6. Frauentag der IG BCE

"Frauen.Macht.Zukunft"

Digitale Premiere: Der 6. Frauentag der IG BCE unter dem Motto "Frauen.Macht.Zukunft" wurde zum ersten Mal rein virtuell abgehalten. Die Liste der prominenten Gastredner*innen war trotzdem lang. Gesprochen wurde über die Kernthemen wie Frauen in Führung.

Frauentag Optik

Karin Erhard, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IG BCE

Foto: © Kai-Uwe Knoth

Virtuell, aber dafür kein Stück leise: Der 6. Frauentag der IG BCE war zwar wegen der Corona-Pandemie kürzer und rein digital, bot mit prominenten Gastredner*innen, wie Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesvorsitzende der CDU und Verteidigungsministerin, Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Professorin Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans Böckler Stiftung Düsseldorf (WSI) sowie Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des DGB, dafür ein inhaltlich straffes Programm. Alle Zuschauer*innen konnten sich per Chat inhaltlich begleiten.

„Frauen.Macht.Zukunft.“ lautete das Motto des Frauentages, den die IG BCE alle vier Jahre veranstaltet. Karin Erhard, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IG BCE, stellte die drei Kernthemen 2020 vor: Partnerschaftlichkeit, Frauen in Führung und mehr Frauen in der IG BCE. „Frauen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen“, sagte Erhard, „Frauen in Führung – das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern eine Frage des ökonomischen Erfolgs.“ Rund 240 Delegierte beteiligten sich an dem interaktiven Format, das von der WDR-Moderatorin Andrea Griessmann moderiert wurde, stellten per Chat ihre Fragen, lobten, kommentierten und machten deutlich, woran es in Sachen Geschlechtergerechtigkeit noch immer hakt.

Deutliche Worte fand gleich zu Beginn Dreyer, die virtuell aus dem Homeoffice zugeschaltet war. „Es ist lächerlich, dass wir noch immer für die gleichen Rechte von Frauen kämpfen müssen“, sagte die SPD-Politikerin, „aber so ist es leider. Es gibt noch immer viel zu tun.“ Zahlreiche Unternehmen täten „null“, um Frauen aktiv zu fördern. Deswegen sei für sie klar: „Ohne Quote geht es nicht.“ Das sah auch Kramp-Karrenbauer so. „Ein starkes, gleichberechtigtes Miteinander ist notwendig – in der Gesellschaft wie am Arbeitsplatz“, sagte die CDU-Vorsitzende und sprach sich ebenfalls für eine Frauenquote aus – auch für ihre eigene Partie. „Da müssen wir auch vor der eigenen Tür kehren“ erklärte sie.

„Wir sind auf dem Weg, aber lange noch nicht am Ziel“, meinte DGB-Vize Hannack. Sie betonte, dass bei aller Ernüchterung über die noch immer existierenden Lücken bei Löhnen und Rentenansprüchen sowie ungerechter Aufteilung der familiären Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen es doch auch Erfolge gäbe. So zum Beispiel die Möglichkeit der befristeten Teilzeit. Die Brückenteilzeit sorge dafür, dass die Teilzeitfalle, in der sich vorwiegend Frauen befänden, nicht mehr so einfach zuschnappe. „Es ist Euer Job, diese Brückenteilzeit in den Betrieben bekannt zu machen“, rief Hannack den Delegierten, den Betriebsrät*innen und Gewerkschafter*innen zu.

Elke Hannack
Foto: © Kai-Uwe Knoth

„Wir sind auf dem Weg, aber lange noch nicht am Ziel.“

Elke Hannack
stellvertretende Vorsitzende des DGB

Sorgenvoll betrachteten Erhard und ihre Kolleginnen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gleichberechtigung. „Care-Arbeit muss als Arbeit wahrgenommen und partnerschaftlicher aufgeteilt werden“, sagte Erhard, „nur mit echter Partnerschaftlichkeit erreichen wir echte Gleichstellung.“ Diese aber, so habe die Corona-Krise und der erste Lockdown gezeigt, gebe es nicht. Weitaus mehr Frauen haben ihre Arbeitszeit reduziert und die Verantwortung für die Betreuung der Kinder und Homeschooling übernommen. Die Sorge, dass Frauen in alte Rollenbilder zurückfallen, ist unter den Gewerkschafter*innen groß, das wurde am 6. Frauentag der IG BCE deutlich.

Dass diese Sorge berechtigt ist, bestätigte Professorin Bettina Kohlrausch, die aus dem Homeoffice in Hannover zugeschaltet war. „Die Corona-Krise trifft Frauen doppelt“, sagte sie. Aussagen, dass auch mehr Männer in der Krise Care-Arbeit übernommen hätten, sah sie kritisch. „Wenn ein Mann bisher eine Stunde Anteil an der familiären Sorgearbeit hatte und jetzt in der Pandemie zwei Stunden aufwendet, kann man sagen, dass er sich doppelt so viel um die Familie kümmert“, ordnete sie ein, „seine Frau, die statt zehn jetzt elf Stunden Care-Arbeit leistet, hat dagegen nur eine Steigerung von zehn Prozent. Das sagt also nicht viel aus. Wir müssen uns schon die realen Stunden anschauen.“

USA, Polen, Ungarn, Belarus: Die Frauen, die am Frauentag der IG BCE teilnahmen, trieb es außerdem um, dass die Demokratie weltweit an Rückhalt zu verliert. Gleichberechtigung und Frauenrechte hängen, da waren sich die Frauen einig, eng mit einer Gesellschaft zusammen, die demokratische Werte hochhält. „Wer Frauenrechte angreift, greift die Demokratie an“, betonte Malu Dreyer.

Diesen Kampf haben die Gewerkschafterinnen an vielen Fronten aufgenommen: Frauen in Führungspositionen, Entgelttransparenz, Grundrente, Offensive für hochqualifizierte Frauen, Netzwerken, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Beruf und Pflege, lebensphasenorientierte Arbeitszeiten, eine Frauenquote auch für Vorstände und Aufsichtsräte: Die Liste der Themen, die bereits erfolgreich aufs Gleis gesetzt wurden und an denen in den nächsten vier Jahren weiter zu bearbeiten sein wird, ist lang.

Wie nötig die hartnäckige Fortsetzung dieser Arbeit ist, unterstrich auch Michael Vassiliadis, Vorsitzender des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IG BCE: „Trotz aller Fortschritte sind wir noch weit von Geschlechtergerechtigkeit entfernt“, sagte er und ergänzte: „Wir sind da manchmal geradezu mittelalterlich.“ Freiwilligen Verpflichtungen der Unternehmen zur Förderung von Gleichberechtigung erteilte er eine klare Absage: „Wo immer das versucht wurde, hat es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht gefruchtet“, sagte er. Für die Zukunft wünschte er sich auch für die IG BCE mehr Frauen als Mitglieder: „Wir brauchen den Kopf, das Herz und die Stimme von Frauen“, sagte er und appellierte an die weiblichen Beschäftigten, sich gewerkschaftlich mehr zu engagieren. „Wir haben die bestausgebildetste Generation von Frauen, die es ja gab“, sagte er, „das spiegelt sich noch nicht so wider, wie es müsste.“ Es müsse geprüft werden, so Vassiliadis, ob es in einigen Unternehmen, zumindest unbewusst, genderfeindliche Haltungen gebe. „Vor allem, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht.“