Tarifrunde #chemie22
Fragen und Antworten zur Brückenlösung
Wir haben eure häufigsten Fragen zur verhandelten Brückenlösung zusammengestellt und beantwortet.
Warum habt ihr eine „Brückenlösung“ vereinbart? Und was bedeutet das?
IGBCE und Arbeitgeber haben sich auf ein Zwischenergebnis geeinigt, um die Zeit der Unsicherheit durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Unklarheiten für die chemische Industrie zu überbrücken. Gerade ein Stopp der Gas- und Erdölimporte aus Russland hätte gravierende Folgen für die chemische Industrie. Wir würden dann wahrscheinlich über ganz andere Themen, insbesondere über Arbeitsplätze und Standortsicherheit verhandeln. Diese Zwischenlösung wird der unkalkulierbaren Lage ebenso gerecht, wie dem berechtigen Wunsch der Beschäftigten nach einer schnellen Entlastung bei hoher Inflation und steigenden Energiepreisen. Sie überbrückt den Zeitraum von sieben Monaten bis Oktober – dann werden die Tarifverhandlungen fortgesetzt. Und das hoffentlich nach einem Ende des Krieges in der Ukraine und mit klarerem Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung.
Wie genau sieht die Brückenzahlung aus?
Jede und jeder der Chemie-Beschäftigten erhält eine Brückenzahlung in Höhe von einmalig 1.400 Euro. Das entspricht im Durchschnitt über alle Entgeltgruppen einem Volumen von 5,3 Prozent bei einer Laufzeit von 7 Monaten. Je nach Tarifgebiet und Entgeltgruppe können das in den unteren Entgeltgruppen bis zu 7,4 Prozent sein. Auszubildende erhalten 500 Euro pro Kopf. In Not leidenden Betrieben kann die Brückenzahlung auf 1000 Euro reduziert werden.
Warum ist die Brückenzahlung kein Corona-Bonus. Dann wäre sie ja steuerfrei?
Die Sonderregelung für steuerfreie Corona-Boni ist zum 31. März ausgelaufen. Der Brückenzuschlag muss deshalb regulär versteuert werden.
Warum habt ihr die Zahlung nicht schon eher ausgehandelt?
Der vorherige Chemie-Tarifvertrag lief noch bis zum 31. März. Rückwirkend für diesen Zeitraum können wir keine Zahlungen vereinbaren.
Wieviel bekommen Teilzeitbeschäftigte?
Beschäftigte in Teilzeit und Arbeitnehmer*innen mit individueller Reduzierung der Arbeitszeit erhalten die Brückenzahlung anteilig im Verhältnis zu der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit.
Wann wird die Brückenzahlung ausgezahlt?
Arbeitnehmer*innen erhalten die Brückenzahlung bis spätestens zum 31. Mai 2022.
Erhalten ATler auch die Brückenzahlung?
Nein, nur Tarifbeschäftigte erhalten die Brückenzahlung.
Bekommen Beschäftigte bei Unternehmen, die aus dem Flächentarifvertrag ausgestiegen sind die Brückenzahlung? Wie sieht es aus mit Beschäftigten, die bei einem Unternehmen arbeiten, das nur angelehnt an den Flächentarifvertrag Chemie nach einem Haustarif bezahlt?
Da die Unternehmen nicht tarifgebunden sind, erhalten die Beschäftigten die Brückenzahlung nicht. Das richtet sich danach, zu wann die Kündigung des Unternehmens beim Arbeitgeberverband rechtskräftig geworden ist. Liegt der Tarifabschluss noch vor dem Kündigungstermin, gilt der Abschluss auch für dieses Unternehmen.
Bei Haustarifverträgen kommt es auf die Formulierung im Tarifvertrag an. Wenn dort beispielsweise steht, dass die Tarifabschlüsse der chemischen Industrie gelten oder die Flächentarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung, dann gilt auch hier die Brückenzahlung. Häufig sind dort aber einige Bestandteile des Flächentarifvertrages ausgeschlossen worden.
Bei Haustarifverträgen kommt es auf die Formulierung im Tarifvertrag an. Wenn dort beispielsweise steht, dass die Tarifabschlüsse der chemischen Industrie gelten oder die Flächentarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung, dann gilt auch hier die Brückenzahlung. Häufig sind dort aber einige Bestandteile des Flächentarifvertrages ausgeschlossen worden.
Erhalte ich die Brückenzahlung auch, wenn ich mich gerade in Elternzeit befinde oder Krankengeld beziehe?
Entscheidend für die Zahlung des Brückenzuschlags sind zwei Stichtage: Die gesamte Zahlung bekommen alle Chemie-Beschäftigten, die am 5. April 2022 Anspruch auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis haben. Beschäftigte, die sich am 5. April in Elternzeit befinden oder Krankengeld beziehen, erhalten die Zahlung zunächst nicht. Auch Arbeitnehmer*innen, die sich am 5. April 2022 in der Freistellung aus ihrem Langzeitkonto befinden, haben keinen Anspruch auf die Brückenzahlung.
Haben diese betroffenen Arbeitnehmer jedoch am 15. Juli, dem zweiten Stichtag, Anspruch auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung, erhalten sie 50 Prozent der Brückenzahlung nachgewährt
Haben diese betroffenen Arbeitnehmer jedoch am 15. Juli, dem zweiten Stichtag, Anspruch auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung, erhalten sie 50 Prozent der Brückenzahlung nachgewährt
Bekommen befristet Angestellte die Brückenzahlung?
Ja, solange die Beschäftigten sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, erhalten sie die Brückenzahlung.
Zählt das auch für Leiharbeitnehmer*innen?
Da Leiharbeitnehmer*innen nicht unter den Flächentarifvertrag Chemie fallen, erhalten sie die Brückenzahlung nicht. Für sie gelten in der Regel die Tarifverträge der Zeitarbeitsunternehmen.
Wie sieht es mit Praktikant*innen und Werkstudent*innen aus?
Die Brückenzahlung erhalten alle Arbeitnehmer*innen mit Anspruch auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung. Werksstudent*innen haben in der Regel einen Praktikumsvertrag und fallen daher nicht unter dem Tarifvertrag. Haben sie einen regulären Arbeitsvertrag, z.B. bei einem berufsbegleitenden Studium oder als Urlaubsvertretung erhalten sie die Brückenzahlung, wenn sie am Stichtag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen.
Ich bin jetzt noch Auszubildender und bald Arbeitnehmer. Wie hoch fällt meine Brückenzahlung aus?
Sofern am 5. April ein Ausbildungsverhältnis besteht, bekommen Auszubildende eine Brückenzahlung in Höhe von 500 Euro. Danach eintretende Veränderungen dieser Verhältnisse werden nicht berücksichtigt.
Ich gehe am 30. April in Rente. Bekomme ich die volle Brückenzahlung?
Ja, denn entscheidend ist das Arbeitsverhältnis am Stichtag, am 5. April 2022.
Unter welchen Kriterien kann die Brückenzahlung niedriger ausfallen?
Liegen bei einem Unternehmen besondere wirtschaftliche Schwierigkeiten vor, kann die Brückenzahlung für Arbeitnehmer*innen auf 1000 Euro reduziert werden. Diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten können durch drei Kriterien erfüllt sein: 1. Besondere wirtschaftliche Schwierigkeiten liegen vor, wenn das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr ein negatives Ergebnis, also einen Verlust, erzielt hat oder sich aktuell in einer vergleichbaren wirtschaftlichen Situation befindet und den Betriebsrat und die Tarifvertragsparteien darüber informiert. 2. Reduziert werden kann die Brückenzahlung auch, wenn die Umsatzrendite im vergangenen Geschäftsjahr bei bis zu 3 Prozent liegt. 3. Möglich ist die Reduzierung außerdem in Unternehmen, deren voraussichtliche Nettoumsatzrendite für 2022 bei bis zu 3 Prozent liegt. Diese beiden Fälle müssen von einer*m Steuerberater*inn oder Wirtschaftsprüfer*inn testiert und von den Tarifvertragsparteien bestätigt werden. Bestätigt sich die prognostizierte Rendite für das Jahr 2022 nicht und liegt über 3 Prozent, wird der jeweilige Differenzbetrag zwischen voller und reduzierter Brückenzahlung bis spätestens zum 30. Juni 2023 nachgezahlt.
(Bis) wann werden die 50 Prozent der Brückenzahlung ausgezahlt, wenn man nur am zweiten Stichtag, am 15. Juli Anspruch auf die Brückenzahlung hat?
Die Zahlung müsste mit Ende des Abrechnungszeitraumes gezahlt werden, also mit der Entgeltzahlung Ende Juli. Die Betriebsparteien können hier aber einen abweichenden Auszahlungszeitpunkt festlegen.
Was springt für Schichtmitarbeiter*innen raus?
Für die besonders belastenden Nachtschichten werden die Zulagen vom 1. Juli an auf 20 Prozent vereinheitlicht. Die meisten Schichtarbeitnehmer*innen haben bisher den regelmäßigen Nachtzuschlag von 15 Prozent bekommen. Das entspricht einem weiteren Lohnplus von gut 1,7 Prozent für die in Schichtarbeit Beschäftigten.
In unserem Betrieb liegen die Schichtarbeitszulagen bei 25 Prozent. Werden sie jetzt reduziert?
Nein, betriebliche Regelungen haben Vorrang. Gibt es in deinem Betrieb bereits höhere Schichtzuschläge, bleiben diese davon unberührt.
Was beinhaltet das Förderprogramm „Ausbildung Plus“?
Mit dem Förderprogramm „AusbildungPlus“ soll die Ausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen gestärkt und Pandemie-bedingte Defizite der Ausbildungs- und Prüfungsjahrgänge 2022 und 2023 ausgeglichen werden. Auszubildende erhalten bei Bedarf eine zusätzliche Lernunterstützung und Prüfungsvorbereitung. Dafür sollen die Instrumente des Unterstützungsvereins der chemischen Industrie (UCI) ausgeweitet werden. Das Fördervolumen beträgt 3 Millionen Euro. Generelles Ziel ist es, Ausbildungshemmnisse abzubauen.
Was ist beim Mobilen Arbeiten geplant?
Die Praxis des mobilen Arbeitens in den Unternehmen soll wissenschaftlich evaluiert werden. Ergebnisse der Studie sollen im Jahr 2023 vorliegen. Ziel ist es, die bisherige Praxis mobiler Arbeit mit Blick auf die Auswirkungen auf Arbeits- und Gesundheitsschutz, Arbeitszeitgestaltung, Mitbestimmung, Produktivität, Arbeitsorganisation und Datensicherheit zu hinterfragen und daraus gegebenenfalls tarifpolitische Maßnahmen und Handlungsperspektiven abzuleiten.
Endlich ist der Anspruch auf Altersfreizeit für Teilzeitbeschäftigte geklärt: Wie sieht die Regelung aus?
Strittig war lange, ob Teilzeitbeschäftigte einen anteiligen Anspruch auf Altersfreizeit haben, obwohl sie durch Tarifvertrag ausgenommen wurden. Die gesetzliche Lage hat sich nach der tarifvertraglichen Regelung mittlerweile geändert. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Sinne der Teilzeitbeschäftigten haben die Tarifparteien diesen Anspruch nun im Manteltarifvertrag festgeschrieben. Zudem werden weitere Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Altersfreizeit geschaffen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, den Anspruch auf Altersfreizeiten durch eine der folgenden Optionen zu ersetzen: flexibler Übergang in den Ruhestand, Einzahlung in die betriebliche Altersversorgung, Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung oder Einbringung in ein bestehendes Langzeitkonto. Geltend gemachte Ansprüche vor dem Tarifabschluss, die bisher nicht gewährt wurden, müssen jetzt nachgewährt werden.
Bekomme ich auch in der Altersteilzeit die Brückenzahlung?
Arbeitnehmer in Altersteilzeit sind zunächst einmal Teilzeitbeschäftigte und haben einen anteiligen Anspruch auf stichtagsbezogene Leistungen wie der Brückenzahlung. Für diese Arbeitnehmer bemisst sich die Brückenzahlung im Verhältnis der tatsächlichen Verteilung ihrer Arbeitszeit auf die einzelnen Abschnitte ihrer Altersteilzeit am Stichtag. Im Blockmodell führt das dazu, dass Arbeitnehmer am Stichtag in der aktiven Phase die volle Brückenzahlung bekommen und bei einem Stichtag in der passiven Phase keine Zahlung erhalten. Arbeitet der Arbeitnehmer hingegen über die ganze Altersteilzeit hinweg zu 50%, erhält er die Hälfte der Brückenzahlung.
Verhandelt wurde auch über das Sozialpartnermodell. Was ist das?
Beide Seiten haben sich auf Eckpunkte eines Tarifvertrags zur Einführung des so genannten Sozialpartnermodells verständigt, der bis zur Jahresmitte stehen soll. Das Sozialpartnermodell soll die betriebliche Altersvorsorge attraktiver machen, indem es die Möglichkeit für andere Anlageformen und damit höhere Zinsen eröffnet. Die Umsetzung erfolgt über den Chemiepensionsfonds. Das neue Modell soll dann bis Ende des Jahres umgesetzt werden.
Sind die Verhandlungen mit diesem Zwischenergebnis beendet?
Nein, die Verhandlungen wurden unterbrochen und die dritte Verhandlungsrunde in den Herbst verschoben. Dann ist die Lage hoffentlich kalkulierbarer und vorhersehbarer.
Worum geht es dann im Herbst?
Im Oktober werden die Tarifverhandlungen fortgesetzt, um zu klären, inwieweit die kurzfristig gegen die ausufernde Inflation wirkende Entlastung in eine nachhaltige, tabellenwirksame Entgelterhöhung überführt werden kann. Unsere Forderung nach nachhaltiger Kaufkraftsteigerung bleibt bestehen.