpften oder genesenen versicherungspflichtig Beschäftigten, die sich nachweislich im Dezember und Januar jede Arbeitswoche mindestens drei Mal testen ließen, eine „Corona-Test-Prämie“ von 100 Euro, auf die keine Steuer und Sozialabgaben anfallen. 

Infraserv Höchst

Auch beim Industriedienstleister Infraserv Höchst (rund 2100 Beschäftigte am Standort) wurden die Mitarbeiterausweise der Geimpften und Genesenen nach einer Abfrage durch die Führungskräfte freigeschaltet, alle anderen müssen beim Betreten des Firmengeländes täglich einen aktuellen Bürgertest nachweisen, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Matthias Jahn. Dafür wurden eigens zwei Teststationen am Gelände errichtet, um den Betroffenen ab fünf Uhr morgens Tests anbieten zu können. Allerdings habe sich die Zahl derer, die erst am Morgen einen Test am Industriepark machen, „anders als erwartet in Grenzen“ gehalten, so Jahn, zu langen Schlange am Morgen käme es dort nicht. Wegen der stetig rückläufigen Nachfrage seien die zwei Teststationen neuen Jahr mittlerweile sogar geschlossen worden. Konflikte rund um die Corona-Thematik nehme er im Betrieb nicht wahr, erklärt der Betriebsratschef. Es würden im Betrieb und auf dem Gelände weiterhin die sowieso schon eingeübten Distanz- und Hygieneregeln gelten, der Arbeitgeber stelle ausreichend Tests zur Verfügung. Er schätze, dass die Impfquote bei Infraserv Höchst bei „deutlich über 90 Prozent“ liege, eine exakte Zahl liege ihm allerdings nicht vor. Das Unternehmen biete derzeit erneut für alle Beschäftigten die Möglichkeit einer Impfung durch die hauseigenen Arbeitsmediziner*innen an. Aktuell werde vor allem geboostert, es gebe aber auch noch die „ein oder andere Erstimpfung“, so Jahn. 

Infraserv Höchst betreibt den Industriepark Höchst in Frankfurt, in dem mehr als 90 Unternehmen mit 22.000 Beschäftigten angesiedelt sind. Die Betreibergesellschaft ist aus der vor rund 25 Jahren aufgespaltenen Hoechst AG hervorgegangen. 

Evonik, Marl

Bei Evonik am Standort in Marl öffnen sich Türen am Eingang des Werks nur für Geimpfte oder Genesene. Den 2G-Status lassen Beschäftigte auf eigenen Wunsch auf dem Werksausweis hinterlegen, um automatisch einen Zutritt zu erhalten. Diejenigen, die den 2G Status nicht erfüllen, legen einen tagesaktuellen zertifizierten Testnachweis vor. Erst nach der Kontrolle des Testnachweises öffnet der Werkschutz den Eingang auch für das dritte G. Da die Impfquote bei über 90 Prozent liegt, führt das Vorgehen innerhalb der Belegschaft allerdings weder zu langen Wartezeiten noch zu schlechter Stimmung. „Die Statusabfrage erfolgte damals auf freiwilliger Basis“, sagt Gerd Ribbeheger, Betriebsratsvorsitzender von Evonik in Marl. „Da die allermeisten aber auch keine Lust auf Warteschlangen am Tor hatten, haben sie die digitale Erfassung gut unterstützt.“ 

Start der Impfungen bei Evonik im Chemie Park Marl 2021

Start der Impfungen 2021 bei Evonik im Chemie Park Marl.

Foto: © Evonik

Als Arbeitgeber stellt Evonik den Beschäftigten Bedarf Selbsttests zur Verfügung. Nach individueller Bestellung über das Intranet werden dann sechs Tests nach Hause geliefert. Zertifizierte Test bietet Evonik selbst nur dann an, wenn eine dienstliche Notwendigkeit besteht. Der Werkszutritt für Ungeimpfte gehört nicht dazu. „Diejenigen müssen täglich die offiziellen Testzentren außerhalb des Geländes aufsuchen“, so Ribbeheger. Bei 6.800 Beschäftigten gebe es natürlich auch Impfgegner. Die hohe Impfquote sorge aber dafür, dass dies kaum eine Rolle spiele. „Der Schutz für sich und für die Kolleginnen und Kollegen steht bei den allermeisten im Vordergrund, die sich somit solidarisch zeigen.“ Zertifizierte Test bietet Evonik selbst nur dann an, wenn eine dienstliche Notwendigkeit besteht. Der Werkszutritt für Ungeimpfte gehört nicht dazu. „Diejenigen müssen täglich die offiziellen Testzentren außerhalb des Geländes aufsuchen“, so Ribbeheger.

Bayer, Leverkusen

Bei Bayer wurde die Umsetzung der 3G-Regel am Arbeitsplatz im deutschlandweiten Krisenstab mit den Arbeitnehmervertretern festgelegt. Unter Einbeziehung der örtlichen Betriebsräte und unter Berücksichtigung der lokalen Rahmenbedingungen sowie der vorhandenen Infrastruktur erfolgte die Ausgestaltung in den Krisenstäben der einzelnen Standorte. Dementsprechend wird an den Standorten die Umsetzung der gesetzlichen 3G-Regelungen unterschiedlich gehandhabt. Bei dem Vorgesetztenmodell wird der 2G-Status durch die direkten Vorgesetzten einmalig abgefragt und geprüft. Das gilt auch für die tägliche Kontrolle des Testnachweises bei Ungeimpften. Beim Ausweismodell werden die Werksausweise solange gesperrt, bis ein 3G-Nachweis hinterlegt wurde. Bei der alternativen Sichtkontrolle findet eine tägliche 3G-Prüfung an den Werkstoren statt. Beschäftigte im Homeoffice können den Nachweis per Video oder Mail vor der Arbeitsaufnahme im Betrieb an die Vorgesetzten übermitteln.

„Die allgemeine Akzeptanz der Beschäftigten für die Umsetzung der politischen Beschlüsse ist hoch“, sagt André van Broich, Vorsitzender des Betriebsrats in Dormagen und Vorsitzender des Konzernbetriebsrats. Es sei nur vereinzelt zu Kritik gekommen. „Auch die Teilnahme an den Impfkampagnen und die laufende Kampagne für Boosterimpfungen wird sehr gut angenommen. Im Schnitt liegt die Impfquote über alle Standorte hinweg bei über 85 Prozent.“ Temporär wurden an allen Standorten zentrale Testangebote eingerichtet. Die Inanspruchnahme sei aber sehr gering ausgefallen, so van Broich. Bei Bedarf können sich die Beschäftigten Selbsttests mit nach Hause nehmen, um sich vor Arbeitsbeginn zu testen.

Ineos, Köln

Bei Ineos am Standort in Köln erfolgt die Kontrolle des 3G-Nachweises derzeit noch über eine tägliche analoge Kontrolle. „Wir werden in Kürze eine elektronische Ausweislösung für alle Beschäftigten etablieren. Das ist bei vielen unterschiedlichen Unternehmen hier im Chemiepark mit vielen Zugängen etwas komplizierter“, sagt Rainer Müller, Betriebsratsvorsitzender von Ineos in Köln. „Auf einem Chemieparkgelände kannst du nicht einfach alle Tore schließen. Deshalb erfolgt die tägliche Testkontrolle der Ungeimpften noch durch die Vorgesetzten beim Betreten des jeweiligen Betriebes.“ Was aber tun, wenn kein Vorgesetzter da ist? „Bei der Planung kam bei uns die Frage auf, wer beispielsweise die Schichtführung in der Spätschicht kontrolliert. Da mussten wir kreativ werden“, sagt Müller. Derzeit sei es so geregelt, dass sich die Schichtführung bei Schichtwechsel gegenseitig kontrolliert. Das sei bei rund 90 Prozent Genesenen oder Geimpften aber kaum notwendig. Im Gegenteil: Jeden Mittwochnachmittag ist bei Ineos Impftag. „Da boostern wir im Moment jedes Mal rund 100 Leute“, sagt Müller. Zertifizierte Tests stellt Ineos nicht zur Verfügung. Dafür müssen die ungeimpften Beschäftigten öffentliche Testzentren aufsuchen.

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