Fragen und Positionen

Der Chat zum 6. Frauentag der IG BCE

Ein digitaler Frauentag mit einer großen Reichweite bis Japan und den USA liegt hinter uns. Aus Übersee und aus den Niederlanden, Ungarn und Österreich waren uns Interessierte zugeschaltet. In Spitzen waren das 1.164 Zuschauer*innen, davon aktiv an der Diskussion fast 400 Beteiligte. Wir haben uns mit allen Anregungen und Fragen aus dem Chat intensiv auseinandergesetzt.

6. IG BCE-Frauentag 2020

Der 6. Frauentag der IG BCE fand coronabedingt größtenteils online statt. Karin Erhard, das für Frauen zuständige Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes, wurde auf Schritt und Tritt von Kameras begleitet.

Foto: © Kai-Uwe Knoth

Wir haben viel erreicht. Wenn wir in die Geschichte der Gleichberechtigung blicken und auch die vergangenen Jahre der Frauen- und Gleichstellungsarbeit in der IG BCE Revue passieren lassen, wird das deutlich. Unsere Erfolge findest du in unserem Geschäftsbericht. Außerdem sind unsere Ziele für die kommenden Jahre abgesteckt. Das gleichstellungspolitische Programm wurde angenommen und wird unsere Arbeit bis 2024 bestimmen. Euer Feedback über die unterschiedlichen Kanäle hat uns sehr motiviert. Vielen Dank dafür.
Sehr rege wurde die Chat-Funktion genutzt, und im Chat wurde viel diskutiert. Einige Themen standen besonders im Fokus. Das haben wir für euch aufbereitet.

Aus dem Chat

  • „Die Politik wird immer an der Basis mit Leben gefüllt und dafür sind Menschen verantwortlich.“
  • „Redet darüber mit anderen Frauen. Ihr seid keine Staubsaugervertreterinnen. Ihr bringt die Gleichberechtigung voran. Ihr gebt Frauen bessere Entwicklungsmöglichkeiten.“
  • „Oma durfte nicht wählen, unsere Mütter durften es dann. Ich kämpfe mit für die Gleichberechtigung. Unsere Töchter werden weitermachen, damit es unsere Enkelinnen schaffen“
  • „Meine Mutter, die immer arbeiten ging, brauchte die ersten Jahre noch die Unterschrift meines Vaters. Zu mir hieß es noch: ‚Studieren? Das muss doch nicht sein, du hast doch sicher mal Kinder.‘ Ergo, wir haben schon was geschafft!“

Unser Ziel

  • „Das große Ziel: Völlige Egalität des Geschlechts.“
  • „Wir müssen uns einmischen, wir müssen die Bedingungen für Gute Arbeit verlässlich und gut regeln sowie auch immer hingucken, welche Chancen es für Frauen gibt.“

Mehr Frauen in Führung
Der gesellschaftliche Fortschritt und die Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen Ebenen gehören stets zusammen. Die IG BCE setzt sich seit vielen Jahren für mehr Chancengleichheit und für gleiche berufliche Entwicklungschancen für Frauen und für Männer ein. Wir fordern mehr Frauen in Führungspositionen.

Aus dem Chat

  • „Es gehören mehr Frauen in Führung, dann werden gleiche Chancen in Betrieben selbstverständlicher. Deshalb ist die Quote gut. Jüngere sehen das aber oft anders.“
  • „Frauen in Führung - das Thema ist überfällig und begleitet uns schon viele Jahre. Wir müssen lauter werden und müssen uns gegenseitig unterstützen!“
  • „Ich bin der Ansicht, dass das Führungsverständnis auch weiblicher werden muss, damit Frauen Lust auf Führung haben.“

Unsere Haltung zur Quote
Die IG BCE steht dafür ein, dass Unternehmen durch die Ausweitung der verbindlichen Quoten darauf verpflichtet werden, ihr Engagement für Frauen in Führung zu erhöhen. Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen hat den Frauenanteil in den Betrieben gesteigert. Das heißt: Verbindlichkeit schafft Wirkung, auch wenn uns das noch nicht ausreichend erscheint und viel zu langsam geht.
Wir begrüßen die geplante Novellierung. Unternehmen müssen verpflichtet werden, ihr Engagement für Frauen in Führung zu erhöhen. Um eine stärkere Beteiligung von Frauen in den Spitzengremien der Unternehmen zu erreichen, hätten wir uns allerdings weitergehende Maßnahmen gewünscht. Die Privatwirtschaft muss stärker in die Pflicht genommen werden. Wir werden eine Ausweitung des Wirkungsbereiches auf weitere Aufsichtsratsgremien unterstützen. Zentrales Argument für uns war und bleibt, dass die Grundprinzipien der Mitbestimmung nicht angetastet werden dürfen. Gesetzliche Regelungen zur Durchsetzung einer Quote in Aufsichtsräten müssen die Komplexität der Vorschlags- und Wahlverfahren insbesondere auf der Seite der Arbeitnehmer*innen ausdrücklich berücksichtigen.
Mehr Frauen in den Vorständen sind gut für den ökonomischen Erfolg der Unternehmen, das ist vielfach belegt. Außerdem sind diese Frauen dann auch Vorbilder.

Aus dem Chat

  • „Thomas befördert Thomas ... es geht nach wie vor nicht um Leistung.“
  • „Frauen sind gut gebildet und ausgebildet. Wenn Entscheidungen aufgrund der Qualifikation getroffen würden, wären bereits mehr Frauen in Führung.“
  • „Frauen besitzen oftmals eine besondere Sozialkompetenz. Die Wichtigkeit dieser Kompetenz wird in Führungspositionen unterschätzt.“
  • „Frauen in Führung gehört in den Sozialpartnerdialog!!!“
  • „Sind mehr Frauen in Führung, wird auch die Gleichstellung gefördert. Dann wird auch da "genetztwerkt"!“
  • „Es braucht Frauen in Führung, die auch Frauen fördern und unterstützen - ganz selbstverständlich - wie die Männer es auch tun!“
  • „Viele Frauen sind ‚dankbar‘, wenn sie eine Führungsposition bekommen und arbeiten dann dreimal so viel, ohne es zu merken und ohne entsprechende Bezahlung.“

Rollenbilder müssen neu gedacht werden. Was wir brauchen sind Vorbilder. Vorbilder sprengen alte Muster. Toughe Frauen an der Spitze von Unternehmen, toughe Frauen an der Spitze unserer Gremien und die Bereitschaft, in Führung zu gehen, helfen uns, alte Rollenklischees zu überwinden. Das gilt ebenso für Männer, die eine Fürsorgeverantwortung für ihre Familie übernehmen. Auch sie sind Vorbilder, um die vorhandenen Rollenklischeés zu durchbrechen.

Entgelt

  • „Ich bin dafür, dass es keinen Equal Pay Day mehr gibt. Wir müssen endlich gleichen Lohn haben.“
  • „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – das sollte im Jahr 2020 selbstverständlich sein.“
  • „21,6 % da geht noch was: Frauen arbeiten nicht weniger, sondern arbeiten weniger bezahlt.“

Tarifverträge und betriebliche Mitbestimmung dienen als wirksames Mittel gegen unmittelbare Diskriminierung. Im Einflussbereich von Tarifen ist die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern deutlich geringer als in Betrieben ohne Tarifbindung. Gleiches gilt für Betriebe mit Betriebsräten.

Rente

  • „Die Dauer der Arbeitszeit entscheidet, ob man finanziell unabhängig sein kann und später eine auskömmliche Rente erhält.“
  • „Ehegattensplitting durch Familiensplitting ersetzen. Familie ist da, wo Kinder sind.“
  • „Frauen sind immer noch viel häufiger in Teilzeit, kümmern sich um ihre Kinder. Wenn sie in Rente gehen, erhalten sie die Quittung. Das finde ich ungerecht.“
  • „Grundrente sollte für alle Frauen gelten, unabhängig von Beschäftigung - zu viele fallen durchs Raster!“
  • „Viele Frauen haben ihr Leben lang hart gearbeitet. Ihre Rente reicht kaum! Die Grundrente ist gut, aber nur ein Baustein. Es muss mehr passieren.“

Seit dem 01.01.2021 ist die Grundrente in Kraft. Die Grundrente ist eine Anerkennung für Erwerbstätigkeit und Fürsorgearbeit. Von der Grundrente werden überwiegend Frauen profitieren. Die Anerkennung drückt sich auch dadurch aus, dass eine Beantragung der Grundrente nicht erforderlich ist. Die Behörden ermitteln die Grundrentebezieher*innen. Das kann eine Weile dauern, die entstandenen Ansprüche gehen aber nicht verloren.

Weiterbildung

  • „Frauen.Macht.Zukunft: Aus- und Weiterbildung für Frauen wird in den Betrieben gestaltet, die Betriebsrät*innen gestalten gemeinsam mit der IG BCE!“
  • „Aus- und Weiterbildung für Frauen wird in den Betrieben gestaltet - leider ist das nicht die Realität. Frauen werden zu wenig in den Betrieben unterstützt und gefördert.“
  • „Dranbleiben beim Bildungsurlaub für Bayern!“

Frauen und MINT

  • „Für mich stand bereits in der 5. Klasse fest, dass ich mal ins Labor gehe. Das hat viel mit persönlichen Interessen zu tun, hängt aber auch von der Förderung der Eltern ab.“
  • „Wir brauchen mehr weibliche Vorbilder, damit sich die Mädchen auch für "Männerberufe" interessieren.“
  • „Mehr Frauen in MINT Berufen verringert das Gender-Pay-Gap!“

Arbeitszeitsouveränität

  • „Wie soll ich in Führung gehen, wenn von mir Überstunden ohne Ende erwartet werden? Mein Kind ist 4 Jahre alt!“
  • „Müssen Frauen wirklich so lange arbeiten wie Männer oder können Arbeiten (auch auf Führungsebene) nicht auch anders verteilt werden?“

Arbeitszeitsouveränität ermöglicht den Arbeitnehmer*innen über die Nutzung der vereinbarten Arbeitszeit selbstständig zu entscheiden und sich die Arbeit im Rahmen der Möglichkeiten selbst einzuteilen. Das dient der individuellen Gestaltung in Abhängigkeit von der Lebenssituation des Einzelnen und kann zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Beruf und Privatem führen. Den Rahmen, in dem die Beschäftigten ihre Arbeitszeit souverän festlegen, gestalten Gewerkschaften und Betriebsräte.

Was wir brauchen

  • „Job sharing = ein Modell, um Frauen stärker in Führungspositionen zu bringen!!!
  • „Arbeitszeitsouveränität ist der richtige Weg Pflege/Erziehung leisten zu können. Für diese gesamtgesellschaftliche Aufgaben werden mehr staatliche finanzielle Hilfen benötigt.

Fragen und Antworten aus dem Chat

  • "Welche Rolle könnte eine signifikante grundsätzliche Arbeitszeitverkürzung bei mehr (Geschlechter-)Gerechtigkeit spielen?"
  • "Was machen wir, wenn die Kolleginnen sagen, dass sie gerne in Teilzeit arbeiten und den Haushalt machen?"
  • „Wer gerne in Teilzeit arbeitet, kann das ja. Es geht nicht um das Vorschreiben, sondern um das Ermöglichen!“
  • „Jede Frau soll entscheiden können, ob sie sich hauptsächlich um die Familie kümmern will oder die berufliche Karriere anstrebt oder beides machen will. Wenn mehr Frauen in Führung gehen sollen, muss Familienarbeit anders organisiert werden. Viele wollen das nicht. Hier müssen wir sensibilisieren.“
  • „Teilzeit ist schön und gut und auch gewünscht, aber das hat negative Auswirkungen auf den Rentenanspruch. Da ist noch viel zu tun! Aufzuklären!“

In unseren Betrieben müssen wir Arbeitszeitsouveränität ganz nach oben auf die Agenda setzen. Unser Ideal ist die vollzeitnahe Teilzeit. Sie ermöglicht, auf die Anforderungen des Lebens einzugehen und gleichzeitig ökonomisch unabhängig zu sein. Die Voraussetzung dafür sind partnerschaftliche Arrangements in den Familien.

Partnerschaftlichkeit

  • „Mehr Frauen in Führung bedeutet, Familienarbeit neu zu organisieren. Viele wollen das nicht. Oft erkennen sie die Teilzeitfalle oder den Karriereknick zu spät.“
  • „Frauenfreundliche Führungsstrukturen schaffen und nicht nur lineare Wege fördern!“
  • Das Bild der Rabenmutter, die ihr Kind weggibt, ist in den Köpfen. Das muss sich ändern! Wir brauchen eine andere gesellschaftliche Kultur.
  • Wir wissen: Gleichstellung hängt sehr stark von der Organisation in der Familie ab. Oft ist der Wille da, aber es mangelt an der Umsetzung. Unser Beitrag ist es, Partnerschaftlichkeit durch gute betriebliche Regelungen zu gewährleisten. Tarifvertraglich haben wir bereits Rahmenbedingungen geschaffen, die wir in der Zukunft ausbauen wollen.
  • „Gleichstellung muss schon bei den Kleinen anfangen. Macht eure Mädchen, eure Töchter und eure Enkelkinder stark! Zeigt mit eurem Handeln, was dafür wichtig ist!“
  • „Weibliche Vorbilder - Lasst es uns leben. Zeigt es den Töchtern und Enkelinnen.“
  • „Wir erziehen die Männer von morgen. Unsere Söhne brauchen partnerschaftliche Väter als gute und ganz normale Vorbilder!“

Alleinerziehende

  • „Man darf die Alleinerziehenden nicht vergessen!“
  • „Alleinerziehende haben gerade jetzt sehr große Probleme, sie müssen zuhause bleiben, gehen in Kurzarbeit und haben dann noch Entgeltverluste. Da muss unterstützt werden!“
  • „Eine gute Qualifikation alleine reicht nicht, wenn weiblich und alleinerziehend, dann ist das immer noch Grund für Nichtübernahme nach der Probezeit!“

Die Situation Alleinerziehender auf dem Arbeitsmarkt ist nach wie vor prekär. Das hat sich während der Corona-Pandemie nochmals verschärft. Daher müssen familienbewusste Maßnahmen, wie zum Beispiel flexible Arbeitszeitmodelle, so weiterentwickelt werden, dass sie auch der Situation von Alleinerziehenden gerecht werden. Für Alleinerziehende ist der höhere Betreuungsaufwand in Corona-Zeiten besonders schwierig. Sie müssen oft finanzielle Einbußen in Kauf nehmen. Hierfür müssen spezielle weitere Entlastungen erfolgen und konkrete Angebote der Arbeitgeber*innen folgen. In der Corona-Pandemie fordern wir die Familiensoforthilfe – eine unbürokratische Unterstützung für Eltern, wenn Kinder nicht in die Schule oder die Kinderbetreuung können. Homeschooling und Betreuung lassen sich nicht gleichzeitig mit der Erwerbsarbeit im Home-Office organisieren.

  • „Frauen sind so flexibel + vielseitig, aber sie müssen immer mehr leisten, um die gleiche Anerkennung zu bekommen. Der Weg zur Gleichberechtigung ist steinig, aber wir müssen ihn weitergehen.“
  • „Frauen sind oft besser ausgebildet. Machen in gleicher Ausbildung bessere Abschlüsse und trotzdem rennen die männlichen Kollegen auf dem Karrierepfad an ihnen vorbei.“

Gelebte Rollen

  • „Vereinbarkeit von Familie und Beruf UND EHRENAMT. Das war eine wichtige Aussage. Das spricht mir aus der Seele.“
  • „Junge Väter mit Elternzeit-Pause sind doch das kleinere Übel für die Entscheider*innen als starke Frauen, die was ändern wollen.“
  • „Erwerbs- und Fürsorgearbeit partnerschaftlich gestalten! Das finde ich grundsätzlich gut. Kommt jedoch eine Krise, verfallen wir in traditionelle Rollen. Dann ist oft Schluss mit der Karriere.“
  • „Wir Frauen müssen Aufgaben auch abgeben wollen, sie verteilen und Hilfe einfordern. Wenn man immer alles alleine macht und schafft, sieht der Partner die Arbeit nicht.“
  • „Auch die Wahrnehmung ist eine andere, mein Partner hat eine ganz andere Dringlichkeitsstufe als ich bei der Erledigung im Haushalt.“
  • „Und Frauen dürfen andere Frauen nicht verurteilen, wenn sie ihren Männern Erziehung abgeben. Aber auch dann nicht, wenn die es nicht wollen. Es gilt andere Denkweisen zu tolerieren.“
  • „Das Thema bitte von beiden Seiten aufgreifen! Männer, die Erziehungsurlaub nehmen, oder gar teilweise machen wollen, sollten ebenfalls unterstützt werden!“
  • „So lange Vereinbarkeit als reines Frauenthema betrachtet wird, haben wir auch in der IGBCE und beim DGB noch viel zu tun.“

Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

  • „Bei Pflege müsste auch die Versicherung für die KK weiterlaufen, wenn man dafür die Arbeit aufgibt, weil die Zeit der Pflegeteilzeit nicht reicht.“
  • „Meine Forderung: Den (Familien-)Kreis für Pflege erweitern, z. B. Nichte pflegt Tante.“

Mit der CareFlex gibt es in der Chemie ein neuartiges Instrument, mit dem Beschäftigte im Pflegefall abgesichert sind. Das ist ein wichtiger Einstieg um von Pflege Betroffene zu unterstützen. Auch Pflegende profitieren von der Care-Flex. Und das sind überwiegend Frauen. Um Erwerbsarbeit und Pflege miteinander zu vereinbaren brauchen wir eine weitere finanzielle Unterstützung vom Staat, analog dem Elterngeld.

  • „Arbeitszeitwünsche der Kollegen müssen berücksichtigt werden. Viele müssen ihre alten Eltern betreuen. Da wird zu wenig getan.“

Betriebe müssen stärker auf die Bedürfnisse beziehen die Lebensphasen ihrer Beschäftigten eingehen. Als Normalarbeitsverhältnis gilt immer noch die Vollzeitstelle und das möglichst bis zur Rente. Das ist oft im Widerspruch zur Lebensrealität. Insbesondere Frauen leisten unbezahlte Sorgearbeit mit den entsprechenden Folgen – Benachteiligung in der beruflichen Entwicklung, Entgelteinbußen und mit geringerem Einkommen im Alter. Es gilt herauszufinden, was die Belegschaft braucht und wünscht und welche Möglichkeiten zu den Bedingungen passen.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass unsere Erfolge in der Gleichstellung teilweise rückgängig gemacht werden. Wir gehen zwar nicht davon aus, dass diese Rückschritte dauerhaft sein werden, aber sie sind da.

  • „Das Rollenverhalten ändert sich durch Homeoffice.“
  • „Der Shutdown mit mobilem Arbeiten, mit Home-Entertainment und Homeschooling drängt Frauen wieder in die ‚alten‘ Rollen. Mein Credo: Sich stark machen und stark bleiben.“

Homeoffice = bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
Befragungsergebnisse zum Thema Homeoffice während des 6. Frauentages:

  • 70 % verbinden mit Homeoffice sowohl Vor- als auch Nachteile.
  • 21 % begrüßen Homeoffice uneingeschränkt.
  • 9 % sehen Homeoffice im Kontext familiärer Belastungen durch Kinderbetreuung und/oder Pflege eher ambivalent.

Aufforderung aus dem Chat, Homeoffice von mobilem Arbeiten zu unterscheiden:

  • „Die meisten von uns arbeiten mobil. Im Homeoffice muss der Arbeitgebende den Arbeitsplatz zu Hause einrichten.“
  • „Homeoffice ist jetzt schon vielerorts nicht mehr erwünscht.“
  • „Mobiles Arbeiten - gelegentlich ja, aber vieles dauert zu lange, was früher im kurzen 5-Minuten-Gespräch geklärt wurde.“

Es gibt aber auch Arbeitsbereiche, die weit entfernt von flexibler Arbeitsgestaltung sind.

Aus dem Chat

  • „Homeoffice? Ich arbeite als Elektrikerin und muss aufgrund von Corona neben meiner Arbeit noch Schulunterricht daheim machen!“
  • „Homeoffice ist eine gute Lösung, aber nicht für alle. In einem Produktionsbetrieb muss es auch flexible Arbeitsmodelle in der Produktion geben.“
  • „In vielen Laboren ist es jetzt schon möglich, einen Teil der Gerätesteuerung von zuhause aus auszuüben. Für die Büroarbeit geht das sowieso.“
  • „Laborarbeit ist nicht immer das Arbeiten am Labortisch. Viel PC-Arbeit geht im Homeoffice. Da gab es aber Hürden bei den Vorgesetzten. Corona hat geholfen, Vertrauen zu schaffen.“
  • „Ich arbeite in der Pharmazie und wir dürfen viele Dokumente wegen sensibler Daten etc. nicht mit nach Hause nehmen.“
  • „Homeoffice und Präsenz in der Firma sollten im gleichen Verhältnis stehen.“
  • „Durch Corona mussten viele von uns ins Homeoffice, verbringen also keine Zeit mehr im Unternehmen. Das trifft Frauen stärker und hat Folgen für Job & Karriere.“

Arbeitszeitsouveränität muss unabhängig von Homeoffice realisierbar sein. Beschäftigte, die die Arbeit nicht von zu Hause oder unterwegs organisieren können, brauchen ebenso einen Anspruch auf eine selbstbestimmte Arbeitszeit.
Was wird gefordert für ein funktionierendes Homeoffice?

Aus dem Chat

  • „Wir müssen darauf achten, dass sich Mitarbeiter*innen nicht selbst ausbeuten.“
  • „Homeoffice funktioniert nur mit einer guten Arbeitszeitdokumentation, um der Entgrenzung entgegenzuwirken.“
  • „Homeoffice benötigt ein hohes Maß an Selbstdisziplin, sodass Entgrenzung und Selbstausbeute keine Chance haben.“
  • „So ein Mix nach Corona funktioniert nur, wenn das ganze Unternehmen hybride Arbeitsformen anbietet.“
  • „Für Homeoffice oder Working from Home sollten dann aber die Rahmenbedingungen genau definiert werden.“
  • „Homeoffice funktioniert nur mit guter Team- und Führungskommunikation, neben der Organisation der Familienbetreuung. Aktuell hat Homeoffice zu einer Arbeitsverdichtung geführt.“
  • „Homeoffice ist nur mit klaren Regeln möglich. Ausschließlich Homeoffice ist nicht zu empfehlen. Zeit im Unternehmen schafft Verbindung, Gemeinschaft und Identifikation.“

Unsere Auffassung
Die Coronakrise hat Homeoffice einen gewaltigen Schub verpasst. Das ist einerseits ein Vorteil, da viele jetzt vom Nutzen und den Möglichkeiten, Beruf und Privates besser zu vereinbaren, überzeugt sind. Aber es darf nicht dazu führen, dass tradierte familiäre Rollenmodelle wiederaufleben und Präsenzarbeitsplätze in den Unternehmen abgebaut werden. Telearbeit und mobiles Arbeiten müssen freiwillig sein. Der Rahmen muss durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen geregelt sein. Jede Person muss einen Anspruch auf einen Arbeitsplatz im Betrieb haben. Außerdem müssen der Arbeitsschutz und die Gesundheitsprävention auch am heimischen Arbeitsplatz funktionieren. Und zum Schutz vor Entgrenzung müssen Beschäftigte nur zu bestimmten Zeiten erreichbar sein.
Der Wunsch unserer Kolleg*innen aus der Befragung macht deutlich, dass ein Mix an mobiler Arbeit und Arbeit am Arbeitsplatz im Austausch mit den Kolleg*innen vor Ort im Unternehmen sehr wichtig ist.

Mehr Frauen in der IG BCE
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen ändern sich, Beschäftigtenstrukturen wandeln sich, der Erwerbsanteil der Frauen ist gestiegen – das hat auch alles Konsequenzen für die gewerkschaftliche Arbeit. Eine moderne, in die Zukunft gerichtete Organisation kann auf Frauen nicht verzichten. Wir brauchen mehr und vor allem mehr engagierte Frauen in der IG BCE. Die Gewinnung von Frauen für die IG BCE ist nicht nur eine Aufgabe der Frauen in den Frauenstrukturen, sondern Aufgabe der IG BCE als Gesamtorganisation.

Aus dem Chat

  • „Netzwerke sind wichtig! ABER: NUTZEN wir Frauen Netzwerke? Oder haben wir Frauen vielleicht manchmal eine Barriere im Kopf im Sinne: ‚Das macht man nicht!‘?“
  • „Wir sind noch nicht am Ziel und benötigen weiter Unterstützung - mit Seminaren, Netzwerken - gerade in der jetzigen Zeit!“
  • „Und wir benötigen Unternehmen, für die Sozialpartnerschaft nicht nur eine Floskel ist. Mitbestimmungsrechte müssen zwingend gestärkt werden.“
  • „Warum lebt die IG BCE die Kultur nicht vor? Unsere Gesellschaft ist 50/50/50 - Also lasst uns doch erstmal als gutes Vorbild vorangehen!“

Unsere Meinung
Mehr Frauen in der IG BCE ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wollen wir die Frauen vertreten, müssen wir die Frauen für uns gewinnen. Mehr Frauen in der IG BCE bedeutet, Macht zu teilen, andere Politikstile und Inhalte zuzulassen und eine echte Transformation in der IG BCE anzustreben. 
Frauen verändern die Sitzungskulturen, die Themen und die Herangehensweisen, denn sie bringen eine andere Lebenswelt in die Struktur der IG BCE. Das wollen wir gemeinsam erreichen. 
30 Prozent Frauen in der Mitgliedschaft, 30 Prozent im Ehrenamt und 30 Prozent in Führung. 30 Prozent ist ein Ziel, das sich am Beschäftigtenanteil orientiert. Mehr geht immer!
Mehr Frauen – das betrifft nicht nur uns als Organisation, sondern auch die Parlamente.

Aufruf aus dem Chat

  • „Wenn wir nicht mehr Frauen in die Parlamente bekommen, werden wir unsere Ziele nur schwer erreichen. Bringt euch ein!“
  • „Wir müssen gemeinsam etwas gegen RECHTS unternehmen. Unsere Demokratie muss verteidigt werden. Tun wir nichts, sind unsere Frauenrechte in ernster Gefahr.“

Leider verzeichnen wir gegenwärtig einen Zuwachs antifeministischer und antidemokratischer Tendenzen, die nicht nur unsere Demokratie angreifen, sondern auch überholte Rollenbilder einfordern. Die Coronakrise hat das Ganze nochmals verschärft. Dagegen müssen wir uns entschieden wenden. Wir müssen unsere Demokratie verteidigen, denn Demokratie und Gleichstellung gehören untrennbar zusammen.

Unsere eigene Frauenarbeit

  • „Es ist schön, wenn darüber gesprochen wird, dass Frauenarbeit eine lange Tradition in der IG BCE hat. Dennoch werden leider Geldmittel noch immer mehr gekürzt.“
  • „Wir brauchen junge und gut ausgebildete Frauen, die die Fahne weitertragen.“
  • „Es ist wichtig, nicht nur die ersten Schritte ins Gremium Betriebsrat zu begleiten. Später ist es schwer, den Status zu halten und bedarf erneut der Unterstützung. Deshalb sind Netzwerke aus- und aufzubauen.“
  • „Frauen sollten auch an die Spitze der BR-Gremien (lokal, GBR, KBR)! Wir müssen uns alle mehr trauen!“

2021 plant die IG BCE ein Pilotprogramm in den Betrieben zu starten: das Projekt Info-Lotsinnen. Info-Lotsinnen sind erfahrene Kolleginnen aus den Betriebsräten oder aus den Frauenausschüssen, die mit ihrer Erfahrungen Frauen in den Betrieben unterstützen können. Von Kollegin zu Kollegin lässt sich vieles leichter klären und gemeinsam lassen sich Chancen ausloten und Fragen erörtern. Wir starten den Piloten mit dem Thema Arbeitszeit und der Zielgruppe Eltern.

  • „Frauen macht auch mehr Mitbestimmung! Dazu brauchen wir viele junge Frauen, die sich bei den nächsten BR-Wahlen aufstellen lassen. Also traut Euch!“
  • „Starke Führungstandems in Gremien können helfen, die Themen der Zukunft auf die Tagesordnung zu setzen und sich für gleiche Chancen für alle einzusetzen! Deshalb sind Frauennetzwerke auch so wichtig. Und die finden wir in unserer Gewerkschaft. Ich freue mich, ein Teil davon zu sein.“
  • „Frauen macht Zukunft und achtet dabei auf eure Gesundheit. Seid auch mal egoistisch - für eure Zukunft. Für die Gleichberechtigung braucht es starke Frauen.“
  • „Talk Time ist ein sehr wichtiger Teil in unserer Arbeit vor Ort geworden. Es wird gerade sehr vermisst. Darum planen wir die Online-Variante!“

Mehr Frauen in der IG BCE und in den Betriebsratsgremien – das ist eines der Zukunftsthemen der IG BCE. Es muss uns gelingen, mehr Frauen für die IG BCE zu mobilisieren. Das gelingt uns mit einer guten Gender-Politik. Deshalb starten wir sofort mit gleichstellung@work.

Den Livestream aus Hannover und den jeweiligen Homeoffices könnt Ihr hier gerne nochmals anschauen.